[26.6.2018] Bei der Einführung der elektronischen Akte in der Justiz plädieren die Neue Richtervereinigung sowie der Bundesfachausschuss Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in ver.di für Qualität statt möglichst schneller Umsetzung.
Einen offenen Brief an die Justizminister der Länder und des Bundes haben die Neue Richtervereinigung und der Bundesfachausschuss Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in ver.di verfasst. Darin fordern sie, die Geschwindigkeit bei der Einführung der elektronischen Akte in der Justiz deutlich zu drosseln. Das Debakel bei der Umsetzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) dürfe sich bei der Einführung der E-Akte in der Justiz keinesfalls wiederholen.
Das besondere elektronische Anwaltspostfach für alle Anwälte war Ende November 2016 freigeschaltet und rund ein Jahr später – Ende Dezember 2017 – aufgrund von Problemen wieder offline genommen worden – kurz, bevor es zum 1. Januar 2018 verpflichtend geworden wäre, Nachrichten und Zustellungen im beA zur Kenntnis zu nehmen und elektronische Empfangsbekenntnisse zurückzusenden.
Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hatte daraufhin erklärt, das beA werde erst dann wieder in Betrieb gehen, wenn alle relevanten Fragen zur Sicherheit des Systems zweifelsfrei geklärt seien. Mit der Erstellung eines Sicherheitsgutachtens wurde das Unternehmen secunet beauftragt. Das Gutachten, ursprünglich für Mitte Mai dieses Jahres erwartet, ist in der vergangenen Woche (20. Juni 2018) veröffentlicht worden. Ob das beA in einem mehrstufigen Zeitplan ab Anfang September 2018 wieder starten soll, will die BRAK in einer Präsidentenkonferenz am morgigen Mittwoch (27. Juni 2018) entscheiden.
Nichts übereilen
Was die E-Akte in der Justiz betrifft, so ist gesetzlich vorgeschrieben, dass es ab dem Jahr 2026 keine (neuen) Akten aus Papier mehr geben wird. Die erste flächendeckende Einführung der E-Akte ist noch für dieses Jahr in der Finanzgerichtsbarkeit Baden-Württembergs vorgesehen. In den meisten anderen Bundesländern laufen die Planungen ebenfalls auf Hochtouren. Mit der Verzögerung, die jetzt mit der Notwendigkeit zur Neuentwicklung einer sicheren Kommunikationsplattform zwischen der Justiz und der Anwaltschaft eingetreten ist, lasse jedoch der Druck zur schnellstmöglichen Umstellung auf eine digitale Aktenführung nach, heißt es in dem offenen Brief. Und weiter: „Die Neue Richtervereinigung und der Bundesfachausschuss Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in ver.di treten für eine transparente, offene und den Menschen zugewandte Justiz ein. Dazu gehört es, Risiken zu kommunizieren. Wir plädieren dafür, die geplante EDV auch unorthodoxen Prüfverfahren auszusetzen und insbesondere Penetrationstests durch nicht konventionelle Akteure zuzulassen.“
Bereits in der Vergangenheit habe sich gezeigt, dass die übereilte Einführung unausgereifter Datenverarbeitungsprogramme zu einer erheblichen Belastung für alle Beteiligten führe. „Die jetzigen technischen und organisatorischen Entscheidungen bedeuten eine einmalige Weichenstellung in der Geschichte der deutschen Justiz. Wir appellieren daher für Mut zur Entschleunigung zugunsten der Qualität.“
(bs)
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