[31.3.2022] Das Land Baden-Württemberg hat jetzt den Startschuss für das Pilotprojekt einer gemeinsamen elektronischen Strafakte zwischen Polizei und Justiz gegeben. Über die Datenautobahn Strafsachen können Akten schnell und sicher ausgetauscht werden.
In Ulm erproben Polizei und Justiz die gemeinsame elektronische Strafakte. Das ist laut Justiz- und Innenministerium des Landes Baden-Württemberg in diesem Umfang bundesweit einmalig. Im Falle eines strafrechtlich relevanten Verhaltens lege die Polizei eine elektronische Ermittlungsakte an. Diese werde dann komplett digital geführt und mitsamt den digitalen Beweismitteln über eine eigens dafür entwickelte Datenautobahn an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Die Staatsanwaltschaft führe die Akte als elektronische Strafakte der Justiz weiter. Als solche gelange sie zu den Gerichten und in den dortigen Instanzenzug.
Innenminister Thomas Strobl, sagt: „Wir nutzen die Möglichkeiten der Digitalisierung und passen alle Arbeitsabläufe in den Dienststellen an die elektronische Arbeit an – wir wechseln nicht einfach von der Arbeit mit Papier zu elektronischen Dokumenten. Wir gehen in Ulm den entscheidenden Schritt in der jahrelangen intensiven Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz zur Entwicklung der gemeinsamen elektronischen Gerichtsakte.“ Justizministerin Marion Gentges ergänzt: „Die elektronische Aktenführung im Strafverfahren ist ein Meilenstein für die Digitalisierung der Justiz. Seit 2018 wird die digitale Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei intensiv vorbereitet. Jetzt ist es so weit und das Projekt nimmt Fahrt auf. Die Herausforderung war und ist, die elektronische Akte so zu strukturieren, dass sie nach der Übergabe an einen anderen Beteiligten im Strafverfahren ohne Medienbrüche weiterverarbeitet werden kann.“
Datenautobahn Strafsachen
Zum schnellen Aktenaustausch führt Baden-Württemberg die zwischen Justiz und Polizei einmalige Datenautobahn Strafsachen ein. Über speziell gesicherte Datenleitungen und Postfächer können laut der Pressemeldung via Glasfaserkabel auch sehr umfangreiche Akten übersendet werden. Dem Datenschutz werde im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs durch moderne Verschlüsselungsverfahren Rechnung getragen. Der rechtlich wirksame Austausch elektronischer Dokumente erfolgt über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP). Die zu übertragenden Daten werden auf Senderseite ver- und erst beim Empfänger wieder entschlüsselt.
„Künftig können die Akten ortsunabhängig von mehreren Personen auf Seiten der Justiz und Polizei bearbeitet werden, das ist vor allem in komplexen Verfahren von großem Vorteil. Mit einem Knopfdruck kann dabei der jeweilige Wissensstand auch allen anderen mitgeteilt und mit dem dortigen Aktenstand abgeglichen werden“, erklärt Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz. Über den elektronischen Rechtsverkehr stehe die digitale Akte auch den weiteren Verfahrensbeteiligten zur Verfügung, sodass beispielsweise auch Verteidiger und Nebenklagevertreter die Akten im Volltext durchsuchen oder mit digitalen Anmerkungen und Hinweisen versehen können. Akteneinsicht wird laut der Pressemeldung von Justiz- und Innenministerium künftig über ein in Baden-Württemberg für die ganze Justiz in Deutschland entwickeltes Portal gewährt.
Pilotprojekt in Ulm
„Im Pilotprojekt werden die im Polizeirevier Ulm-West angelegten sowie die an die Staatsanwaltschaft, das Haus des Jugendrechts und das Amtsgericht Ulm weitergegebenen Ermittlungsverfahren digital geführt. In dem bundesweit einmaligen Projekt arbeiten Justiz und Polizei eng zusammen, um künftig die Vorteile der Digitalisierung umfassend zu nutzen“, so Generalstaatsanwalt Achim Brauneisen. Bis Juni 2022 werden im Rahmen des Projekts 124 Anwenderinnen und Anwender der Polizei in Ulm bei der Strafverfolgung mit der E-Ermittlungsakte arbeiten. Nach Angaben des Justizministeriums ist die Staatsanwaltschaft Ulm mit sieben Staatsanwältinnen und Staatsanwälten aus zwei Ermittlungsabteilungen, neun Servicekräften und zwei Rechtspflegern am Pilotprojekt beteiligt. Am Amtsgericht Ulm nehmen acht Richterinnen und Richtern, eine Rechtspflegerin und 20 Servicekräfte teil.
Die Einführung der elektronischen Akte in der baden-württembergischen Justiz hat 2016 begonnen (
wir berichteten). Derzeit arbeiten laut der Pressemeldung rund 4.000 Beschäftigte in den Gerichten mit digitalisierten Akten. Aufgrund der zahlreichen Beteiligten bei Polizei und Justiz sei die gemeinsame elektronische Strafakte eine besondere Herausforderung. Bis 2025 sollen die Ermittlungs-, Verwaltungs- und Kriminalakten landesweit bei der Polizei Baden-Württemberg eingeführt werden, heißt es in der Pressemeldung weiter. Analog dazu sehe das eJustice-Programm der Justiz in Baden-Württemberg die flächendeckende Einführung der elektronischen Akten in allen Verfahrensbereichen bis spätestens 31. Dezember 2025 vor.
(ba)
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Bildquelle: Steffen Schmid