BundKabinett verabschiedet Gigabitstrategie

[18.07.2022] Das Bundeskabinett hat eine neue Gigabitstrategie für Deutschland verabschiedet. Bis 2030 soll es flächendeckend FTTH-Anschlüsse geben. Der Bund setzt dabei auf Erleichterungen beim konkreten Ausbau und die Verschränkung von eigenwirtschaftlichem Ausbau und Förderung.
Bis zum Jahr 2030 soll es in Deutschland Glasfaser flächendeckend bis ins Haus geben.

Bis zum Jahr 2030 soll es in Deutschland Glasfaser flächendeckend bis ins Haus geben.

(Bildquelle: wirestock/123rf.com)

Das Bundeskabinett hat die vom Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing, vorgelegte Gigabitstrategie verabschiedet. Im März hatte Wissing vor dem Bundestag die Eckpunkte der Gigabitstrategie vorgestellt (wir berichteten). Aus diesen Eckpunkten sowie Branchengesprächen und Gesprächen mit den Ländern wurde die Gigabitstrategie entwickelt.
Diese sieht vor, dass es bis zum Jahr 2030 flächendeckend Glasfaseranschlüsse bis ins Haus und den neuesten Mobilfunkstandard überall dort geben soll, wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind. In einem ersten Schritt sollen bis Ende 2025 die Glasfaseranschlüsse verdreifacht werden. Dann könnte mindestens jeder zweite Haushalt Glasfaser nutzen. Mit der Gigabitstrategie sollen die passenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die wachsende Dynamik beim Glasfaser- und Mobilfunkausbau in Deutschland zu unterstützen, erklärte der Bundesminister unter Verweis darauf, dass die Telekommunikationsbranche in den kommenden Jahren allein in den privatwirtschaftlichen Glasfaserausbau 50 Milliarden Euro investieren wolle.

Schnelle, digitale Genehmigungsverfahren

In der Gigabitstrategie formuliert die Bundesregierung konkrete Maßnahmen, wie sie ihre Ziele erreichen will. So sind die Bundesländer aufgefordert, bis Ende 2022 Genehmigungsverfahren zu erleichtern und zu vereinheitlichen. Dazu gehören aus Sicht der Bundesregierung unter anderem die Errichtung temporärer Mobilfunkmasten ohne Baugenehmigung, die Vereinheitlichung landesgesetzlicher Vorgaben zur baurechtlichen Verfahrensfreiheit von Mobilfunkmasten sowie die Vereinheitlichung der landesgesetzlich vorgegebenen Grenzabstände von Mobilfunkmasten und -antennen und der Anbauverbotsabstände an Straßen.
Ein digitaler Antrag soll die Genehmigungsverfahren für den Gigabitausbau beschleunigen und vereinheitlichen. Derzeit sind nach Angaben des Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) bundesweit 12.000 verschiedene Behörden mit unterschiedlichen Anforderungen und Formularen mit der Bearbeitung solcher Anträge befasst, die bis zu vier Monate dauern kann. Mit dem digitalen Antrag gibt es einen standardisierten und einheitlichen Prozess. Über das digitale Antrags- und Genehmigungsportal der Länder Hessen und Rheinland-Pfalz, dessen Entwicklung das BMDV unterstützt, können Kommunen und Netzbetreiber schon jetzt Anträge zum Gigabitausbau stellen. Ab Ende 2022 soll es auch allen anderen Bundesländern zur Verfügung stehen.

Verlegepraxis vereinfachen

Die neue Gigabitstrategie des Bundes sieht auch vor, die praktischen Umsetzungsmöglichkeiten oberirdischer Verlegemethoden in Pilotprojekten zu erproben. Auch die Prozesse zur Normung und Standardisierung alternativer Verlegetechniken sollen unterstützt sowie der Einsatz so genannter mindertiefer Verlegeverfahren geprüft werden. Davon erhofft sich der Bund mehr Akzeptanz bei Kommunen und Unternehmen der Baubranche.
Die Bundesnetzagentur soll zudem ein so genanntes Gigabit-Grundbuch aufbauen, das die relevanten Informationen für einen beschleunigten Glasfaser- und Mobilfunkausbau gesichert bündeln, nutzerspezifisch verknüpfen und verfügbar machen soll (wir berichteten). Zu den dort zu hinterlegenden Informationen gehören etwa vorhandene digitale Infrastrukturen und Versorgungsgrade, Ausbauvorhaben sowie verfügbare Liegenschaften und Infrastrukturen. Es wird außerdem geprüft, wie etwa ein Portal für Markterkundungsverfahren sowie ein Ausbaumarktplatz mit Angebotsmöglichkeiten für private Liegenschaften integriert werden können.

Förderung nach Maß

Fragen einer wettbewerbs- und verbraucherfreundlichen Migration von Kupfer- auf Glasfasernetze werden nach Einschätzung des Bundes schnell an Bedeutung gewinnen. Mit dem im März 2021 eingerichteten Gigabitforum stellt die Bundesnetzagentur eine Plattform bereit, auf der alle relevanten Fragen des Übergangsprozesses erörtert werden können.
Eine vom Bund beauftragte Potenzialanalyse soll den Ländern bis Ende 2022 konkrete Ergebnisse liefern, wo in den kommenden Jahren privatwirtschaftlicher Ausbau möglich ist und wo unter Umständen Förderbedarf besteht. Das bewährte Förderverfahren soll beibehalten bleiben, um den Kommunen Planungssicherheit zu geben. Eine laufende Evaluierung der Fördermaßnahmen soll verhindern, dass die staatliche Förderung den privatwirtschaftlichen Ausbau verdrängt.
Das Saarland hatte mit seiner Gigabitstrategie vom April 2022 ebenfalls ein konkretes Konzept vorgelegt, mit dem eigenwirtschaftlicher Ausbau und Förderung verzahnt werden sollen (wir berichteten). Der Digitalisierungsminister des Saarlandes, Jürgen Barke, begrüßte die Zielrichtung des Bundes ausdrücklich. In der Landes- wie in der Bundesstrategie sollte eigenwirtschaftlicher Ausbau Vorrang haben. Der Eigenausbau solle nur dort mit einer Förderung ergänzt werden, wo die Anbieter eine Versorgung aus eigener Kraft nicht leisten können, so Barke. Gleichzeitig sei sehr zu begrüßen, dass es keine künstliche Beschränkung der Förderkulisse geben werde.

Kurskorrekturen bereits eingeplant

Nachhaltigkeit soll beim weiteren Aufbau der digitalen Infrastruktur berücksichtigt werden. Der Bund will dazu unter anderem ein Gütesiegel mit klaren Kriterien für nachhaltige Breitbandnetze einführen und Unternehmen Maßnahmen an die Hand geben, wie sie die Infrastruktur nachhaltig und resilient ausbauen können. Auch ein Ideenwettbewerb für klimaneutrale Mobilfunkmasten wird angekündigt.
Aber auch hinsichtlich künftiger Einsatzszenarien – insbesondere für den Mobilfunkstandard 5G – will der Bund innovative Lösungen fördern. So sollen Unternehmen, Kommunen und öffentliche Einrichtungen Blaupausen erhalten, die das Potenzial und die Einsatzmöglichkeiten von 5G verdeutlichen; Digitalmanager in den Landkreisen sollen vor Ort 5G-Projekte anstoßen und umsetzen.
Um die Umsetzung der Gigabitstrategie nachzuhalten, soll ein neuer Bund-Länder-Staatssekretärsausschuss geschaffen werden. Dieser soll sich mindestens vier Mal im Jahr treffen, um die Umsetzung der Gigabitstrategie zu überprüfen und Anpassungen vorzunehmen. Ein institutionalisierter Branchendialog soll die Kooperation zwischen Staat und Markt bei der Beschleunigung des Ausbaus verbessern.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Schild Welcome were open, Symboldbild Open Source Software

Bund: Open Source bevorzugt

[26.07.2024] Eine Anpassung am E-Government-Gesetz hat der Bund verabschiedet. Demnach soll der Nutzung von Open Source Software in der Bundesverwaltung künftig Vorrang eingeräumt werden. mehr...

OZG-Änderungsgesetz: Reform tritt in Kraft

[26.07.2024] Es ist der Schlusspunkt unter einem aufwendigen Verfahren: Mit Inkrafttreten des OZG-Änderungsgesetzes ist die Reform des Onlinezugangsgesetzes nun abgeschlossen. mehr...

Das Bild zeigt Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit.

Bundesagentur für Arbeit: Zugang zu eServices mit BundID

[23.07.2024] Leistungen der Arbeitsagenturen, Jobcenter und Familienkassen können jetzt mit der BundID beantragt werden. mehr...

Blau-weißer Stander mit Rautenmuster (Bayernflagge) weht im Wind, im Hintergrund blauer Himmel.

Bayern: Verwaltung muss arbeitsfähig bleiben

[15.07.2024] Bayerns Digitalminister sieht die konsequente Digitalisierung der Verwaltung als wichtige Möglichkeit, um den künftigen Ruhestand der Babyboomer-Generation und den dadurch entstehenden Fachkräftemangel zu kompensieren. Es gelte, die Potenziale von Standardisierung, Zentralisierung und KI zu nutzen. mehr...

Ergebnisbericht Konsultationsprozess Phase 1 zum „Zielbild der OZG-Rahmenarchitektur“ - Cover

OZG-Rahmenarchitektur: Ergebnisbericht zur Konsultation

[15.07.2024] Im Rahmen der Erarbeitung eines Zielbilds für die künftige gemeinsame OZG-Rahmenarchitektur hat von Oktober 2023 bis Januar 2024 ein begleitender und partizipativ gestalteter Konsultationsprozess stattgefunden. Dessen Ergebnisse liegen jetzt vor. mehr...

Konferenzbühne mit dunklem Hintergrund, darauf ein Speaker im Anzug mit Mikro in der Hand.

SEMIC-Konferenz: Kooperation für ein interoperables Europa

[12.07.2024] Auf der diesjährigen SEMIC-Konferenz, die unter dem Motto „Interoperable Europe: From Vision to Reality“ in Brüssel stattfand, stellte Staatssekretär Markus Richter seine Vision eines interoperablen Europas vor. Dieses fußt auf einer engen Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Digitalisierungsbereich. mehr...

Gruppe von jungen Schulkindern sitzt vor einem Laptop, dahinter eine Lehrerin.

Bundesrat: Mehr Druck beim DigitalPakt 2.0

[11.07.2024] Mit dem DigitalPakt Schule hat der Bund Länder und Kommunen bei Investitionen in die digitale Bildungsinfrastruktur unterstützt – bis Mai dieses Jahres. Nun verhandeln Bund und Länder über die Anschlussfinanzierung. Im Bundesrat sprachen sich die Länder für eine verlässliche Fortführung bis 2030 aus. mehr...

Cover des PD-Strategiepapiers "Der Weg zur öffentlichen hand von morgen"

PD: Reformagenda für den Public Sector

[09.07.2024] In einem Strategiepapier entwirft das Beratungsunternehmen PD ein Zielbild für den Public Sector von morgen. Um den Public Sector zukunftsfähig zu machen, reichen demnach Einzelmaßnahmen nicht aus. Daher will PD vier große Reformbereiche mit einem umfassenden Ansatz adressieren. mehr...

Porträtfoto von Dr. Fabian Mehring.
interview

Digitales Bayern: Der Sound der Zukunft

[05.07.2024] Bayern segelt auf Innovationskurs, sagt Fabian Mehring. Kommune21 sprach mit dem Digitalminister des Freistaats über die Reorganisation seines Ressorts, seine Pläne für einen innovativen Staat und die Rolle der Kommunen dabei. mehr...

Cover des eGovernment Benchmark Report 2024

eGovernment Benchmark 2024: Nutzerzentrierung ist der Schlüssel

[05.07.2024] Laut dem jüngsten eGovernment-Benchmark-Report der Europäischen Kommission haben die europäischen Staaten bei der Bereitstellung digitaler Behördendienste stetige Fortschritte gemacht. Raum für Optimierungen gibt es insbesondere bei grenzüberschreitenden Diensten und bei Dienstleistungen, die von regionalen und kommunalen Behörden erbracht werden. mehr...

Porträtfoto Dörte Schall

Rheinland-Pfalz: Neue Digitalministerin ernannt

[03.07.2024] Neue Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung in Rheinland-Pfalz wird Dörte Schall. Der bisherige CIO/CDO der Landesregierung, Fedor Ruhose, soll Chef der Staatskanzlei werden. mehr...

Thüringer Landes-CIO Hartmut Schubert im dunklen Anzug am Rednerpult, im Hintergrund eine blaue Wand.

Thüringen: Zehn Millionen Euro für kommunale Digitalisierung

[02.07.2024] Das Land Thüringen will die kommunale Digitalisierung mit zehn Millionen Euro fördern. Das geht aus der neuen Thüringer E-Government-Richtlinie hervor, die jetzt offiziell veröffentlicht wurde. Gefördert werden unter anderem digitale Fachverfahren und Schnittstellen, IT-Sicherheits-Maßnahmen und die interne Prozessoptimierung. mehr...

Cover des Jahresberichts 2023 des Sächsischen NKR.

Bürokratieabbau: Jahresbericht des Sächsischen Normenkontrollrats

[01.07.2024] Mit der Erfüllungsaufwandsdarstellung neuer Regelungen soll der Sächsische Normenkontrollrat zu mehr Transparenz beitragen und Erkenntnisse zum Bürokratieabbau in Sachsen wie auch im bundesweiten Vergleich liefern. Nun liegt der Jahresbericht für 2023 vor. mehr...

Ministerien und Ämter des Freistaats Bayern können künftig Anwendungen aus der  Kubernetes-Cloud nutzen.
bericht

Cloud-Strategie: Bundeskanzleramt verwirft Deutsche Verwaltungscloud

[27.06.2024] Mit einem ungewöhnlichen Schritt brüskiert das Kanzleramt alle Initiativen rund um die Deutsche Verwaltungscloud und drängt die Bundesländer zu einem Vertragsabschluss mit Delos, einer in Deutschland betriebenen Variante der Microsoft Azure Cloud. mehr...

Gruppenfoto: Teilnehmende der IT-Planungsrats-Klausurtagung auf der Außentreppe eines Gebäudes.

IT-Planungsrat: Weichenstellung für modernen Föderalismus

[20.06.2024] Als zentrales Steuerungsgremium für die Digitalisierung der Verwaltung gestaltet der IT-Planungsrat den organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Rahmen der Verwaltungsdigitalisierung. In seiner letzten Sitzung traf das Gremium weitreichende Beschlüsse, die bei der Umsetzung zu mehr Tempo und Effizienz führen sollen. mehr...