InterviewKoordinierende Rolle

Prof. Dr. Kristina Sinemus, Hessische Staatsministerin für Digitale Strategie und Entwicklung
(Bildquelle: STK/Salome Roessler)
Frau Ministerin Sinemus, Sie sind seit Anfang des Jahres Hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung. Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Amtszeit gesetzt?
Ich möchte den Breitband-Mobilfunkausbau weiter vorantreiben und die weißen Flecken, vor allem im ländlichen Raum, beseitigen. Dafür nehmen wir als Land Hessen 50 Millionen Euro in die Hand. Den Menschen schnell und unbürokratisch Zugang zu wichtigen Dokumenten zu ermöglichen, ist ebenfalls ein Kernanliegen von mir. Ich werde die digitale Verwaltung in meiner Amtszeit weiter voranbringen. Am Herzen liegt mir, die Sorgen der Menschen anzuhören, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und gemeinsam zu erkennen, was Digitalisierung in ihrem Lebensbereich bewirken kann.
Welche Gründe sprachen dafür, diese neue Behörde einzurichten?
Digitalisierung betrifft alle Lebensbereiche. Egal, ob wir beim Arzt sind oder in der Autowerkstatt, ob wir mit unseren Kindern skypen oder online einen Termin bei der Stadtverwaltung vereinbaren: Immer begegnet uns Digitales. Deswegen braucht es ein Querschnittsressort, das sich diesen Themen annimmt. Und das haben wir nun. Wir sind die Bündelungsstelle und werden eine koordinierende Rolle für alle anderen Ministerien haben.
Wie sind die Aufgabenbereiche zwischen Ihnen und dem neuen Hessen-CIO, Patrick Burghardt, Staatssekretär für Digitale Strategie und Entwicklung, abgesteckt?
Staatssekretär Burghardt leitet die Verwaltung unseres neuen Geschäftsbereichs und hat von Finanzminister Thomas Schäfer die Aufgabe des Chief Information Officer (CIO) und Bevollmächtigten der Landesregierung für E-Government und Informationstechnologie übernommen (wir berichteten). Der CIO ist für die strategische Steuerung der gesamten Informationstechnologie und die koordinierende operative Umsetzung von IT-Projekten auf Landesebene ebenso zuständig wie für die qualitative Verbesserung von IT-Verfahren sowie für die Standardisierung und Konsolidierung. Zudem vertritt der CIO Hessens Interessen im IT-Planungsrat. Ich vertrete den gesamten Bereich Digitalisierung nach außen und bin für die politischen Entscheidungen verantwortlich. Darüber hinaus werde ich die Weichen stellen, damit wir in den wichtigen Fragen der Digitalisierung wegweisende Schritte nach vorne gehen.
Wie ist Hessen bei der Digitalisierung im Ländervergleich aufgestellt und wo sehen Sie Nachholbedarf?
Hessen steht beim Breitband-Ausbau sehr gut da. Wir liegen auf Platz drei der deutschen Flächenländer beim Ausbaugrad, bei der Gewerbeversorgung sogar auf Platz eins. Fünf von sechs hessischen Haushalten verfügen über einen Breitband-Anschluss von 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) und mehr. Trotzdem investieren wir enorm weiter. Bei der Verwaltungsdigitalisierung ist Hessen seit vielen Jahren bundesweit ein Vorreiter. Die Einrichtung eines CIO auf Landesebene im Jahr 2003 war eine Pionierentscheidung, der mittlerweile zahlreiche andere Bundesländer gefolgt sind. In den vergangenen Jahren wurde die Digitale Agenda 2020 – der Masterplan für digitales Verwaltungshandeln – auf den Weg gebracht und deren Umsetzung konsequent vorangetrieben. Die Einheit, die zukünftig im Alltag die IT von Bund und Ländern aufeinander abstimmen und gemeinsam weiterentwickeln soll, ist in Hessen angesiedelt. Die Föderale IT-Kooperation, kurz FITKO, wird derzeit in den Räumen der Oberfinanzdirektion in Frankfurt am Main aufgebaut.
„Ich werde die digitale Verwaltung in meiner Amtszeit weiter voranbringen.“
Welches sind aktuell die drängendsten Herausforderungen mit Blick auf die Verwaltungsdigitalisierung in Hessen?
Die Digitalisierung der Verwaltung zum Nutzen aller hessischen Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen ist ein wesentlicher Bestandteil der künftigen politischen Arbeit. Damit diese erfolgreich sein kann, werden ressortübergreifend Kompetenzen gebündelt, Zuständigkeiten neu sortiert und eine Strategie für eine menschliche Digitalisierung erarbeitet, die sich an unseren Werten und Normen orientiert und sich an das Zusammenleben in der digitalen Welt anpasst. Damit die zukünftigen Herausforderungen bewältigt werden können, ist ein klarer politischer Wille notwendig, unterstützt von einem kompetenten und motivierten Team. Und hier ist Hessen sehr gut aufgestellt.
Was sind die größten Herausforderungen im Hinblick auf Onlinezugangsgesetz (OZG) und Portalverbund?
Das Thema Verwaltungsdigitalisierung erhält durch das Onlinezugangsgesetz einen deutlichen Nachdruck, um die gesetzlichen Verpflichtungen umzusetzen. Unsere Kunden erwarten von ihrer Verwaltung ein modernes Gesicht mit der Möglichkeit, einen Großteil der Verwaltungsleistungen online rund um die Uhr zu erledigen. Dies kann nur durch Kooperation im Rahmen einer Gesamtstrategie von Bund, Ländern und Kommunen funktionieren und indem verkrustete Strukturen aufgebrochen und neue Impulse gesetzt werden. Herausfordernd ist hierbei der knappe, selbst auferlegte Zeitraum für die Umsetzung des OZG und die wenigen am Markt verfügbaren Fachkräfte für IT und Digitalisierung.
Wie kann E-Government zum Erfolg geführt werden?
Die Akzeptanz und am Ende die Nutzung der digitalen Verwaltungsangebote und -leistungen sind ausschlaggebend für den Erfolg einer E-Government-Strategie. Was einfach klingt, ist oft schwer umzusetzen: Unsere Prozesse und Angebote müssen aus Nutzersicht grundlegend modernisiert werden. Die Politik ist gefordert, den Rahmen vorzugeben und auch die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen. Zusammen mit allen Beteiligten müssen wir Themen wie DSGVO-konforme Modernisierung der Zugriffe auf öffentliche Register, Interoperabilität der Systeme, Portalverbund, Dokumenten-Management-System 4.0, Cyber-Sicherheit und den Breitband-Ausbau umsetzen. Nebenbei ist die Frage des eklatanten Fachkräftemangels zu lösen, denn – wie überall – muss auch die Verwaltung erheblich nachbessern, um adäquates Personal zu bekommen. Zugleich muss die Öffentlichkeit über alle Kanäle hinweg über die Leistungen der Verwaltungen und Zugangsmöglichkeiten unterrichtet werden, denn Akzeptanz lässt sich nur durch frühzeitige Einbindung der Beteiligten sowie eine breite Information über die Ziele erreichen.
Warum gibt es immer noch so wenig Frauen in Führungspositionen?
Wenn ich in die Wirtschaft schaue, tut sich doch einiges. Julia Jäkel, Vorsitzende der Bertelsmann Content Alliance und Chief Executive Officer des Verlagshauses Gruner + Jahr, Beatrice Guillaume-Grabisch, Vorständin für Personal und IT bei Nestlé oder auch die frühere hessische Sozial- und Umweltministerin Silke Lautenschläger sind in ihren Branchen in führenden Positionen tätig. Ich bin der Meinung: Qualität zahlt sich aus – egal ob Mann oder Frau. Davon profitieren Unternehmen und auch die Politik. Allein das aktuelle hessische Kabinett hat fünf Ministerinnen. Das spricht für sich.
Dieser Beitrag wird in der Ausgabe Juli 2019 von Kommune21 erscheinen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
Hessen: Bürokratieabbau nutzt allen
[15.10.2025] Hessens Entbürokratisierungsminister Manfred Pentz hat im Landtag das Erste Bürokratieabbaugesetz vorgestellt. Das Gesetzespaket mit 120 Maßnahmen wurde vom Kabinett beschlossen, um Verwaltung, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger spürbar zu entlasten. mehr...
Berlin: Schritte zur Verwaltungsreform
[14.10.2025] Mit einem ressortübergreifenden Vorgehen startet Berlin die Umsetzung seiner umfassenden Verwaltungsreform. Ziel ist eine einheitlich gesteuerte, moderne Verwaltung: mit klaren Zuständigkeiten, digitaler Infrastruktur und mehr Transparenz über Vorschriften und Prozesse. mehr...
Schleswig-Holstein: Tempo für die Digitalisierung – per Gesetz
[13.10.2025] Mit einem Digitalisierungsbeschleunigungsgesetz will Schleswig-Holstein vollständig digitale Verwaltungsprozesse, ein Datendoppelerhebungsverbot und eine Pflicht zur elektronischen Registerführung einführen. Der Entwurf geht jetzt in die Verbändeanhörung. mehr...
BMDS: „Wir haben Wildwuchs entwickelt.“
[07.10.2025] Bundesdigitalminister Karsten Wildberger stellte auf der Smart Country Convention in Berlin die Modernisierungsagenda der Bundesregierung vor. Als deren dickstes Brett bezeichnete er die Verwaltungsdigitalisierung. mehr...
NKR-Jahresbericht 2025: Klarer Kurs Richtung Bürokratieabbau
[07.10.2025] Der Nationale Normenkontrollrat hat Bundesdigitalminister Karsten Wildberger seinen Jahresbericht 2025 übergeben. Das Gremium sieht Fortschritte beim Bürokratieabbau, warnt aber vor neuen Belastungen. Für echten Wandel fordert es verbindliche Standards und klare politische Steuerung. mehr...
NKR: Die Modernisierungsagenda ist erst der Anfang
[06.10.2025] Der Nationale Normenkontrollrat drängt in einem Statement zur jüngst beschlossenen Modernisierungsagenda des Bundes auf eine politisch klar gesteuerte Umsetzung. Nur so ließen sich Bürokratieabbau, Verwaltungsreformen und föderale Abstimmung wirksam erreichen. mehr...
Bund/Länder: Föderale Modernisierungsagenda soll kommen
[06.10.2025] Bund und Länder wollen bis Dezember eine Föderale Modernisierungsagenda erarbeiten, welche die Modernisierungsagenda des Bundes ergänzt. Auf dem Bund-Länder-Panel der SCCON betonten Vertreterinnen und Vertreter beider Ebenen die Bedeutung gemeinsamer Pilotprojekte und engen Austauschs. mehr...
Bayern: Digitalstrategie wirkt
[06.10.2025] Bayerns Kommunen liegen in puncto Digitalisierung bundesweit vorne. Das zeigt das Dashboard Digitale Verwaltung, wo der Freistaat die ersten 50 Plätze belegt und auch die Top 100 dominiert. Das Digitalministerium führt dies unter anderem auf die zentral bereitgestellten BayernPackages zurück. mehr...
Bund: Fahrplan für den modernen Staat
[02.10.2025] Die Bundesregierung hat ihre Modernisierungsagenda als einen bindenden Fahrplan mit klaren Fristen und Monitoring beschlossen. Über 80 Maßnahmen in fünf Handlungsfeldern sollen Bürokratie abbauen und Bürger, Unternehmen wie auch die Verwaltung selbst entlasten. mehr...
Bitkom: Neuer Monitor Digitalpolitik
[30.09.2025] Mit seinem neuen Monitor Digitalpolitik stellt der Bitkom einen Statusbericht zur Digitalpolitik bereit. Das erste Fazit: Das Digitalministerium zeigt Wirkung – aber mehr als die Hälfte der digitalpolitischen Vorhaben dieser Legislatur wartet noch auf den Startschuss. mehr...
Bitkom: Digitalisierung vor Ort voranbringen
[30.09.2025] Mit Blick auf die heute beginnende Kabinettsklausur legt der Bitkom eine Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung vor. Sie fordert eine Föderalismusreform und verbindliche IT-Standards, um Bund und Kommunen zu engerer Zusammenarbeit bei der Verwaltungsdigitalisierung zu verpflichten. mehr...
Bundesrat: Eigener Ausschuss für Digitales
[29.09.2025] Der Bundesrat hat die Einrichtung eines ständigen Ausschusses für Digitales und Staatsmodernisierung beschlossen. Damit sollen Digitalthemen künftig gebündelt und so die zentrale Bedeutung der Digitalisierung und Modernisierung des Staates strukturell gestärkt werden. mehr...
Thüringen: Alle Ressorts für eine effiziente Verwaltung
[26.09.2025] Die Thüringer Landesregierung hat eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, um Verwaltungsreformen voranzubringen. Unter Leitung mehrerer Ressorts werden Strategien gegen den Arbeitskräftemangel erarbeitet, Bürokratieabbau und Automatisierung geprüft. mehr...
Bund/Bayern: Startschuss für Digitalkooperation
[26.09.2025] Wie in Hessen startet auch in sechs bayerischen Pilotkommunen eine neue Digitalkooperation zwischen Bund und Land. Ziel ist es, eine bayern- und bundesweit nutzbare Blaupause zu entwickeln, um OZG-Leistungen schneller in die Fläche zu bringen. mehr...
Rheinland-Pfalz: Fortschreibung der Digitalstrategie
[23.09.2025] Ende dieses Jahres will Rheinland-Pfalz die Weiterentwicklung seiner Digitalstrategie verabschieden. Eine tragende Rolle bei deren Erarbeitung spielt der Digitalrat, der im Frühjahr ins Leben gerufen wurde und sich nun mit zentralen Themenfeldern der Strategie befasste. mehr...