DatenschutzDSGVO-Konformität erreichen

[09.07.2021] Auf ihrem Weg zur DSGVO-Konformität sollten Verwaltungen kooperativ, agil und modular vorangehen. Das Thema Datenschutz muss transparent und für alle nachvollziehbar gestaltet werden.

Datenschutz muss Teil der Arbeitsorganisation in Verwaltungen werden. Das hat der erste Teil dieses Beitrags gezeigt. Im Folgenden werden nun Schritte aufgezeigt, die zur Herstellung der DSGVO-Konformität einer Verwaltung beitragen. Sie sollten unter Berücksichtigung der Integration in die Arbeitsorganisation durchgeführt werden. Sowohl die Schrittfolge als auch die einzelnen zu prüfenden Sachverhalte innerhalb der Schritte sind in Bausteine zerlegt, sodass Individualisierung und Standardisierung gleichermaßen erreicht wird.
Zunächst muss unbedingt organisationsweit ermittelt werden, bei welchen Geschäftsprozessen – seien es Fach- oder Querschnittsprozesse – in welcher Art personenbezogene Daten verarbeitet werden. Dazu müssen der Datenschutzbeauftragte (DSB), IT-Experten, die Fachebene und gegebenenfalls weitere Beauftragte intensiv kommunizieren. Diese kollaborativen Prozesse sind methodisch zu unterstützen.

Für alle verständlich

Die Datenschutzthematik muss für alle Bereiche einer Organisation vereinfacht, verständlich und nachvollziehbar gestaltet werden. Hierfür lassen sich entsprechende Bausteine definieren. Das können etwa der Zweck der Datenerhebung, die Verarbeitungsart der Daten oder der Zugang zu Daten sein. Abgeleitet werden sie aus den fachlichen Anforderungen der DSGVO und folgen einer vordefinierten Systematik. Die Bausteine sind so aufgebaut, dass nur das erhoben werden kann, was tatsächlich relevant und erforderlich ist. Mittels einfacher haptischer Karten und einer entsprechenden Moderation können auch Nichtexperten durch den DSGVO-Prüfprozess geleitet werden. Dabei werden die Datenschutzanalysen entlang von Fachprozessen vollzogen, um so eine enge Rückkopplung zur Arbeitsebene herzustellen und diese im Weiteren mit IT-Fragen zu verknüpfen. Durch dieses Vorgehen findet bereits bei der Datenerhebung eine fachübergreifende Zusammenarbeit und ein entsprechender Austausch der jeweiligen Experten (IT, Recht, Organisation, Management) statt. Es handelt sich also nicht mehr nur um eine bloße Informationssammlung. Es werden bereits Umsetzungs- und Gestaltungsfragen thematisiert.

Intuitives Lernen und Risikobewertung

Aus der Lernforschung ist bekannt, dass es trotz oder gerade wegen der zunehmenden Digitalisierung wichtig für das menschliche Verstehen ist, physisch greifbare Bestandteile zu haben. Komplexe Sachverhalte erscheinen den Mitarbeitenden dann nicht mehr abstrakt, sondern verständlich, nachvollziehbar und letztlich anfassbar. Durch die Haptik wird ein intuitives Lernen ermöglicht. So wird im hohen Maße eine Beteiligung/Mitwirkung erreicht, was die Akzeptanz für das Thema Datenschutz sowie die Akzeptanz in der späteren Umsetzung deutlich erhöht. Lernen und Arbeiten gehen zunehmend ineinander über und lassen sich in einer solchen Methodenwelt nicht mehr trennen. Digitalisierung kann dabei das kollaborative Arbeiten auf Entfernung unterstützen. Automatisierungspotenzial besteht dahingehend, dass die erhobenen Daten automatisch grafisch aufbereitet und auf Vollständigkeit sowie Plausibilität geprüft werden, um Erhebungslücken aufzuzeigen.
Ein nächster wichtiger Schritt ist die Risikobewertung. Es muss eingeschätzt werden, welches Risiko für Schutzverletzungen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten besteht. Hier können grundsätzlich Algorithmen – auch analog umgesetzt – unterstützen, indem beispielsweise auf Basis eines organisationseigenen Kriteriensets Empfehlungen zur Interpretation der erhobenen Informationen und bei der Zuordnung zu Risikoklassen gegeben werden. Weiterhin lassen sich Folgen von Entscheidungsalternativen aufzeigen. Eine Datenschutzfolgenabschätzung könnte zum Beispiel nötig sein, wenn eine bestimmte Risikoklasse gewählt wurde. Als Grundlage für solche Empfehlungen können generische Kriterien genutzt werden, die unter anderem auf den Empfehlungen des Standarddatenschutzmodells (SDM V2.0) der DSK basieren. Insgesamt lässt die DSGVO an dieser Stelle aber sehr viel Interpretationsspielraum, sodass die Letztentscheidung bei den jeweiligen Verantwortungsträgern liegen muss.

Technische und organisatorische Schutzmaßnahmen

Sind die Risiken definiert, sind geeignete technische und organisatorische Schutzmaßnahmen (TOM) zu bestimmen. Die Entscheidung darüber, welche Maßnahmen geeignet sind, setzt vertiefte Organisations- und IT-Kenntnisse im Zusammenspiel voraus. Empfohlen wird der Einbezug von IT- oder IT-Sicherheitsexperten. Sie wissen, welche TOM sich für welche Datenschutzsituation eignen. Vorgeschlagen wird, die Maßnahmen auf der Basis des organisationseigenen Katalogs zu diskutieren, um Synergien bei der Umsetzung erzielen zu können und damit Ressourcen zu sparen. Eine weitere Basis könnte der generische Katalog des Standarddatenschutzmodells der DSK sein. In dieser Diskussion entscheiden alle Beteiligten gemeinsam, welche Maßnahmen als obligatorisch für die DSGVO-Konformität empfohlen werden und welche als fakultativ.
Wurde entschieden, welche TOM erforderlich sind, muss überprüft und abgeglichen werden, welche TOM noch umzusetzen und welche bereits umgesetzt sind oder welcher Umsetzungsgrad bereits erreicht ist. Auf Basis dieser Angaben kann ein Soll-Ist-Abgleich erfolgen, um den Konformitätsgrad zu ermitteln. Auf Basis individuell festgelegter Kriterien kann eine Priorisierung der Umsetzung in Bezug auf fehlende Schutzmaßnahmen erfolgen, um den Konformitätsgrad möglichst schnell zu erhöhen. Dies ist eine strategisch angeleitete Vorgehensweise, bei der Datenschutz nicht nach dem Gießkannenprinzip praktiziert wird, sondern gezielt Ressourcen eingesetzt werden, wo es tatsächlich notwendig ist.

Automatische Dokumentation

Die Tätigkeit des DSB ist sehr stark geprägt von der Erstellung von Nachweisen für die Konformität, wie sie nach der DSGVO gefordert sind (Verarbeitungsverzeichnis). Hierbei sollte ihn möglichst ein IT-Tool unterstützen. So ein Tool erstellt auf Basis der qualitativ hochwertigen Daten automatisch die geforderten Berichte in gebotener Qualität. Um den Aufwand für den DSB und Verantwortliche so gering wie möglich zu halten, müssen die Dokumente adressatengerecht, also beispielsweise für Aufsichtsbehörden oder für Betroffene passend gestaltet sein. Für den DSB hat das vorher beschriebene Vorgehen den Vorteil, dass er nicht aufwendig und separat ein Verarbeitungsverzeichnis erstellen muss. Vielmehr ergibt sich durch die prozessnahen Erhebungen datenschutzrelevanter Aspekte nebenbei das von der DSGVO geforderte Verzeichnis aller Verarbeitungstätigkeiten inklusive entsprechender Prozessdarstellungen, Risikobewertungen und Dokumentation der technisch-organisatorischen Maßnahmen. Damit reduziert sich der Aufwand für Datenschutzbeauftragte erheblich. Führungskräfte und Behördenleitung, die Datenschutzverantwortliche nach der DSGVO sind, erhalten somit auf einfache Weise eine Dokumentation und bekommen die Komplexität und Vielfältigkeit des Themas besser in den Griff.

Mit PRIMO transparent und nachvollziehbar

Letztendlich funktioniert die DSGVO als Compliance-Anforderung nur dann, wenn sich Organisationsroutinen und -kulturen ändern und Anforderungen in der Breite der Organisation als Routine mit dauerhaften Verhaltensänderungen niederschlagen. Vernünftig gestaltete und akzeptierte Methoden können wesentlich dabei helfen, sich in neue Routinen hineinzubewegen. Fachübergreifende Kooperation wird gefördert, sodass Raum für Lernprozesse entsteht. Dafür muss die Komplexität des Themas Datenschutz durch intelligente Tools reduziert werden, um die Anwendung von Datenschutz für die Organisation handhabbar zu gestalten. Das im Artikel beschriebene Vorgehen ermöglicht genau das. Um die praktische Umsetzung zu erleichtern, hat das SHI Stein-Hardenberg Institut, in Zusammenarbeit mit eGovCD – einem SpinOff des Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssysteme FOKUS – dieses methodisch strukturierte und modulare Vorgehen in das Tool PRIMO gegossen. Durch eine datenschutzsensible Prozessgestaltung werden Mitarbeitende dort abgeholt, wo personenbezogene Daten in den Arbeitsprozessen verarbeitet werden. Für jeden Prozess wird gemeinsam ein einheitliches Verständnis geschaffen, sodass Datenschutz nicht getrennt von anderen Bereichen betrachtet oder an Experten wegdelegiert wird. Das hat den großen Vorteil, dass das Thema aus der juristischen Fachecke herausgeholt und die Komplexität reduziert wird, sodass im Ergebnis eine datenschutzkonforme Prozessgestaltung stattfindet. Im Rahmen agiler Vorgehensweisen lässt sich das methodische Vorgehen hervorragend einsetzen, ohne dabei allzu tiefes Datenschutzwissen haben zu müssen. Damit ist PRIMO sowohl ein Tool zur Umsetzung von Datenschutzanforderungen als auch ein Sensibilisierungswerkzeug, das das Lernen in der Organisation untereinander unterstützt.

Prof. Dr. Tino Schuppan hat am SHI Stein-Hardenberg Institut als wissenschaftlicher Leiter am Tool PRIMO-Projekt mitgewirkt; Stefanie Köhl und Heidrun Müller sind am eGovCD) tätig.


Stichwörter: Politik, Datenschutz


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Personen auf einer Bühne, im Vordergrund sieht man Sitzreihen mit Publikum.

Abschlussbericht: Wie kann die Staatsreform gelingen?

[16.07.2025] Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat hat ihren Abschlussbericht an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergeben. Viele ihrer Vorschläge finden sich im Koalitionsvertrag wieder. Die Initiatoren fordern nun eine zügige Umsetzung – auch durch neue Wege wie Modellkommunen. mehr...

Mitglieder der neuen Steuerungsgruppe NOOTS

Registermodernisierung: Operative Phase startet

[15.07.2025] Die Umsetzungsorganisation und die Steuerungsgruppe NOOTS (Nationales Once-Only Technical System) haben jetzt ihre Arbeit aufgenommen. Die Umsetzung der Registermodernisierung geht damit in die nächste Phase. mehr...

Porträtfoto Dörte Schall

Rheinland-Pfalz: Digitalministerin Schall ein Jahr im Amt

[15.07.2025] Die rheinland-pfälzische Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Dörte Schall, hat ein Jahr nach Amtsantritt eine positive Zwischenbilanz gezogen. mehr...

Gruppenfoto lächelnder, sommerlich gekleideter menschen Mvor einem BMDS-Aufsteller.

IT-Planungsrat: Neue Aufgabenorganisation von Bund, Ländern und Kommunen

[14.07.2025] Die Föderale Digitalstrategie will die Verwaltungsdigitalisierung voranbringen – unter anderem durch eine Neuordnung der Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Bei einem ebenenübergreifenden Treffen standen Kfz-Anmeldung und Einkommensprüfung im Fokus. mehr...

Handshake zwischen Digitalminister Wildberger und D21-CEO Müller.

eGovernment Monitor 2025: Bereit für eine rein digitale Verwaltung

[07.07.2025] Die ersten Ergebnisse aus dem eGovernment Monitor 2025 liegen vor. Demnach befürworten zwei Drittel der Deutschen die Vorstellung, dass alle Verwaltungsleistungen bis 2030 ausschließlich digital verfügbar seien. Digitalminister Wildberger versteht die Ergebnisse als klares Signal. mehr...

Rheinland-Pfalz: Ausweitung der EfA-Fertigungsstrecke

[03.07.2025] Das Land Rheinland-Pfalz hat die Ausweitung der EfA-Fertigungsstrecke zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes auf Kommunen beschlossen. Diese sollen so noch leichter digitale Services für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen bereitstellen können. mehr...

eGovernment Benchmark 2025: Behördendienste werden digitaler

[02.07.2025] Zur Halbzeit der Digitalen Dekade 2030 der Europäischen Union zeigt der diesjährige eGovernment Benchmark von Capgemini zwar eine hohe Dynamik bei der Digitalisierung von Behördendiensten auf. Insbesondere bei der Barrierefreiheit der Services und bei Diensten für grenzüberschreitender Nutzer sieht die Studie jedoch weiteren Verbesserungsbedarf. mehr...

3D-Rendering einer Lupe über einem aufgeschlagenen Buch mit einem Paragrafenzeichen.

Gesetzgebung: Mehr Praxisnähe für den Digitalcheck

[01.07.2025] Der Digitalcheck sorgt dafür, dass neue Gesetzesvorhaben auch digital umsetzbar sind. Die darin formulierten Grundprinzipien für digitaltaugliches Recht wurden überarbeitet, um die Anwendung in der Praxis zu erleichtern und um europäische Vorgaben zu integrieren. mehr...

Nahaufnahme eines Besens, der einen mutmaßlichen Bürofußboden kehrt.

Saarland: Zwischenfazit zur Modernisierung der Landesverwaltung

[27.06.2025] Das Saarland zieht Bilanz zur bisherigen Reform der Landesverwaltung. Wesentliche Fortschritte gab es bei Bauordnung, digitaler Bildung und interner Digitalisierung. Zudem gelten ab dem 1. Juli neue Wertgrenzen für die Vergabe, welche die Beschaffung vereinfachen. mehr...

Gruppenbild der IT-Planungsrats-Mitglieder vor einer weinbewachsenen Fachwerk-Ziegel-Wand.

IT-Planungsrat: Wichtige Weichenstellung für die Digitalstrategie

[27.06.2025] Bei seiner letzten Sitzung hat der IT-Planungsrat erste Projektvorhaben der föderalen Digitalstrategie beschlossen. Zugleich gab das Gremium grünes Licht für das Umsetzungsprogramm einer einheitlichen föderalen Postfach- und Kommunikationsinfrastruktur und begrüßte zwei neue Mitglieder. mehr...

Bund/Nvidia: Weitreichende Kooperation

[18.06.2025] Deutschland soll führender Standort für KI-Forschung, -Entwicklung und -Anwendung werden. Bundeskanzler Friedrich Merz und Nvidia-CEO Jensen Huang haben in einem persönlichen Gespräch eine Kooperation vereinbart, die zum Aufbau einer starken KI-Infrastruktur beitragen soll. mehr...

Die rheinland-pfälzische Digitalministerin Dörte Schall beim Strategietag 2025.

Rheinland-Pfalz: Zwischenbilanz zur Digitalisierung

[03.06.2025] Auf dem Strategietag in Worms zog Rheinland-Pfalz eine positive Zwischenbilanz zur Umsetzung der Digitalstrategie: 73 Prozent der Maßnahmen laufen, 20 Prozent sind abgeschlossen. Der Austausch diente auch der Weiterentwicklung der Strategie für 2026 und 2027. mehr...

Montage: ein aufgeklappter Laptop, er Monitor enthält Karteischubladen, eine davon ist ausgezogen und ragt aus dem Bildschirm heraus.

Bund: Grundlage für Once-Only beschlossen

[03.06.2025] Das Bundeskabinett hat dem NOOTS-Staatsvertrag zugestimmt. Das Gesetzgebungsverfahren startet nun auf Bundesebene. NOOTS soll eine technische Infrastruktur schaffen, über die Behörden Verwaltungsdaten sicher austauschen können. mehr...

Hessen: Grüner Gesetzentwurf für KI in der Verwaltung

[28.05.2025] Die Grünen im Hessischen Landtag haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Rechtssicherheit für die KI-Nutzung in der Verwaltung schaffen will. Automatisierte Entscheidungen sollen dauerhaft ermöglicht, Beschäftigte entlastet und Transparenz für Bürgerinnen und Bürger sichergestellt werden. mehr...

Bundesdigitalminister Karsten Wildberger und die französische Digitalministerin Clara Chappaz schütteln sich demonstrativ die Hand.

Deutschland/Frankreich: Starke digitale Partnerschaft

[27.05.2025] Bundesdigitalminister Karsten Wildberger hat sich in Berlin mit Frankreichs Digitalministerin Clara Chappaz getroffen. Beide kündigten an, gemeinsam den Aufbau einer europäischen Digital Public Infrastructure und eine innovationsfreundliche KI-Politik voranzubringen. mehr...