Smart Country ConventionKein Ende in Sicht

Die Smart Country Convention fand als digitale Special Edition statt. Zu den Keynote-Speakern gehörte unter anderem EU-Vizepräsidentin Margrethe Vestager.
(Bildquelle: Messe Berlin GmbH)
Fast scheint es, als sei die Verwaltungsdigitalisierung eine Fata Morgana: Je mehr man sich dem selbstgesetzten Ziel nähert, desto weiter rückt es in die Ferne. Das gilt insbesondere für das Onlinezugangsgesetz (OZG), das bis Ende des kommenden Jahres 575 zu realisierende Online-Dienste bei Bund, Ländern und Kommunen vorschreibt. Und wie bei einer echten Fata Morgana handelt es sich dabei nicht um eine Sinnestäuschung, wenn die Hauptakteure nun feststellen, dass das alles nicht mehr zu schaffen ist, sondern um quasi physikalische Phänomene. Großen Antrieb und viel Schwung hat das OZG in die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen gebracht, doch nun ist klar, dass Zeit und Kraft nicht mehr ausreichen, um fristgerecht und flächendeckend liefern zu können. Infolgedessen gilt das OZG nun als „hervorragende Grundlage“ und als „Beginn“ einer weiter andauernden Beschäftigung mit der öffentlichen Digitalisierung.
Zum Eindruck einer Fata Morgana trägt auch bei, dass – obwohl nun einige wichtigen OZG-Leistungen online verfügbar sind – die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger mit der Digitalisierung laut aktuellem eGovernment Monitor 2021 zugenommen hat (wir berichteten). Die Zeit bleibt nicht stehen, und je mehr sich die Menschen an elektronische Dienste aus der Wirtschaft gewöhnt haben, desto größer wird die Erwartungshaltung gegenüber der Verwaltung. Der öffentliche Sektor muss liefern – auch hierin besteht auf Veranstaltungen wie der Smart County Convention große Übereinkunft – und gleichzeitig die Zukunft weiterplanen. Das OZG betrifft ja nur die Schnittstelle vom Bürger zur Verwaltung. Darüber hinaus müssen die Fachverfahren angepasst, die Register modernisiert und nach dem Once-Only-Prinzip ausgerichtet werden.
Lohnender Blick nach Estland
Hier lohnt ein Blick ins Baltikum, nach Estland, von dem es immer heißt, die dortigen Verhältnisse seien nicht übertragbar auf das föderal organisierte Deutschland. Und wo die Kindesgeburt schon seit Jahren eine Kette von automatisierten Verwaltungsakten und Registerzugriffen in Gang setzt, sodass gleich am Folgetag der Bescheid über Sozialleistungen im Mail-Postfach liegt. Henrik Lume von der estnischen Beratungsfirma Nortal benannte in einem Vortrag die vier digitalen Erfolgsfaktoren des kleinen Landes, die recht vernünftig klingen: Erstens eine hohe Datenqualität nach stringenten Mustern, zweitens eine einheitliche elektronische ID, drittens elektronische Signaturen als Schriftformersatz und viertens Interoperabilität zwischen Staat und Wirtschaft. Von allen Punkten ist man hierzulande noch weit entfernt, und dennoch sind sie die Voraussetzung für das weitere Gelingen.
In Estland hat man von Anbeginn auf den elektronischen Ausweis gesetzt, der gleichzeitig auch für wirtschaftliche Transaktionen wie Banking genutzt wird. 1,5 Milliarden Transaktionen werden damit pro Jahr in einem Land mit 1,2 Millionen Einwohnern getätigt. Hierzulande müssen Akteure wie Stephan Klein vom Unternehmen Governikus, das die Ausweis-App entwickelt hat, ständig daran erinnern, dass ein digitaler Pass längst vorliegt und es nun an der Zeit sei, diesen mit großem Marketing-Aufwand unters Volk zu bringen sowie seine Bedeutung und Funktion zu erklären.
Ohne die Privatwirtschaft geht es nicht
Als die US-Firma Apple unlängst die Möglichkeit eröffnete, Führerschein und Personalausweis digital in der so genannten Wallet auf dem iPhone zu hinterlegen, überkam viele ein ungutes Gefühl: Staatliche Hoheitlichkeit an Privatunternehmen abgeben? An diesem Einwand ist vielleicht nur richtig, dass man sie im Zuge der Sorge um digitale Souveränität nicht unbedingt einem amerikanischen Unternehmen anvertrauen sollte. Doch ohne die Privatwirtschaft geht es offenbar nicht voran.
Für Lars Zimmermann vom neu gegründeten GovTech Campus, einem Zusammenschluss von öffentlicher Verwaltung, Wissenschaft und Gründerszene, muss es Wege geben, damit „externe Innovationen in den Staat gelangen“. Der Staat sei kein Innovator und könne keine Technologien entwickeln, sondern diese nur bereitstellen und nutzen, so Zimmermann. Infolgedessen will sich der Campus ab nächstem Jahr als Marktplatz für die GovTech-Szene etablieren.
Weiter große Herausforderungen
Um weitreichende und wichtige Kooperationen mit der Privatwirtschaft kommt der öffentliche Sektor folglich nicht umhin. Das fängt bei GAIA-X mit den dominant auftretenden Hyperscalern an und hört beim IT-Mittelstand mit seinen etablierten Fachverfahren nicht auf. Die Aufgabenliste und damit die Herausforderungen wachsen weiter an. Allein das OZG hat viele bislang ungeklärte Fragen aufgeworfen: Wie sollen die Organisation und Finanzierung der Einer-für-Alle-(EfA)Dienste funktionieren? Wie können existierende Fachverfahren daran angebunden werden? Wer kommt für Pflege und Wartung der Systeme auf?
William Schmitt, Vitako-Vorstand und Vorstand des baden-württembergischen IT-Dienstleisters Komm.ONE, brachte die bundesweite govdigital-Genossenschaft, in der kommunale und öffentliche IT-Dienstleister und Städte organisiert sind, ins Spiel, um die OZG-Umsetzung zu beschleunigen: „Sinnvoll wäre eine gemeinsame Entität“, so Schmitt, „die die Power hat, den Leistungsaustausch zu betreiben“. Gedacht ist an einen Marktplatz für EfA-Dienste, Standards und Fachverfahren.
Abhängigkeiten auflösen
Auch aus europäischer Perspektive sind die nächsten Jahre entscheidend, um aus diesem Jahrzehnt tatsächlich eine „Digital Decade 2030“ zu machen. EU-Vizepräsidentin und Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager machte in ihrer Keynote deutlich, dass in Europa vor allem das Bewusstsein für Skalierung fehle. Es gebe Innovationen, Gründer und gute Ideen unter den vielen kleinen und mittelständischen europäischen IT-Unternehmen. Woran es jedoch hapere, sei schnelles Wachstum.
Tags zuvor hatte sich Vestager mit politischen Koalitionären getroffen, um Mitstreiter für die Regulierung der Tech-Giganten zu finden. Auf der Smart Country Convention betonte sie, dass Europa zu abhängig sei von Chips aus China und Software und Plattformen aus den USA. Sie versprach größere Investitionen in die Ausbildung von Expertinnen und Experten: „Man darf nicht nur Ziele definieren und Fördergelder bereitstellen, sondern wir brauchen vor allem fähige, gut ausgebildete Menschen“.
Rheinland-Pfalz: Zwischenbilanz zur Digitalisierung
[03.06.2025] Auf dem Strategietag in Worms zog Rheinland-Pfalz eine positive Zwischenbilanz zur Umsetzung der Digitalstrategie: 73 Prozent der Maßnahmen laufen, 20 Prozent sind abgeschlossen. Der Austausch diente auch der Weiterentwicklung der Strategie für 2026 und 2027. mehr...
Bund: Grundlage für Once-Only beschlossen
[03.06.2025] Das Bundeskabinett hat dem NOOTS-Staatsvertrag zugestimmt. Das Gesetzgebungsverfahren startet nun auf Bundesebene. NOOTS soll eine technische Infrastruktur schaffen, über die Behörden Verwaltungsdaten sicher austauschen können. mehr...
Hessen: Grüner Gesetzentwurf für KI in der Verwaltung
[28.05.2025] Die Grünen im Hessischen Landtag haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Rechtssicherheit für die KI-Nutzung in der Verwaltung schaffen will. Automatisierte Entscheidungen sollen dauerhaft ermöglicht, Beschäftigte entlastet und Transparenz für Bürgerinnen und Bürger sichergestellt werden. mehr...
Deutschland/Frankreich: Starke digitale Partnerschaft
[27.05.2025] Bundesdigitalminister Karsten Wildberger hat sich in Berlin mit Frankreichs Digitalministerin Clara Chappaz getroffen. Beide kündigten an, gemeinsam den Aufbau einer europäischen Digital Public Infrastructure und eine innovationsfreundliche KI-Politik voranzubringen. mehr...
Bundestag: Grundsatzrede zur Digitalpolitik
[20.05.2025] Digitalminister Karsten Wildberger sieht in der Verwaltungsmodernisierung einen Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands – und stellt im Bundestag konkrete Pläne für Infrastruktur, Datenpolitik und digitale Identitäten vor. mehr...
Thüringen: Eine neue CIO für das Land
[16.05.2025] Die Unternehmerin Milen Starke – zuvor geschäftsführende Gesellschafterin beim IT-Dienstleister Q-Soft – wird neue Staatssekretärin für Digitales und CIO des Landes Thüringen. Damit wird die Vakanz nach dem Ausscheiden des bisherigen CIO Hartmut Schubert neu besetzt. mehr...
Digitalministerkonferenz 2025: Impulse für die digitale Zukunft
[15.05.2025] Auf der 3. Digitalministerkonferenz wurden unter anderem Beschlüsse gefasst, um die digitale Souveränität in Europa zu stärken. Im Fokus standen außerdem die Weiterentwicklung der politischen Rahmenbedingungen für Künstliche Intelligenz (KI) sowie die Auswirkungen von KI auf Demokratie und Meinungsbildung. mehr...
IT-Planungsrat: Erfolgreiche Klausurtagung
[14.05.2025] Bei seiner Klausurtagung in Mecklenburg-Vorpommern diskutierte der IT-Planungsrat wichtige Weichenstellungen in der Verwaltungsdigitalisierung und Staatsmodernisierung. Im Fokus standen die Registermodernisierung und die Weiterentwicklung der Deutschland-Architektur. mehr...
Schleswig-Holstein/Dänemark: Digitale Souveränität in Europa stärken
[13.05.2025] Schleswig-Holstein verfolgt als erstes Bundesland eine Open-Source-Strategie, um digitale Abhängigkeiten in der Landesverwaltung konsequent zu reduzieren. Digitalminister Dirk Schrödter war nun nach Dänemark eingeladen, um vor dem Parlament über den Weg seines Landes in die digitale Souveränität zu sprechen. mehr...
Thüringen: Erste Sitzung des Digitalbeirats
[12.05.2025] Thüringen hat seinen neuen Digitalbeirat offiziell eingesetzt. Er soll die Landesregierung als fachkundiges und unabhängiges Gremium beraten. Zum Auftakt ging es vor allem um digitale Souveränität. mehr...
BMDV/BMDS: Digitalministerium nimmt Arbeit auf
[09.05.2025] Mit Karsten Wildberger als Digitalminister nimmt das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung die Arbeit auf. Es bündelt die Zuständigkeiten aus bisher sechs Ressorts. Wildberger setzt auf Pragmatismus und zügige Umsetzung. mehr...
Berlin: Ernüchternde Bilanz zum Open-Source-Kompetenzzentrum
[02.05.2025] Bei einer Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus zur Entwicklung des Open-Source-Kompetenzzentrums kritisierte die OSBA die bislang schleppende Umsetzung. Ein klares politisches Bekenntnis für Open Source fehle bis heute – ebenso wie die entsprechende Strategie. mehr...
Politik: Karsten Wildberger wird Digitalminister
[29.04.2025] Die Union setzt mit Karsten Wildberger als Digitalminister auf einen erfahrenen Manager. Verbände fordern nun rasch Klarheit über Kompetenzen und Ressourcen des neuen Ressorts. mehr...
Sachsen: Ziele des Koalitionsvertrags begrüßt
[16.04.2025] Sachsen unterstützt die im neuen Koalitionsvertrag umrissenen digitalpolitischen Vorhaben – darunter antragslose Verwaltungsleistungen, die DeutschlandID und zentrale IT-Kompetenzen des Bundes. Auch eine Grundgesetzänderung hält das Land für notwendig. mehr...
IT-Planungsrat / FITKO: Gemeinsamer Jahresbericht für 2024
[14.04.2025] Im gemeinsamen Jahresbericht für 2024 berichten der IT-Planungsrat und die Föderale IT-Kooperation (FITKO) über ihre Tätigkeiten und Erfolge. Erstmals kommen auch die Gremien, Arbeits- und Projektgruppen zu Wort. mehr...