Bundestagswahl„Sicherheit hat oberste Priorität“

[07.06.2021] Cyber-Angriffe und Desinformation sind im Vorfeld von Wahlen normal geworden. Bundeswahlleiter Georg Thiel und der Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, warnten bei einem Pressegespräch vor einer komplexen Bedrohungslage.
Bundeswahlleiter Georg Thiel warnt vor irreführenden und falschen Informationen zur Bundestagswahl.

Bundeswahlleiter Georg Thiel warnt vor irreführenden und falschen Informationen zur Bundestagswahl.

(Bildquelle: Der Bundeswahlleiter)

Nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am gestrigen Sonntag (6. Juni 2021) stehen noch sechs Wahlen in diesem Jahr an, als größte und wichtigste sicherlich die Bundestagswahl am 26. September. Im Vorfeld gilt das Augenmerk vieler staatlicher Institutionen, allen voran der Bundeswahlleiter und des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als zuständige Sicherheitsbehörde, den potenziellen Gefahren und Gefährdungen im Wahlumfeld und in der Kommunikation. Insbesondere die sozialen Medien geraten ins Blickfeld der Sicherheitsfachleute, da dort schon bei vorherigen Wahlen gezielte Desinformation betrieben wurde. Zudem führe die zunehmende Digitalisierung dazu, dass sich die Menschen immer mehr im Internet informieren. Auch zeigen Erfahrungen aus dem Ausland, dass Cyber-Angriffe und Desinformation zu einer neuen Normalität im Vorfeld von Wahlen geworden sind.

Fake News und Cyber-Angriffe

„Sicherheit hat oberste Priorität“, sagte Bundeswahlleiter Georg Thiel Mitte Mai bei einem Pressegespräch des BSI. Alle Beteiligte arbeiteten eng und seit Langem zusammen. Neben dem Bundeswahlleiter sind das die Landeswahlleitungen, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und das BSI. Insgesamt 700.000 Helferinnen und Helfer sind am Wahltag im Einsatz. Da der Bundeswahlleiter für die organisatorische Vorbereitung und Bekanntgabe des vorläufigen Wahlergebnisses verantwortlich ist, muss sichergestellt sein, dass die Durchführung der Wahl und die Bekanntgabe ordnungsgemäß verlaufen. Thiel machte in diesem Zusammenhang auf verstärkt irreführende und falsche Informationen aufmerksam, die in Umlauf gebracht würden. Unterschiedliche Akteure würden gezielten Einfluss auf die Meinungsbildung durch Desinformationskampagnen und Cyber-Angriffe ausüben.

Sicherheitsbehörden im Einsatz

Vor allem in sozialen Netzwerken machen Falschinformationen leicht die Runde. Thiel nannte das Beispiel von Fotos, die offene und auch während der Phase der Briefwahl für jeden zugängliche Wahlurnen zeigen. „Dieser Einfluss kann sich insbesondere gegen die souveräne politische Willensbildung der Bundesrepublik Deutschland und der Wähler richten.“ Es habe sich gezeigt, dass sowohl inländische als auch Akteure fremder Staaten die Urheber solcher Falschinformationen sein können, sodass sowohl das Bundesministerium des Innern als auch die Sicherheitsbehörden (Bundesamt für Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt, Nationales Cyberabwehrzentrum) das Geschehen sehr genau beobachten.
Von einer komplexen Bedrohungslage spricht BSI-Präsident Arne Schönbohm und warnt vor Störungen und Sabotageversuchen etwa durch Trojaner: „Schon die Verbreitung von Mutmaßungen, dass es Manipulationen gegeben haben könnte, könnte Zweifel an der Legitimität des Wahlergebnisses schüren.“ Vorfälle wie die Angriffe auf die Mitgliederanmeldeformulare beim CDU-Parteitag, die Solarwinds-Hacks oder auf die Angriffe auf Nexxt-Change-Email-Clients, die in Verwaltungen, Parteien und Verbänden eingesetzt werden, legten nahe, dass „die IT-Sicherheitslage im Wahljahr 2021 möglicherweise bedrohlicher ist als sonst“. Auch im Ausland habe es Spionageangriffe etwa auf das Wahlkampf-Team im US-Präsidentschaftswahlkampf gegeben oder in Frankreich die Macron-Leaks.

Rotes Telefon

Um die Integrität der Wahl zu schützen, setzt das BSI laut Schönbohm auf Prävention, Detektion und Reaktion für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Es gelte sowohl den Kernwahlprozess zu stärken als auch die Resilienz gegen technische Manipulationsversuche zu erhöhen. Hier sieht sich das BSI zusammen mit den Sicherheitsbehörden gut aufgestellt und leistet Unterstützung bei der Absicherung der IT und der elektronischen Abstimmung. In die Resilienz ist auch das Wahlumfeld einbezogen, das heißt sowohl die Parteien als auch ihre Kandidaten. Die Lagebeobachtung bezieht auch soziale Medien mit ein und leistet Beratung und Unterstützung bei Vorfällen. Schönbohm erklärte: „Wir haben ein so genanntes Rotes Telefon zu den IT-Verantwortlichen der Plattformen eingerichtet, das heißt, Facebook, Google, Twitter und andere sind für uns jederzeit erreichbar.“
Darüber hinaus hat das BSI Sensibilisierungskampagnen in Form von Webinaren angeboten, an denen bislang 176 Mitglieder des Bundestags teilgenommen haben. Zu den weiteren organisatorischen und informationstechnischen Maßnahmen zählen die Notfallplanung mit Krisenstäben und Rufbereitschaften und ein enger Austausch mit den Sicherheitsbehörden. An die Bürgerinnen und Bürger appellierte Schönbohm, ihre Geräte auf dem neuesten Sicherheitsstand zu halten, sodass Missbrauch durch Bot-Netze oder Kampagnen mit Fake-Absender verhindert werden. Auch solle man nicht jede Nachricht aus dem Netz unbesehen glauben, sondern kritisch hinterfragen und auf dubiose Quellen prüfen.

Abwehr staatlich unterstützter Desinformation

Dass gerade soziale Netzwerke zum Problem geworden sind, zeigt auch die jüngste Initiative der Bundesregierung. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, ist Deutschland zur Abwehr von Desinformationskampagnen vor allem aus Russland nun der Internationalen Partnerschaft zur Abwehr staatlich unterstützter Desinformation (IPCSD) beigetreten, die 2018 auf Betreiben Großbritanniens gegründet wurde. Der Auswärtige Dienst der EU sieht Deutschland im gezielten Fokus russischer Desinformation. In einer Datenbank seien seit 2015 schon 700 Fälle registriert worden.

Helmut Merschmann




Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Porträt des NKR-Vorsitzenden Lutz Goebel vor dunklem Hintergrund.

NKR: Die Modernisierungsagenda ist erst der Anfang

[06.10.2025] Der Nationale Normenkontrollrat drängt in einem Statement zur jüngst beschlossenen Modernisierungsagenda des Bundes auf eine politisch klar gesteuerte Umsetzung. Nur so ließen sich Bürokratieabbau, Verwaltungsreformen und föderale Abstimmung wirksam erreichen. mehr...

Bund/Länder: Föderale Modernisierungsagenda soll kommen

[06.10.2025] Bund und Länder wollen bis Dezember eine Föderale Modernisierungsagenda erarbeiten, welche die Modernisierungsagenda des Bundes ergänzt. Auf dem Bund-Länder-Panel der SCCON betonten Vertreterinnen und Vertreter beider Ebenen die Bedeutung gemeinsamer Pilotprojekte und engen Austauschs. mehr...

Screenshot aus dem Dashboard Digitale Verwaltung

Bayern: Digitalstrategie wirkt

[06.10.2025] Bayerns Kommunen liegen in puncto Digitalisierung bundesweit vorne. Das zeigt das Dashboard Digitale Verwaltung, wo der Freistaat die ersten 50 Plätze belegt und auch die Top 100 dominiert. Das Digitalministerium führt dies unter anderem auf die zentral bereitgestellten BayernPackages zurück. mehr...

Blick über an einen langen Tisch, an dem Regierungsmitglieder sitzen.

Bund: Fahrplan für den modernen Staat

[02.10.2025] Die Bundesregierung hat ihre Modernisierungsagenda als einen bindenden Fahrplan mit klaren Fristen und Monitoring beschlossen. Über 80 Maßnahmen in fünf Handlungsfeldern sollen Bürokratie abbauen und Bürger, Unternehmen wie auch die Verwaltung selbst entlasten. mehr...

Ein Tortendiagramm zeigt den Umsetzungsstand digitaler Vorhaben in Bundesministerien, führend ist das Digitalministerium.

Bitkom: Neuer Monitor Digitalpolitik

[30.09.2025] Mit seinem neuen Monitor Digitalpolitik stellt der Bitkom einen Statusbericht zur Digitalpolitik bereit. Das erste Fazit: Das Digitalministerium zeigt Wirkung – aber mehr als die Hälfte der digitalpolitischen Vorhaben dieser Legislatur wartet noch auf den Startschuss. mehr...

Notebook auf gelber Tischplatte, darauf liegen Bündel von Euro-Scheinen in variierter Stückelung.

Bitkom: Digitalisierung vor Ort voranbringen

[30.09.2025] Mit Blick auf die heute beginnende Kabinettsklausur legt der Bitkom eine Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung vor. Sie fordert eine Föderalismusreform und verbindliche IT-Standards, um Bund und Kommunen zu engerer Zusammenarbeit bei der Verwaltungsdigitalisierung zu verpflichten. mehr...

Außenansicht des klassizistischen Bundesratsgebäudes, im Vordergrund blühender Rhododendron.

Bundesrat: Eigener Ausschuss für Digitales

[29.09.2025] Der Bundesrat hat die Einrichtung eines ständigen Ausschusses für Digitales und Staatsmodernisierung beschlossen. Damit sollen Digitalthemen künftig gebündelt und so die zentrale Bedeutung der Digitalisierung und Modernisierung des Staates strukturell gestärkt werden. mehr...

Thüringen: Alle Ressorts für eine effiziente Verwaltung

[26.09.2025] Die Thüringer Landesregierung hat eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, um Verwaltungsreformen voranzubringen. Unter Leitung mehrerer Ressorts werden Strategien gegen den Arbeitskräftemangel erarbeitet, Bürokratieabbau und Automatisierung geprüft. mehr...

Nahaufnahme zweier männlicher Hände beim Handshake.

Bund/Bayern: Startschuss für Digitalkooperation

[26.09.2025] Wie in Hessen startet auch in sechs bayerischen Pilotkommunen eine neue Digitalkooperation zwischen Bund und Land. Ziel ist es, eine bayern- und bundesweit nutzbare Blaupause zu entwickeln, um OZG-Leistungen schneller in die Fläche zu bringen. mehr...

Gruppenfoto des Digitalrats RLP

Rheinland-Pfalz: Fortschreibung der Digitalstrategie

[23.09.2025] Ende dieses Jahres will Rheinland-Pfalz die Weiterentwicklung seiner Digitalstrategie verabschieden. Eine tragende Rolle bei deren Erarbeitung spielt der Digitalrat, der im Frühjahr ins Leben gerufen wurde und sich nun mit zentralen Themenfeldern der Strategie befasste. mehr...

Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus

Bund/Hessen: Digitalisierungsoffensive in Kommunen

[19.09.2025] Im Rahmen der OZG-Umsetzung wurden zahlreiche föderale Verwaltungsleistungen digitalisiert – die Einführung in den Kommunen stockt aber. Der Bund und das Land Hessen wollen nun ein praxistaugliches Modell entwickeln, das den flächendeckenden Roll-out beschleunigt. mehr...

viele Personen sitzen an einem langen Tisch in U-Form

Hamburg: Zukunftsprojekte schneller umsetzen

[10.09.2025] Planungs- und Genehmigungsverfahren für Modernisierungsvorhaben müssen in Deutschland beschleunigt und vereinfacht werden. Wie das gelingen kann, darüber hat sich die Freie und Hansestadt Hamburg nun mit dem Bund beraten. mehr...

Eingangstür des ITDZ Berlin

Berlin: Neues Finanzmodell für das ITDZ

[08.09.2025] Der Berliner Senat will mit einer Gesetzesänderung dem ITDZ Berlin mehr Planungssicherheit geben. Künftig soll der zentrale IT-Dienstleister Rücklagen für Investitionen bilden können; zugleich erhält der Verwaltungsrat mehr Kontrolle über die Preisgestaltung. mehr...

Digitale Souveränität: Gipfel als Signal für Zusammenarbeit in Europa

[03.09.2025] Das deutsche und das französische Digitalministerium laden im November zu einem europäischen Treffen in Berlin ein. Im Mittelpunkt steht die digitale Souveränität. Das Zusammentreffen soll den Austausch fördern, wie Innovationen und digitale Kompetenzen Europas Zukunft sichern können. mehr...

Porträtaufnahme von Fabian Mehring

Bayern: Pilotkooperation mit dem Bund

[01.09.2025] Bayern und der Bund wollen im Herbst eine Pilotkooperation mit mehreren gemeinsamen Projekten starten. Die Schwerpunkte werden dabei die Digitalisierung der Verwaltung und der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) sein. mehr...