OZGHalbdigitale Lösungen reichen nicht

[16.06.2021] In Behörden fehlen oft noch leistungsstarke und zuverlässige Infrastrukturen, auf deren Basis Abläufe digitalisiert und effizienter gestaltet werden können. In der Corona-Pandemie hat sich dies schonungslos gezeigt. Die Digitalisierung sollte nun zielgerichteter vorangetrieben werden.

575 Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen sollen bis Ende 2022 für Bürger und Unternehmen online bereitstehen und sie von Papieranträgen und dem Weg zum Amt befreien – so sieht es das Onlinezugangsgesetz (OZG) aus dem Jahr 2017 vor. Noch liegt aber viel Arbeit vor allen Beteiligten, wie das Jahr 2020 gezeigt hat, in dem der Bedarf an digitalen Services durch die Corona-Pandemie sprunghaft angestiegen ist. Wo Behörden ihre Mitarbeiter mangels digitaler Technik nicht ins Homeoffice schicken können, obwohl der Staat das von der Wirtschaft fordert, wo Gesundheitsämter sich per Fax austauschen und wo Überbrückungshilfen wegen Software-Problemen nur mit Verzögerung ausgezahlt werden, fehlt schlicht die digitale Basis. Die Behörden benötigen zunächst leistungsstarke und zuverlässige Infrastrukturen, um ihre internen Abläufe zu digitalisieren und effizienter zu gestalten – erst dann können sie darauf digitale Services aufsetzen.

Unkompliziert und bürgerfreundlich

Glücklicherweise gibt es auch Erfolge zu verzeichnen. So bauten mehrere Behörden binnen weniger Tage neue Portale für die Online-Beantragung von Corona-Hilfen oder Entschädigungen bei Verdienstausfällen durch Quarantäneanordnungen. Andere Behörden vereinfachten unbürokratisch die Anmeldeverfahren für ihre bereits bestehenden digitalen Angebote, sodass Bürger sich mit einer E-Mail-Adresse statt der eID des Ausweises registrieren konnten. Genau so – unkompliziert und bürgerfreundlich – muss die digitale öffentliche Verwaltung sein, damit sie von den Bürgern akzeptiert und genutzt wird. Halbdigitale Lösungen, bei denen man mehrere Tage auf ein per Post verschicktes Passwort warten muss oder digital eingereichte Anträge letztlich doch erst nach Wochen manuell bearbeitet werden, gehen an dem vorbei, was Menschen aus ihrem Alltag kennen und auch bei der Nutzung von Behördenservices erwarten.

Mittel zielgerichtet einsetzen

Immerhin 315 der angestrebten 575 Verwaltungsleistungen sind bereits digital verfügbar, wenn auch nur in einer oder wenigen Kommunen. Bund und Länder haben sich die große Aufgabe, eine digitale öffentliche Verwaltung zu schaffen, aufgeteilt: Einzelne Länder oder Zusammenschlüsse mehrerer Länder entwickeln Lösungen und erproben sie in Pilotprojekten – anschließend stehen sie nicht nur für weitere Kommunen in den beteiligten Ländern, sondern bundesweit bereit. Dieses Vorgehen ist sinnvoll, weil es für einheitliche Services sorgt und Ressourcen spart, denn nicht jedes Land muss alles selbst entwickeln. Allerdings drängt die Zeit, weshalb sich Bund und Länder stärker auf die Verwaltungsleistungen konzentrieren sollten, die von Bürgern und Unternehmen am häufigsten in Anspruch genommen werden. So können sie ihre begrenzten Mittel zielgerichteter einsetzen und beispielsweise verhindern, dass nur digitale Front Ends aufgebaut werden, hinter denen dann statt neuer digitaler Prozesse die alten, oft ineffizienten Abläufe stehen.

Bessere Rahmenbedingungen schaffen

Denn allein mit digitaler Technik ist es nicht getan – der digitale Wandel muss sich auch in den Arbeitsweisen und Arbeitsabläufen der Behörden widerspiegeln. Erst dann können sie das enorme Potenzial, das die Digitalisierung bietet und sich eben nicht in der digitalen Kommunikation mit Bürgern und Unternehmen erschöpft, voll nutzen: Digitale und in weiten Teilen automatisierte Prozesse ersparen den Mitarbeitern manuelle und repetitive Arbeiten, die aufwendig und fehleranfällig sind, und führen zu kürzeren Bearbeitungszeiten sowie Kosteneinsparungen. Die öffentliche Verwaltung, die häufig als träge und teuer wahrgenommen wird, könnte ein ganz anderes, moderneres Image erhalten.
Neben der Technik sowie neuen Strukturen und Abläufen sind Änderungen an den rechtlichen Rahmenbedingungen notwendig, damit die digitale Verwaltung richtig Fahrt aufnehmen kann. Aktuell sind für viele Vorgänge weiterhin die Vorlage von Dokumenten auf Papier und handschriftliche Unterschriften vorgeschrieben oder der Datenaustausch zwischen Behörden scheitert am strengen deutschen Datenschutz. Dieser ist fraglos eine wichtige Errungenschaft, bleibt aber auch gewahrt, wenn klare Regeln für den Austausch von Daten zwischen Behörden definiert sind, technische Schranken weitergehende Zugriffe verhindern und für den Bürger transparent ist, welche Behörden auf welche seiner Daten zugegriffen haben.

Gestärkt aus der Pandemie hervorgehen

In den zurückliegenden Monaten haben digitale Technologien ihren Wert eindrucksvoll unter Beweis gestellt, gleichzeitig wurden an vielen Stellen die Digitalisierungsdefizite sichtbar. Diese Erfahrungen sollten nun nicht nur Unternehmen nutzen, sondern auch Bund, Länder und Kommunen, um ihre Digitalisierung zielgerichteter voranzutreiben. So können sie gestärkt aus der Pandemie hervorgehen und einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen sozialen und ökonomischen Erholung in den kommenden Monaten und Jahren leisten.

Stéphane Paté ist Senior Vice President und General Manager von Dell Technologies Deutschland.


Stichwörter: Politik, Dell Technologies, OZG


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Bundesdigitalminister Karsten Wildberger, im Schatten unter Bäumen, im Hintergrund ein Kanal.

BMDS: Viel Fortschritt in 100 Tagen

[15.08.2025] Das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung soll Digital- und Modernisierungsprojekte bündeln und schneller vorantreiben. In einer ersten Bilanz meldet das Ministerium Fortschritte beim Aufbau der eigenen Organisation und bei zentralen Vorhaben. mehr...

Große, nüchterner Raum mit U-förmiger Tischanordnung, an der Menschen in Anzügen sitzen.

Thüringen: Digitalkabinett startet Digitaloffensive

[14.08.2025] Das neue Digitalkabinett Thüringens hat bei seinem ersten Treffen einen Praxis- und Digitalcheck auf Open-Source-Low-Code-Basis, klare Regeln für generative KI und eine Thüringen-App angekündigt. Zudem soll der Zuständigkeitsfinder alle Verwaltungsleistungen bündeln. mehr...

Digitalisierungsminister Dirk Schrödter hat die neue Digitalstrategie für Schleswig-Holstein in Kiel vorgestellt.

Schleswig-Holstein: Impulspapier zum Deutschland-Stack

[14.08.2025] Schleswig-Holstein legt ein Impulspapier zum Deutschland-Stack vor und will gemeinsam mit dem Bund offene Standards, zentrale Basisdienste und dezentrale Fachlösungen für Verwaltung, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger entwickeln. mehr...

Eine Reihe von Flaggenmasten mit EU-Flaggen vor einer modernen Fassade.

Bitkom: Digitale Verwaltung im EU-Vergleich weit hinten

[13.08.2025] Der Bitkom hat seinen aktuellen DESI-Index vorgelegt, der EU-weit Daten zur Digitalisierung auswertet. Deutschland klettert demnach um zwei Plätze auf Rang 14, bleibt aber leicht unter dem Durchschnitt. In der digitalen Verwaltung liegt die Bundesrepublik mit Platz 21 weit hinten. mehr...

Porträt von Lydia Hüskens, mit verschränkten Armen im dunklen Blazer vor einer braunen Wand stehend

Sachsen-Anhalt: Digitalstrategie 2030 zeigt Wirkung

[08.08.2025] Sachsen-Anhalt meldet im vierten CIO-Bericht deutliche Fortschritten bei der Digitalisierung: Über 200 Onlinedienste sind inzwischen verfügbar, zahlreiche Ziele der Digitalstrategie werden umgesetzt, Breitband- und 5G-Netze wachsen weiter, sichere und effiziente Behördenarbeitsplätze entstehen. mehr...

Porträt des NKR-Vorsitzenden Lutz Goebel vor dunklem Hintergrund.

NKR/Bund: Staatssekretärsausschuss mit erweiterten Aufgaben

[05.08.2025] Mit erweitertem Mandat soll der Staatssekretärsausschuss für Bürokratieabbau künftig auch zentrale Aufgaben der Staatsmodernisierung übernehmen. NKR-Chef Lutz Goebel begrüßt den Schritt, mahnt aber rasche Umsetzung konkreter Strukturreformen und Fortschritte beim BMDS an. mehr...

Eine rote Flagge mit weißem Kreuz (Dänemark-Flagge) weht vor blauem Himmel von rechts nach links.

Open-Source-Transformation: Von Dänemark lernen

[04.08.2025] Die öffentliche Verwaltung Dänemarks will auf Open Source Software umsteigen, um die digitale Souveränität zu schützen. Treiber ist die Sorge vor geopolitischen Abhängigkeiten. Erste konkrete Schritte kommen aus Kopenhagen, Aarhus und dem Digitalministerium. Die OSBA berichtet. mehr...

Porträt von Finanzminister Heiko Geue

IT-Planungsrat: Neuer Vorsitz

[25.07.2025] In Mecklenburg-Vorpommern verändern sich die Zuständigkeiten bei der Verwaltungsdigitalisierung. Diese liegen ab sofort beim Finanzministerium. Damit einher geht auch ein Wechsel beim Vorsitz des IT-Planungsrates: Auf Staatsekretärin Ina-Maria Ulbrich folgt Heiko Geue, Finanzminister des Landes. mehr...

Personen auf einer Bühne, im Vordergrund sieht man Sitzreihen mit Publikum.

Abschlussbericht: Wie kann die Staatsreform gelingen?

[16.07.2025] Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat hat ihren Abschlussbericht an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergeben. Viele ihrer Vorschläge finden sich im Koalitionsvertrag wieder. Die Initiatoren fordern nun eine zügige Umsetzung – auch durch neue Wege wie Modellkommunen. mehr...

Mitglieder der neuen Steuerungsgruppe NOOTS

Registermodernisierung: Operative Phase startet

[15.07.2025] Die Umsetzungsorganisation und die Steuerungsgruppe NOOTS (Nationales Once-Only Technical System) haben jetzt ihre Arbeit aufgenommen. Die Umsetzung der Registermodernisierung geht damit in die nächste Phase. mehr...

Porträtfoto Dörte Schall

Rheinland-Pfalz: Digitalministerin Schall ein Jahr im Amt

[15.07.2025] Die rheinland-pfälzische Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Dörte Schall, hat ein Jahr nach Amtsantritt eine positive Zwischenbilanz gezogen. mehr...

Gruppenfoto lächelnder, sommerlich gekleideter menschen Mvor einem BMDS-Aufsteller.

IT-Planungsrat: Neue Aufgabenorganisation von Bund, Ländern und Kommunen

[14.07.2025] Die Föderale Digitalstrategie will die Verwaltungsdigitalisierung voranbringen – unter anderem durch eine Neuordnung der Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Bei einem ebenenübergreifenden Treffen standen Kfz-Anmeldung und Einkommensprüfung im Fokus. mehr...

Handshake zwischen Digitalminister Wildberger und D21-CEO Müller.

eGovernment Monitor 2025: Bereit für eine rein digitale Verwaltung

[07.07.2025] Die ersten Ergebnisse aus dem eGovernment Monitor 2025 liegen vor. Demnach befürworten zwei Drittel der Deutschen die Vorstellung, dass alle Verwaltungsleistungen bis 2030 ausschließlich digital verfügbar seien. Digitalminister Wildberger versteht die Ergebnisse als klares Signal. mehr...

Rheinland-Pfalz: Ausweitung der EfA-Fertigungsstrecke

[03.07.2025] Das Land Rheinland-Pfalz hat die Ausweitung der EfA-Fertigungsstrecke zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes auf Kommunen beschlossen. Diese sollen so noch leichter digitale Services für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen bereitstellen können. mehr...

eGovernment Benchmark 2025: Behördendienste werden digitaler

[02.07.2025] Zur Halbzeit der Digitalen Dekade 2030 der Europäischen Union zeigt der diesjährige eGovernment Benchmark von Capgemini zwar eine hohe Dynamik bei der Digitalisierung von Behördendiensten auf. Insbesondere bei der Barrierefreiheit der Services und bei Diensten für grenzüberschreitender Nutzer sieht die Studie jedoch weiteren Verbesserungsbedarf. mehr...