InterviewWerkzeugkoffer für Big Data und KI

[18.03.2025] Um die Potenziale von KI und Datenanalyse in der Verwaltung effektiv zu nutzen, sind Zusammenarbeit und ressortübergreifendes Denken nötig. Die Datenanalyse-Plattform PLAIN macht dies für alle Bundesressorts und nachgelagerten Behörden möglich – und erlaubt so die Abkehr von Insellösungen und Hyperscalern.
Porträt Hans-Christian Mangelsdorf

Hans-Christian Mangelsdorf ist Chief Data Scientist und Referatsleiter im Auswärtigen Amt.

(Bildquelle: privat)

Die öffentliche Verwaltung arbeitet mit großen Datenmengen und nutzt dabei auch Künstliche Intelligenz (KI). Effiziente und robuste Instrumente sind für die Bereitstellung und Nutzung umfangreicher Open-Data-Sammlungen für KI und Big-Data-Anwendungen unentbehrlich. Als technische Basis für Datenanalyse und KI-Anwendungen in der gesamten Bundesverwaltung haben das Auswärtige Amt (AA) und die Bundesdruckerei daher gemeinsam die Plattform PLAIN (kurz für: Platform Analysis and Information System) entwickelt (wir berichteten). Gleichzeitig ist PLAIN ein praktisches Beispiel dafür, wie IT-Lösungen digital souverän entwickelt und auch betrieben werden können. Im Interview stellt Hans-Christian Mangelsdorf, Programmleiter PLAIN und Chief-Data-Scientist im Auswärtigen Amt, die Plattform näher vor.

Warum braucht es eine KI- und Datenanalyse-Plattform für die Bundesverwaltung?

Nachrichten über neue Möglichkeiten der Datenanalyse, Datenverwertung und der Nutzung von KI und Machine Learning sind täglich präsent. Mit der Verfügbarkeit von leistungsfähigen Sprachmodellen (Large Language Models; LLMs) sind KI-Anwendungen wie zum Beispiel Chatbots über das Smartphone jederzeit nutzbar und kommen von der Schule bis zur Arbeitswelt immer häufiger zum Einsatz. Das Tempo der technologischen Entwicklungen ist rasant und wird die Arbeitsweisen im Privaten, aber vor allem auch in der Verwaltung nachhaltig verändern. Auch die Bundesregierung befasst sich intensiv mit den Möglichkeiten von Datenanalyse und Künstlicher Intelligenz. Hinter den Strategiepapieren der Bundesregierung von Digital- und Datenstrategie über die Open-Data-Strategie und nicht zuletzt der KI-Strategie stehen konkrete Maßnahmen: Eine der zentralen Maßnahmen, die bereits heute verfügbar ist, ist die PLAIN-Plattform. Mit dieser haben wir einen Standard für die souveräne und geschützte Bearbeitung von Big Data und KI-Fragestellungen in der Bundesregierung geschaffen. Damit fördern wir das Arbeiten mit Daten und die ressortübergreifende Informationsgrundlage für ein gemeinsames politisches Handeln und Entscheiden.

Was unterscheidet PLAIN von anderen IT-Lösungen? 

PLAIN ist eine IT-Lösung vom Bund für den Bund. Anders als bei bestehenden Marktlösungen ist für die Architektur der PLAIN-Plattform zentral, dass diese nach den inhaltlichen und Sicherheitsanforderungen des Bundes konzipiert wurde. Der Betrieb und die Weiterentwicklung erfolgen durch die Bundesdruckerei, einen IT-Dienstleister des Bundes, souverän und sicher im eigenen Rechenzentrum im Auftrag des Auswärtigen Amts. Die fortlaufende Weiterentwicklung der Plattform nach den Bedarfen der Nutzenden erfolgt dabei im engen Austausch zwischen den Ressorts der Bundesregierung in unseren Tech- und Innovation Boards und im PLAIN-Beirat. Unsere ressortübergreifende und mandantenfähige Plattform ermöglicht die Arbeit mit vertraulichen Daten, künftig auch mit klassifizierten Dokumenten. PLAIN ist der Grundstein dafür, Daten der deutschen Verwaltung sicher, effizient und ressortübergreifend nutzbar zu machen.

Was bietet PLAIN den Ressorts und den Nutzenden?

Kurz gesagt, ist PLAIN eine Everything-as-a-Service-Plattform, die Insellösungen wie dezentrale Datenbanken, lokale Software für Datenanalysen oder zum Beispiel Proofs of Concepts zum Erproben von Sprachmodellen bei den Hyperscalern ersetzt. Wir haben bei uns im Haus im Fachgebiet Krisenfrüherkennung gelernt, was zum Arbeiten mit Daten gebraucht wird und haben daraus in den vergangenen Jahren eine State-of-the-Art Plattform entwickelt, die themenoffen die Bedarfe der Datenlabore und Ressorts abdeckt und die Häuser davon entlastet, eigene Lösungen in Silos aufzubauen und mit großem Ressourcenbedarfen zu betreiben. PLAIN stellt alles auf einer Plattform in den Netzen des Bundes bereit. Dabei kann jedes Haus seinen eigenen Mandanten und zentral gemanagte Plattformservices, beispielsweise für die softwaregestützte Daten- und KI-Arbeit, nutzen. Wichtig sind aber auch Autonomie und Flexibilität bei der Ergänzung von unter anderem Sprachmodellen, Software, Daten und Code. Durch den Self-Service-Ansatz und die Container-Technologie kann jeder Mandant seinen PLAIN-Cluster an seine Arbeitsabläufe, spezielle Anwendungsfälle und Bedarfe im eigenen Haus anpassen.

Wie ermöglicht PLAIN die ressortübergreifende Zusammenarbeit?

Unser Motto lautet: Vertraulichkeit und Individualität wo nötig, Zusammenarbeit und Einer-für-Alle-Prinzip wo möglich. Denn dem Netzwerkprinzip folgend, nimmt der Gesamtnutzen einer Plattform mit einer wachsenden Zahl an Nutzenden für jeden Einzelnen zu. Daher ist unser Anliegen immer auch die kollaborative Zusammenarbeit der Ressorts. Durch das Teilen von Analysen, Anwendungen, Daten und Code werden nicht nur unmittelbare Effizienzgewinne bei den täglichen Aufgaben geschaffen, es entsteht vielmehr ein kreativer Raum, in welchem neue Ideen und Anwendungsszenarien entstehen können. Schließlich werden neue Ideen und Lösungen viel öfter gemeinsam im Austausch mit anderen Menschen entwickelt. Dem Einer-für-Alle-Prinzip entsprechend ist eine Nach- und Weiternutzung von Daten, Anwendungen und Analysen bis hin zu Code daher unbedingt gewünscht und technisch möglich.

Warum ist ein Ökosystem rund um PLAIN wichtig?

Wie bei den großen Plattformen der globalen Digitalindustrie soll auch um die PLAIN-Plattform ein breites Ökosystem aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft entstehen. Die Impulse aus Wirtschaft und Wissenschaft, von Start-ups und aus der Verwaltung selbst, helfen uns, PLAIN weiter zu gestalten und bilden einen Marktplatz, der die Aufgabe hat, die Innovationskraft zu steigern und die Digitalisierung der Verwaltung stetig voranzubringen. Daher hat das Programmbüro PLAIN auch einen Fokus auf Ökosystem-Management, und wir treten gerne in den Dialog, verbreiten die Botschaften zu PLAIN und sind auf der Suche nach unentdeckten Potenzialen und Ideen. Wir freuen uns auf jeden innovativen Vorschlag.

Interview: Sibylle Mühlke




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Künstliche Intelligenz
Illustration: Mann sitzt mit freundlichem Roboter an Büroschreibtisch

Hamburg: LLMoin etabliert sich

[17.12.2025] Der KI-Assistent LLMoin steht nach Abschluss des stufenweisen Roll-outs nun circa 40.000 Beschäftigten der Hamburger Verwaltung zur Verfügung. Zudem kann das Tool bundesweit nachgenutzt werden. mehr...

Detailansicht eines moernen Schreibtischs mit Laptop, man sieht zwei Männertorsos, die etwas zusammen bearbeiten.

ÖFIT-Studie: LLMs nutzen und digital souverän bleiben

[09.12.2025] Der Einsatz von LLMs eröffnet Chancen für die digitale Transformation der Verwaltung – stellt aber auch hohe Ansprüche an die digitale Souveränität. Eine aktuelle Studie untersucht den LLM-Einsatz in der Bundesverwaltung. Um langfristig handlungsfähig zu bleiben, sind Weiterentwicklungen notwendig. mehr...

Hessen: Erstes KI-Werkzeug für die Justiz

[04.12.2025] Hessens Justiz bereitet erstmals den praktischen Einsatz eines KI-Tools vor. Beim zweiten Forum KI kündigte Justizminister Christian Heinz an, dass die Technologie bald in justiziellen Arbeitsabläufen genutzt werden soll. Details sind noch nicht bekannt. mehr...

Man schaut über die Schultern von zwei Personen auf Monitore, auf denen offenbar BärGPT läuft.

Berlin: BärGPT hilft der Landesverwaltung

[26.11.2025] Berlin führt mit BärGPT erstmals einen eigenen KI-Assistenten für die Landesverwaltung ein. Die Open-Source-Lösung wurde bedarfsorientiert und im direkten Austausch mit Verwaltungsmitarbeitenden vom CityLAB Berlin entwickelt. mehr...

Zwei männliche Hände und Arme kommen über einem Konferenztisch zu einem Handshake zusammen, im Vordergrund Minitaur-Nationalflagen von Deutschland und Frankreich.

Public Private Partnership: Souveräne KI für die Verwaltung

[21.11.2025] Frankreich und Deutschland wollen ihre Kräfte mit Mistral AI und SAP bündeln, um in einer bisher beispiellosen, privat-öffentlichen Partnerschaft eine souveräne KI für verschiedene Anwendungsfälle in der öffentlichen Verwaltung zu entwickeln. mehr...

Parlamentarischer Sitzungssaal mit besetzten Sitzreihen in Hufeisenform, am Podium steht ein Redner.

Niedersachsen: KI-Symposium des Landesbeauftragten

[19.11.2025] Fachleute aus Verwaltung und anderen Bereichen diskutierten beim KI-Symposium des niedersächsischen Landesdatenschutzbeauftragten Denis Lehmkemper über datenschutzrechtliche Herausforderungen, praktische Fragen und die erforderlichen Rahmenbedingungen bei der KI-Nutzung. mehr...

Rückansicht eines Mannes in bayerischer Tracht, der eine Fahne mit blau-weißem Rautenmuster festhält.

Bayern: KI hilft, Dialekte zu bewahren

[14.11.2025] Eine digitale Plattform und ein innovatives KI-Modul sollen dazu beitragen, die in Bayern gesprochenen Dialekte zu erfassen und bewahren. Das Projekt wird vom Bayerischen Finanz- und Heimatministerium gefördert. mehr...

Symbolbild einer Platine in dunklen Farben, in der Mitte ein Chip mit der blau leuchtenden Aufschrift "Ai"

Rheinland-Pfalz: Broschüre zum KI-Einsatz

[13.11.2025] Rheinland-Pfalz hat eine Broschüre zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Verwaltung veröffentlicht. Praxisbeispiele zeigen, wie KI Verwaltungsprozesse unterstützt, hinzu kommen Leitlinien für den rechtskonformen Umgang mit LLMs. Die Publikation richtet sich an die Verwaltung wie auch an Bürgerinnen und Bürger. mehr...

Aufsicht auf eine Personengruppe, die in einem hellen, nüchternen Raum in einem Stuhlkreis sitzt.

BMDS: Fachtag zu KI in der Bundesverwaltung

[12.11.2025] Beim KI-Fachtag des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung diskutierten rund 150 Beschäftigte aus allen Ressorts, wie Künstliche Intelligenz Verwaltung, Ethik und Arbeitsweisen verändern kann. Fachpanels und Praxisbeispiele zeigten aktuelle Trends. mehr...

Männerhäne auf Laptop-Tastatur, auf dem Screen sieht man ein KI-Eingabefeld

IT-Planungsrat: Wie stabil ist das Fundament von KI?

[30.10.2025] Die Arbeit des strategischen Schwerpunktthemas Datennutzung des IT-Planungsrates erfolgt in drei Kompetenzteams, eines davon das Kompetenzteam KI. Dieses lädt am 25. November zu dem Online-Vortrag „Was der Blick in die Basis generativer Systeme für die Verwaltung bedeutet“ ein. mehr...


Materna: Anbindung von KIPITZ

[24.10.2025] IT-Dienstleister Materna hat das Portal KIPITZ an das Formular-Management-System (FMS) des Bundes angeschlossen. Damit können intelligente KI-Services direkt in digitale Verwaltungsformulare integriert werden – ohne Medienbrüche oder externe Tools. mehr...

Macbook mit BärGPT

Berlin: BärGPT entlastet die Verwaltung

[08.10.2025] Der eigens entwickelte, generative KI-Assistent BärGPT soll Mitarbeitende der Berliner Verwaltung und der Bezirksämter künftig bei Routinearbeiten entlasten. Zuvor waren am Markt verfügbare KI-Assistenzsysteme geprüft worden – die aber die vielschichtigen Bedarfe der Berliner Verwaltung nicht vollumfänglich abdecken konnten. mehr...

Drei Männer in Anzügen und Stiften in den Händen sitzen an einem Tisch, vor sich Papiere.

Bayern: KI-Spitzenforschung für die Steuerverwaltung

[08.10.2025] KI-Lösungen für die Praxis der Steuerverwaltung nutzbar zu machen – das ist das Ziel der engen Zusammenarbeit zwischen der Bayerischen Steuerverwaltung und der Technischen Universität Nürnberg. Eine entsprechende Forschungskooperation wurde nun unterzeichnet. mehr...

Zwei Männer und eine Frau in formaler Kleidung stehen lächelnd aufgereiht vor einer Wand mit dem Wort "Think".

Baden-Württemberg: KI-Kooperation mit IBM

[07.10.2025] Das Justizministerium Baden-Württemberg und der IT-Konzern IBM arbeiten im Bereich KI schon seit Jahren erfolgreich zusammen. Nun wurde eine strategische Innovationspartnerschaft geschlossen, um gemeinsam Lösungen für weitere Anwendungsfälle zu realisieren. mehr...

Futuristisches Technologienetzwerk in Form eines Gehirns.

Thüringen: KI für schnellere Baugenehmigungen

[02.10.2025] Ein KI-Pilotprojekt für schnellere Baugenehmigungen ist jetzt in Thüringen gestartet. Das Digitalministerium arbeitet dabei mit der Rulemapping Group sowie dem Land Mecklenburg-Vorpommern zusammen. Für wissenschaftliche Begleitung ist ebenfalls gesorgt. mehr...