Digitaler LänderkompassHamburg verweist auf Mängel

[02.07.2019] In dem vom eco Verband der Internetwirtschaft vorgelegten Digitalen Länderkompass belegt Hamburg den letzten Platz. In einer ersten Stellungnahme kritisiert das Hamburger Amt für IT und Digitalisierung methodische und inhaltliche Mängel, wodurch die Studie an Aussagekraft verliere.

Das Amt für IT und Digitalisierung in der Senatskanzlei der Freien und Hansestadt Hamburg weist auf methodische und inhaltliche Mängel des Digitalen Länderkompasses vom eco Verband der Internetwirtschaft (wir berichteten) hin. Laut der Studie belegt Hamburg hinsichtlich der Digitalisierungsfortschritte den letzten Platz unter den 16 Bundesländern. Das Amt für IT und Digitalisierung bemängelt beispielsweise, dass ein nahezu fünf Jahre alter Koalitionsvertrag als einzige Quelle für Hamburgs Digitalisierungsfortschritte herangezogen wird. „Zum einen werden dadurch wichtige, nachträglich definierte und erreichte Digitalisierungsmeilensteine nicht berücksichtigt“, heißt es in der Stellungnahme der Behörde. „Zum anderen werden Digitalisierungsziele, die bereits vor Niederschrift des Koalitionsvertrags erreicht wurden und deshalb nicht in diesen aufgenommen wurden, einfach ignoriert.“ So erhalte Hamburg im Länderkompass Punkte und damit die Note 6 für das Kriterium E-Rechnung, da es laut Studie keine Fundstellen im Koalitionsvertrag gebe. Dabei habe sich die E-Rechnung in Hamburg schon in der vorigen Legislaturperiode in Umsetzung befunden und sei deshalb nicht in den Koalitionsvertrag für die aktuelle Legislaturperiode aufgenommen worden. Im Länderkompass werde das nicht berücksichtigt – obwohl Hamburg Spitzenreiter bei den verarbeiteten elektronischen Rechnungen sei.

Nicht nur ungenau, sondern falsch

Auch stehe die Bewertung anderer Bundesländer für den Länderkompass auf einer breiteren Quellenbasis als die Bewertung Hamburgs. „Denn für diejenigen Länder, die laut dem Digitalen Länderkompass über eine Digitalisierungsstrategie verfügen, wird auch diese Strategie als Primärquelle für die Punktevergabe herangezogen“, erläutert das Amt für IT und Digitalisierung seine Kritik. „Problematisch ist, dass Hamburg eine solche Digitalisierungsstrategie explizit abgesprochen wird, obwohl der Senat bereits im Jahr 2015 die Strategie Digitale Stadt beschlossen und seither konsequent umgesetzt hat.“
In Folge dieser Strategie sind laut Digitalisierungsamt unter anderem weitere, bereichsspezifische Digitalstrategien entwickelt worden, etwa die Strategie für Intelligente Transportsysteme oder Digital First. Auch das bleibe in der Betrachtung von eco unberücksichtigt. „Dass Hamburg nach fast fünf Jahren aktuell an einer neuen – sehr umfassenden und umsetzungsorientierten – Digitalisierungsstrategie arbeitet, ist für die Autoren des Digitalen Länderkompass Grund genug zu glauben, dass es noch keine Strategie gebe“, führt Hamburg die Kritik weiter aus. „Damit lässt die Studie grundlegende Standards wissenschaftlicher Quellenarbeit vermissen. Insofern die Strategie Digitale Stadt den Autoren gar nicht bekannt ist, kann Hamburg auch keine Ranking-Punkte für die in dieser Strategie vorgesehenen Maßnahmen erhalten.“
Abermals Punkte hat Hamburg in der Kategorie Datenschutz erhalten. Auch hier werden fehlende Fundstellen im Koalitionsvertrag als Begründung genannt. „Doch ein Blick in den Koalitionsvertrag ,Zusammen schaffen wir das moderne Hamburg‘ genügt, um darin ein ganzes, dem Datenschutz gewidmetes Kapitel mit eindeutigem Digitalisierungsbezug zu finden“, bemängelt Hamburg. „Und auch in weiteren Kapiteln wie ,Wirtschaftskraft nachhaltig stärken‘ werden mit dem Datenschutz im digitalen Zeitalter explizite Ziele verknüpft. Somit ist die Aussage, dass sich im Koalitionsvertrag keine Fundstellen zum Datenschutz fänden, nicht bloß ungenau, sondern falsch.“

Ungleiche Bewertung

Dem gesamten Digitalen Länderkompass scheint keine einheitliche Bewertungsmatrix zugrunde zu liegen, mutmaßt das Digitalisierungsamt Hamburg. Die Länder erhalten für die Existenz eines Digitalministeriums Ranking-Punkte. Folglich erhält Hamburg aufgrund der digitalisierungsbezogenen Aufgabenteilung zwischen dem Senator für Kultur und Medien und der Staatskanzlei mit dem Amt für IT und Digitalisierung Punkte in dieser Kategorie. Baden-Württemberg hingegen werde ebenfalls kein zentralisiertes Digitalministerium bescheinigt, da Überschneidungen in den Zuständigkeiten vorliegen. Trotzdem erhält das Land zwei Punkte in der Bewertungsskala. Widersprüchliche Angaben mache der Länderkompass zudem für Hessen. Darin heißt es: „Hessen hat als erstes Land ein Digitalministerium. Dies ist aber nicht eigenständig, sondern Teil der Staatskanzlei.“ Bei Hessen handelt es sich also um ein ähnliches Konstrukt wie in Hamburg mit dem Amt für IT und Digitalisierung in der Senatskanzlei, das formal kein Ministerium ist, aber ministerielle Aufgaben wahrnimmt, konstatiert Hamburg. Trotzdem erhalte Hessen drei und nicht Punkte.

Inhaltliche Mängel

Die methodischen Mängel ziehen diverse inhaltliche Probleme der Studie nach sich, welche in der Stellungnahme nicht erschöpfend aufgeführt werden können, heißt es vonseiten Hamburgs weiter. So erhalte die Freie und Hansestadt beispielsweise im Bereich Breitband-Ausbau Punkte, obwohl Hamburg nachgewiesenermaßen eine im Vergleich zu anderen Ländern hervorragende Breitband-Versorgung habe, wie sich an Angaben der Bundesregierung ablesen lasse. Das gelte auch für die Glasfaserversorgung des Stadtstaats. Ferner verfüge Hamburg über eine gute und nahezu flächendeckende Mobilfunkabdeckung mit dem aktuellen Technologiestandard LTE, die auch in den Tunneln der U- und S-Bahnen verfügbar sei. Das Amt für IT und Digitalisierung weist in seiner Stellungnahme außerdem auf ein breites Unterstützungsangebot für die digitale Transformation der Hamburger Unternehmen hin.
Auch die Punkte in der Kategorie federführender Ausschuss sind aus Hamburger Sicht nicht gerechtfertigt: „Dass in Hamburg der Unterausschuss IuK-Technik und Verwaltungsmodernisierung mit 11 Mitgliedern in diesem Bereich federführend ist, bleibt unberücksichtigt.“
Auch im Bereich Internet of Things attestiert das Länderranking der Freien und Hansestadt Punkte. „Dass Hamburg hier seit vielen Jahren im Bereich Intelligente Verkehrssysteme (ITS) eine Vorreiterrolle einnimmt, im Jahr 2021 gar den ITS-Weltkongress ausrichtet und es auch zu ITS bereits seit 2016 eine eigenständige Senatsstrategie gibt, oder dass Hamburg mit der Urban Data Platform seit Jahren auf höchstem Innovationsniveau im IoT- und Urban-Data-Bereich aktiv ist, bleibt unberücksichtigt“, merkt Hamburg an. Und weiter: „Nicht unerwähnt sollte in dieser kurzen Stellungnahme bleiben, dass Hamburg für seine Digitalisierungsaktivitäten erst vor kurzem mit zwei Preisen im Rahmen des renommierten E-Government-Wettbewerbs (wir berichteten) ausgezeichnet wurde.“ Zudem belege Hamburg bei fast allen anderen Smart-City- und Digitalisierungsstudien – national wie auf europäischer Ebene – regelmäßig Spitzenplätze, zuletzt beispielsweise als beste digitale Verwaltung im Deutschland-Index des Fraunhofer Instituts für Offene Kommunikationssysteme FOKUS und des Kompetenzzentrums Öffentliche IT.

Die Grundidee ist eigentlich gut

„Insgesamt liegt dem Digitalen Länderkompass eine wichtige und mit allen Mitteln zu unterstützende Forschungsabsicht zugrunde“, schließt das Amt für IT und Digitalisierung die Hamburger Stellungnahme. „Doch gerade deshalb sollten die Autoren bei der Fortschreibung auf methodische Korrektheit und Wissenschaftlichkeit achten. Dies wäre letztlich nicht nur der Bewertung Hamburgs und der anderen Länder, sondern zugleich der Digitalisierung in Deutschland dienlich.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Gruppenbild der Teilnehmenden an der Sitzung des Kommunalgremiums.

IT-Planungsrat: Kommunaler Input zu digitalstrategischen Themen

[22.10.2025] Der IT-Planungsrat stellt die strategischen Weichen für die Verwaltungsdigitalisierung – und bindet dabei auch kommunale Perspektiven ein. Beim letzten Treffen des Kommunalgremiums ging es um die zentralen Bereitstellung von EfA-Leistungen und eine Aufgabenneuordnung zur Entlastung von Kommunen. mehr...

Outdoor-Gruppenbild des IT-Planungsrates im Sommer 2025

IT-Planungsrat: Strategische Umsetzungsvorhaben vorgestellt

[21.10.2025] Strategische Digitalisierungsprojekte aus Bund und Ländern werden ab sofort auf der Website des IT-Planungsrats präsentiert. Die 22 Vorhaben sollen zeigen, wie die föderale Digitalstrategie in Bereichen wie KI, Cloud, Schnittstellen und Netzinfrastrukturen in Zukunft konkret umgesetzt wird. mehr...

Diagramme und Datenvisualisierung in leuchtenden Farben.

Bitkom-Dataverse: Datenbank zum digitalen Deutschland

[21.10.2025] Mit dem Bitkom-Dataverse soll das größte kostenlose Onlineportal mit Zahlen und Statistiken zum Digitalen Deutschland entstehen. Es umfasst Daten unter anderem aus den Bereichen Bildung, Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Verwaltung sowie Mobilität. Auch die Bitkom-Indizes wie der Länderindex oder Smart-City-Index sind enthalten. mehr...

Minister Manfred Pentz.

Hessen: Bürokratieabbau nutzt allen

[15.10.2025] Hessens Entbürokratisierungsminister Manfred Pentz hat im Landtag das Erste Bürokratieabbaugesetz vorgestellt. Das Gesetzespaket mit 120 Maßnahmen wurde vom Kabinett beschlossen, um Verwaltung, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger spürbar zu entlasten. mehr...

Berliner Rathaus, daneben der Fernsehturm

Berlin: Schritte zur Verwaltungsreform

[14.10.2025] Mit einem ressortübergreifenden Vorgehen startet Berlin die Umsetzung seiner umfassenden Verwaltungsreform. Ziel ist eine einheitlich gesteuerte, moderne Verwaltung: mit klaren Zuständigkeiten, digitaler Infrastruktur und mehr Transparenz über Vorschriften und Prozesse. mehr...

Schleswig-Holstein: Tempo für die Digitalisierung – per Gesetz

[13.10.2025] Mit einem Digitalisierungsbeschleunigungsgesetz will Schleswig-Holstein vollständig digitale Verwaltungsprozesse, ein Datendoppelerhebungsverbot und eine Pflicht zur elektronischen Registerführung einführen. Der Entwurf geht jetzt in die Verbändeanhörung. mehr...

Dr. Karsten Wildberger , Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung hält seine Keynote auf der SCCOn 2025
bericht

BMDS: „Wir haben Wildwuchs entwickelt.“

[07.10.2025] Bundesdigitalminister Karsten Wildberger stellte auf der Smart Country Convention in Berlin die Modernisierungsagenda der Bundesregierung vor. Als deren dickstes Brett bezeichnete er die Verwaltungsdigitalisierung. mehr...

NKR-Jahresbericht 2025: Klarer Kurs Richtung Bürokratieabbau

[07.10.2025] Der Nationale Normenkontrollrat hat Bundesdigitalminister Karsten Wildberger seinen Jahresbericht 2025 übergeben. Das Gremium sieht Fortschritte beim Bürokratieabbau, warnt aber vor neuen Belastungen. Für echten Wandel fordert es verbindliche Standards und klare politische Steuerung. mehr...

Porträt des NKR-Vorsitzenden Lutz Goebel vor dunklem Hintergrund.

NKR: Die Modernisierungsagenda ist erst der Anfang

[06.10.2025] Der Nationale Normenkontrollrat drängt in einem Statement zur jüngst beschlossenen Modernisierungsagenda des Bundes auf eine politisch klar gesteuerte Umsetzung. Nur so ließen sich Bürokratieabbau, Verwaltungsreformen und föderale Abstimmung wirksam erreichen. mehr...

Bund/Länder: Föderale Modernisierungsagenda soll kommen

[06.10.2025] Bund und Länder wollen bis Dezember eine Föderale Modernisierungsagenda erarbeiten, welche die Modernisierungsagenda des Bundes ergänzt. Auf dem Bund-Länder-Panel der SCCON betonten Vertreterinnen und Vertreter beider Ebenen die Bedeutung gemeinsamer Pilotprojekte und engen Austauschs. mehr...

Screenshot aus dem Dashboard Digitale Verwaltung

Bayern: Digitalstrategie wirkt

[06.10.2025] Bayerns Kommunen liegen in puncto Digitalisierung bundesweit vorne. Das zeigt das Dashboard Digitale Verwaltung, wo der Freistaat die ersten 50 Plätze belegt und auch die Top 100 dominiert. Das Digitalministerium führt dies unter anderem auf die zentral bereitgestellten BayernPackages zurück. mehr...

Blick über an einen langen Tisch, an dem Regierungsmitglieder sitzen.

Bund: Fahrplan für den modernen Staat

[02.10.2025] Die Bundesregierung hat ihre Modernisierungsagenda als einen bindenden Fahrplan mit klaren Fristen und Monitoring beschlossen. Über 80 Maßnahmen in fünf Handlungsfeldern sollen Bürokratie abbauen und Bürger, Unternehmen wie auch die Verwaltung selbst entlasten. mehr...

Ein Tortendiagramm zeigt den Umsetzungsstand digitaler Vorhaben in Bundesministerien, führend ist das Digitalministerium.

Bitkom: Neuer Monitor Digitalpolitik

[30.09.2025] Mit seinem neuen Monitor Digitalpolitik stellt der Bitkom einen Statusbericht zur Digitalpolitik bereit. Das erste Fazit: Das Digitalministerium zeigt Wirkung – aber mehr als die Hälfte der digitalpolitischen Vorhaben dieser Legislatur wartet noch auf den Startschuss. mehr...

Notebook auf gelber Tischplatte, darauf liegen Bündel von Euro-Scheinen in variierter Stückelung.

Bitkom: Digitalisierung vor Ort voranbringen

[30.09.2025] Mit Blick auf die heute beginnende Kabinettsklausur legt der Bitkom eine Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung vor. Sie fordert eine Föderalismusreform und verbindliche IT-Standards, um Bund und Kommunen zu engerer Zusammenarbeit bei der Verwaltungsdigitalisierung zu verpflichten. mehr...

Außenansicht des klassizistischen Bundesratsgebäudes, im Vordergrund blühender Rhododendron.

Bundesrat: Eigener Ausschuss für Digitales

[29.09.2025] Der Bundesrat hat die Einrichtung eines ständigen Ausschusses für Digitales und Staatsmodernisierung beschlossen. Damit sollen Digitalthemen künftig gebündelt und so die zentrale Bedeutung der Digitalisierung und Modernisierung des Staates strukturell gestärkt werden. mehr...