NetzwerkDer Nachwuchs organisiert sich
N3GZ-Workshop am Joint Innovation Lab in Lübeck.
v.l.: (obere Reihe): Moritz Junginger, Kian Niroomand, Matti Große, Maik Brinkmann, Jan Klumb, Moritz Heuberger, Florian Lemke, Basanta Thapa, Florian König; v.l. (untere Reihe): Christine Prokop, Justine Marienfeldt, Daniel Wessel, Moreen Heine, Fanny Be
(Bildquelle: N3GZ)
Mit der Digitalisierung im öffentlichen Sektor befasst sich nicht nur die Verwaltung, sondern auch die Politik, Forschung und Wirtschaft. Das Anwendungsfeld E-Government bringt damit Beschäftigte aus den verschiedensten Bereichen zusammen, beispielsweise Wirtschaftsinformatik, öffentlicher Dienst, Jura, Sozialwissenschaften oder Design. „Gerade für Neulinge ist die deutsche E-Government-Szene daher oft unübersichtlich“, weiß Basanta Thapa, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum Öffentliche IT (ÖFIT) des Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssysteme FOKUS in Berlin. „Da fragt man sich: Wo ist eigentlich meine Peer Group? Wo kann ich meine dummen Fragen stellen und Ideen vorschlagen? Damit traut man sich nicht gleich an die obersten Stellen, sondern eher an jemanden auf Augenhöhe, also in Junior-Position.“
Um Nachwuchskräften genau das zu ermöglichen, gründete sich im Juni 2019 das N3GZ, das Nachwuchsnetzwerk Digitale Verwaltung des Nationalen E-Government Kompetenzzentrums (NEGZ). Das junge Netzwerk umfasst mittlerweile über 160 Mitglieder aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Verwaltung, die sich mit der Verwaltungsdigitalisierung befassen. Thapa war von Anfang an dabei.
Dumme Fragen erwünscht
„Das N3GZ ist ausdrücklich als Spielwiese oder Vorhof gedacht“, erklärt der studierte Verwaltungswissenschaftler. Die Mitglieder seien dazu aufgerufen, einander zu duzen und „dumme“ oder vielmehr grundlegende Fragen ausdrücklich erwünscht. Zu Diskussionsveranstaltungen würden bevorzugt Nachwuchs- statt Führungskräfte eingeladen. Denn diese sind ein nahbarer und gleichzeitig nützlicher Kontakt für die Zukunft.
Beim N3GZ handelt es sich um ein ehrenamtliches Netzwerk. Mitmachen kann jeder, der sich über die N3GZ-Website anmeldet. Zentrales Kommunikationsmedium ist die offene Mailing-Liste, die Interessierte über die N3GZ-Website abonnieren können. Eine Mitgliedschaft im Netzwerk ist dazu nicht erforderlich. So stehen den ungefähr 160 Mitgliedern über 360 Abonnenten der Mailing-Liste gegenüber. Über den Verteiler werden Veranstaltungshinweise oder Stellenausschreibungen geteilt. Auch Fragen werden darüber gerne gestellt – etwa ob andere Mitglieder schon Erfahrungen mit neuen Bürokonzepten gemacht haben oder Einsichten zum Thema Barrierefreiheit bei digitalen Verwaltungsangeboten liefern können. „Das, was man über Google zu solchen Themen findet, ist ja meist nur die Spitze des Eisbergs“, sagt Thapa. „Tatsächliche Erfahrungen, die dann über das Netzwerk geteilt werden, haben oft den größeren Mehrwert.“
Breites Programm
Darüber hinaus bietet das N3GZ Nachwuchskräften Publikationsprojekte, thematische Workshops, Kneipenabende am Rande von großen E-Gov-Konferenzen, regionale Stammtische und einen Blog mit Diskussionsbeiträgen. Hinzu kommen Tagungen, die sich durch den Dialog zwischen den Disziplinen und zwischen Wissenschaft und Praxis auszeichnen. Dabei diskutierte das junge Netzwerk bisher über Themen wie die Kooperationen in der Verwaltungsdigitalisierung beim Join Innovation Lab in Lübeck im Oktober 2019 oder über Künstliche Intelligenz und Automatisierung in der Verwaltung an der Uni Speyer im Februar 2020. Für 2021 ist in Kooperation mit dem SOCIUM Bremen eine Nachwuchskonferenz zum Thema „Künstliche Intelligenz in der Sozialverwaltung“ geplant. Zudem soll ein Special Issue zu Digitaler Souveränität im studentischen Journal PolisReflects erscheinen, eine Zusammenarbeit von N3GZ, der studentischen Denkfabrik Polis180 und ÖFIT.
Den Twitteraccount des Netzwerks bespielen drei bis vier Mitglieder, die Zuständigen wechseln dabei. Auch gibt es regelmäßig ein Twitter-Takeover, bei dem ein Mitglied für eine Woche den N3GZ-Account übernimmt. Das soll die Vielfalt des Netzwerks zeigen und den Menschen dahinter ein Gesicht verleihen. Denn beim Takeover übernimmt das Mitglied nicht nur den Kanal, sondern macht sich mit Namen und Bild kenntlich, stellt sich kurz vor und berichtet beispielsweise aus dem eigenen beruflichen Alltag.
Bedarf nach Austausch
„Die Szene ist nicht so groß – allerdings schon größer als vor acht Jahren, als ich angefangen habe“, erinnert sich Thapa. „Durch das Onlinezugangsgesetz sind jetzt schon viel mehr Leute im Bereich digitale Verwaltung beschäftigt und es besteht ein noch größerer Bedarf, sich auszutauschen.“ 2013 hatte er an der Hertie School of Governance in Berlin im Bereich E-Governance und Innovation als wissenschaftlicher Mitarbeiter gearbeitet. Damals sei ihm aufgefallen, dass es keine richtige Möglichkeit zum Austausch unter Neueinsteigern in der E-Government-Szene gab, so Thapa. 2018 habe die Idee eines Nachwuchsnetzwerks auf einer Wissenschaftskonferenz des NEGZ schließlich konkrete Gestalt angenommen. Dort sollten die Anliegen des E-Government-Forschungsnachwuchses diskutiert werden – wobei sich der Nachwuchs kaum zu Wort zu kommen traute. Als Reaktion darauf sei die Gründung des N3GZ ins Rollen gekommen. Das NEGZ habe das Nachwuchsnetzwerk bereitwillig unterstützt, viele Mittel brauche es dazu nicht: „Ab und zu ein wenig Kaffeegeld und Reisekosten für Veranstaltungen vielleicht. Um Räumlichkeiten, Referenten und Gäste kümmern wir uns selbst“, erklärt der ÖFIT-Mitarbeiter.
Verwaltungskräfte gesucht
Woran es dem N3GZ mangelt, sind ausgerechnet die Nachwuchskräfte, die in der öffentlichen Verwaltung arbeiten. Thapa berichtet: „Beschäftigte in den Wissenschaften und aus dem Bereich Consulting können wir erfahrungsgemäß sehr gut über unsere Mailing-Liste und unsere Social-Media-Präsenz auf uns aufmerksam machen. Mitarbeiter der Verwaltung sind schwieriger zu erreichen. Sie werden eher über nicht öffentlich einsehbare Portale wie Xing, LinkedIn oder sogar über das verwaltungseigene Intranet auf uns aufmerksam, wenn N3GZ-Mitglieder über persönliche Accounts Veranstaltungshinweise teilen. Wir streben auf jeden Fall an, mehr Nachwuchskräfte aus der Verwaltung als Mitglieder zu gewinnen. Nur den richtigen Kanal dazu müssen wir noch ausfindig machen.“
Digitale Events
Aufgrund der andauernden Corona-Pandemie finden derzeit alle Veranstaltungen des jungen Netzwerks digital statt. Richtige Workshops und kleinere Tagungen vor Ort sind vorerst nicht möglich. Ein Vorteil der virtuellen Treffen ist, dass Nachwuchskräfte aus ganz Deutschland teilnehmen können. Eben auch diejenigen, die sich für das Thema des Treffens interessieren, aber aufgrund der räumlichen Distanz sonst vielleicht keine Chance gehabt hätten, mal unter Gleichgesinnten zu sein, sagt Thapa. Ein Nachteil sei der fehlende persönliche Austausch – bei digitalen Treffen komme man nicht zufällig ins Gespräch und lerne sich nicht unbedingt besser kennen. In naher Zukunft plane das Netzwerk deshalb, den spontanen Plausch und das gegenseitige Kennenlernen unter den Nachwuchskräften auch digital zu ermöglichen. Als Mittel soll eine Software dienen, mit der Teilnehmer in zufälligen Kleingruppen virtuell zusammenkommen. „Hoffentlich können wir damit einen ähnlichen Effekt erzielen, wie auf unseren Veranstaltungen vor Ort“, sagt Thapa. „Gerade um das Kennenlernen und Kontakte knüpfen geht es schließlich beim N3GZ.“
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2021 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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