IW-Consult StudiePotenziale von KI in der Verwaltung

[17.12.2024] Es wird allgemein erwartet, dass KI die Verwaltung effizienter machen und dazu beitragen kann, Aufgaben wie den Fachkräftemangel zu lösen. Doch in welchem Ausmaß kann die öffentliche Verwaltung tatsächlich von KI profitieren? Eine aktuelle Studie nennt Zahlen und Prognosen.
Cover der Studie "Der Digitale Faktor"

Wie genau kann Deutschlands Verwaltung von intelligenten digitalen Technologien profitieren?

(Bildquelle: IW Consult)

Eine Studie von IW Consult hat im Auftrag des Google-Konzerns die Potenziale digitaler intelligenter Technologien – insbesondere auch Künstlicher Intelligenz (KI) – für die Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland untersucht. Im Fokus der Auswertung standen auch die Potenziale von KI für die öffentliche Verwaltung. Für die Verwaltung könnte sich der KI-Einsatz noch deutlich stärker auszahlen als für die (ebenfalls untersuchte) Gesamtwirtschaft: Die Anzahl der Arbeitsplätze, die von der Nutzung generativer KI profitieren könnten, schätzt die Studie im Fall der öffentlichen Verwaltung auf 82 Prozent, für die Wirtschaft sind dies lediglich 70 Prozent.

Dass sich durch einen KI-Einsatz Zeit bei Routineaufgaben einsparen und woanders produktiver nutzen lässt, ist schon fast eine Binsenweisheit. Die Studie rechnet diese potenziell gesparte Zeit um und nimmt für die öffentliche Verwaltung eine mögliche Produktivitätssteigerung im Gegenwert von 23,9 Milliarden Euro an. Die Prognosen der Studienautoren basieren auf einer Schätzung, diese geht von einer produktiven Nutzung generativer KI durch mindestens die Hälfte aller Institutionen des öffentlichen Sektors über einen Zeitraum von zehn Jahren aus. Die Studie basiert nach Angaben von IW Consult auf repräsentativen Unternehmens- und Bevölkerungsbefragungen und Fallstudieninterviews aus den Jahren 2023 und 2024 sowie weitergehenden Berechnungen.

KI kann Herausforderungen wirksam begegnen

Als die zwei zentralen Aufgaben, vor denen die öffentliche Verwaltung in Deutschland steht, benennt die Studie einen im europäischen Vergleich zu geringen Digitalisierungsgrad und den Fachkräftemangel. Der Einsatz generativer Künstlicher Intelligenz könne zur Bewältigung dieser Herausforderungen beitragen, indem die Produktivität der Beschäftigten erhöht wird und neue, digitale Dienstleistungsangebote für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen angeboten werden.

In diese Richtung arbeitet die Verwaltung bereits und laut der Studie sind auch schon erste Effekte zu sehen. So stellten 49 Prozent der befragten Verwaltungsangestellten eine Erhöhung der Produktivität der Beschäftigten fest (befragte Führungskräfte im privaten Sektor: 55 Prozent). 39 Prozent der befragten Verwaltungsangestellten gaben an, dass KI ein wesentlicher Bestandteil einer angebotenen Dienstleistung oder eines Produkts sei (privater Sektor: 46 Prozent).

Anwendungsbereiche und KI-Anteil

Die Studie hat auch nach den Anwendungsbereichen von KI gefragt und ermittelt außerdem, wie stark die Auswirkungen des KI-Einsatzes in unterschiedlichen Arbeitsfeldern innerhalb der Organisation sein können. Die genannten Zahlen stützen sich wieder auf Aussagen der befragten Verwaltungsangestellten. So gaben knapp zwei Drittel (58 Prozent) an, sie nutzten KI zur Unterstützung bei der Internetrecherche, für Übersetzungen von Informationen oder Dokumenten ziehen 57 Prozent der Befragten KI heran. Bei der Datenanalyse und bei der Zusammenfassung langer Texte lassen sich über die Hälfte (jeweils 54 Prozent) von KI helfen, beim Verfassen von Berichten und anderen Dokumenten sind es 53 Prozent. Privatwirtschaftliche Unternehmen setzen KI in ähnlichen Bereichen ein – insgesamt jedoch in höheren Anteilen.

Ein KI-Einsatz wird sich nach Annahme der Studienautoren aber nicht auf alle Arbeitsfelder gleichmäßig auswirken. Die Studie rechnet damit, dass an etwa 70 Prozent der Arbeitsplätze in der Verwaltung KI unterstützend genutzt werden könnte und nennt als Beispiel IT-Fachkräfte. Rund 12 Prozent der Arbeitsplätze könnte KI komplett oder teilweise automatisieren, beispielsweise bei Sekretariats- und Bürokräften. Bei 18 Prozent der Arbeitsplätze werden keine oder nur geringe Auswirkungen durch den KI-Einsatz erwartet. Dies betrifft beispielsweise die Gebäudetechnik oder andere handwerkliche Arbeitsbereiche.

KI-Nutzung strahlt weiter aus

Die Studie erwartet, dass eine digitalisierte Verwaltung den Alltag von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und den eigenen Mitarbeitenden verbessert. Genehmigungsverfahren können beschleunigt werden, Onlineverwaltungsdienste ersparen den Weg zur Behörde, und in der Verwaltung werden Routinetätigkeiten minimiert, wodurch Kapazitäten für komplexere Vorhaben frei werden. Dies habe einen konkreten Ausstrahlungseffekt auf die Wirtschaft. So könnten die durch Behördengänge verursachten Kosten mit der Digitalisierung signifikant sinken: Unter Berufung auf eine NKR-Untersuchung von 2017 rechnet die Studie mit Einsparungen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr. Zudem würden neue Geschäftsmodelle und Innovationen gefördert. So könnten beispielsweise Open-Data-Initiativen dazu beitragen, dass Unternehmen neue Dienstleistungen entwickeln. Und schon jetzt gebe es über 170 GovTech-Start-ups, die Dienstleistungen für den öffentlichen Sektor in Deutschland anbieten.

KI und Digitalisierung stärken den Staat

IW Consult bezeichnet die Digitalisierung überdies als Demokratieverstärker, da die Teilnahme an demokratischen Prozessen erleichtert werde. Beispielsweise würden barrierefreie digitale Anträge Menschen mit Behinderung den Zugang zu Verwaltungsangeboten erleichtern, Onlineveranstaltungen förderten Partizipation und Open-Data-Angebote könnten die Transparenz politischer Entscheidungen erhöhen. Insgesamt, so die Studie, könne so das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit und Kompetenz des Staates gestärkt werden.

Sibylle Mühlke




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