Schleswig-HolsteinOpen Source Software in der Diskussion
Der Landtag von Schleswig-Holstein hat sich nach einem Bericht von Digitalisierungsminister Jan Philipp Albrecht mit den Chancen und Risiken des von der Landesregierung angestrebten Umstiegs auf Open Source Software (wir berichteten) befasst. Für die Umstellung in der Landesverwaltung spreche, erklärte Albrecht, dass sich das Land von gängigen marktbeherrschenden Anbietern wie Microsoft unabhängig machen und jedes Jahr Millionenbeiträge einsparen könne. Zudem könne die hiesige IT-Wirtschaft profitieren.
„Mit der Umstellung auf Open Source zündet Schleswig-Holstein die nächste Stufe der Digitalisierung. Wir werden unabhängiger, zukunftsorientier und ökologischer“, kommentierte Jan Philipp Albrecht laut Angaben der Landesregierung im Landtag. „Als Landesregierung sind wir in der Pflicht, die Daten der Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Mit einem flächendeckenden Wandel hin zu Open-Source-Anwendungen erarbeiten wir uns Sicherheit und werden selbstbestimmter im Handeln“, so Albrecht weiter.
Die circa 25.000 Mitarbeiter in der Landesverwaltung nutzen neben fachspezifischen IT-Verfahren überwiegend Microsoft-Produkte für die tägliche Büroarbeit, teilt die Landesregierung mit. Die Kosten würden sich auf rund 2,5 Millionen Euro pro Jahr belaufen. Schleswig-Holstein habe bereits den Rahmenvertrag mit Microsoft um die MS-Office-Produktlinie reduziert, friere damit seine MS-Office-Lizenzen ein und spare in den kommenden fünf Jahren 6,8 Millionen Euro. Ab 2025 sollen nach der Umstellung jedes Jahr weitere 1,7 Millionen Euro gespart werden.
Das Zentrale IT-Management (ZIT) habe zur Vorbereitung dieses Umstiegs mit Dataport bereits Dienstleistungen rund um LibreOffice aufgebaut und LibreOffice auch mit dem in der Verwaltung grundlegenden E-Akte-System verbunden. Nun soll LibreOffice sukzessive flächendeckend an den Arbeitsplätzen der Landesregierung eingeführt werden. Dazu plane das Ministerium ausführliche Umschulungen.
Umstieg soll niemanden überfordern
Digitalisierungsminister Jan Philipp Albrecht blickt optimistisch auf diese Umstellung: „Der Umstieg soll niemanden überfordern, weshalb wir ein umfangreiches und langfristiges Schulungsprogramm entwickeln werden. Mit Expertinnen und Experten auf jedem Flur oder Kontaktpersonen für Menschen im Homeoffice erhoffen wir uns einen benutzerfreundlichen Übergang, den wir als moderne Verwaltung auch gut meistern werden.“
Dabei ist Schleswig-Holstein laut eigenen Angaben das erste Land, das diesen Ansatz für die gesamte Verwaltung verfolgt. Ein positiver Nebeneffekt des Umstiegs auf Open-Source-Anwendungen sei beispielsweise ein geringerer Energieverbrauch, der sich in die Vorhaben der Landesregierung im Bereich Green IT einreiht. Nach Untersuchungen des Umweltbundesamts verbrauche ein herstellergebundenes Textverarbeitungsprodukt im Gegensatz zu einem Open-Source-Produkt das 3,5-fache an Energie.
Im Plenum wurden allerdings auch Stimmen laut, dass das Projekt an mangelnder Akzeptanz unter den rund 25.000 Landesbediensteten scheitern könne, informiert der schleswig-holsteinische Landtag. Aus Sicht des Abgeordneten Lukas Kilian würden Open-Source-Lösungen etwa die Möglichkeit bieten, Apps an den jeweiligen Zweck individuell anzupassen ‒ wie etwa bei der Corona-App. Die IT-Wirtschaft im Land werde davon profitieren, wenn „wir die Systeme hier einkaufen“. Aber, so habe Kilian argumentiert: „Wenn wir die Mitarbeiter nicht mitnehmen, werden wir kläglich scheitern.
SPD vermisst Schulungsstrategie
Software-Umstellungen seien immer ein sozio-technischer Prozess, sagte der Experte für Digitalisierung der SPD-Fraktion, Heiner Dunckel, laut Bericht aus dem Landtag. „Auch, wenn es uns nicht gefällt: MS Office ist Standard“, meinte Dunckel. Die Umstellung könne nur gelingen, wenn die neue Software ohne große Friktionen eingebunden werden könne. Das bedeute erhebliche Anstrengungen bei der Schulung der Mitarbeiter. „Ich bezweifle, dass Ihnen das Ausmaß klar ist“, so Dunckel in Richtung des Ministers. Die Regierung müsse hier noch nacharbeiten.
In seinem Bericht setzte Albrecht nach Angaben aus Schleswig-Holstein andere Akzente, etwa die Förderung der regionalen IT-Wirtschaft und die größere Unabhängigkeit von bislang dominierenden Anbietern wie Microsoft und deren „weniger transparenten Geschäftsmodellen“. Open Source dagegen „ermögliche Kontrolle und Transparenz“, so Albrecht. Das sei wichtig, denn „souveräne Demokratie sei immer enger verbunden mit digitaler Souveränität“. Der Minister sieht Schleswig-Holstein bundesweit als Vorreiter bei der Open-Source-Strategie ‒ Hamburg habe sich bereits an das „Beispiel made in Schleswig-Holstein“ angeschlossen.
Der Regierungsbericht wurde zur weiteren Beratung an den Umwelt- und Agrarausschuss, den Innen- und Rechtsausschuss, den Finanzausschuss sowie den Wirtschaftsausschuss überwiesen, so die Meldung aus Schleswig-Holstein.
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