RegistermodernisierungTechnisch besser machbar
Die Bundesregierung plant, die Datenregister hinsichtlich des Once-Only-Prinzips zu modernisieren. Bürger und Unternehmen sollen den Verwaltungen persönliche Informationen nur noch einmal mitteilen müssen, die dann unter ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen behördenintern weitergeleitet werden dürfen. Auf diese Weise sollen sich sowohl der Antragsaufwand für Bürger als auch der Aufwand und die Kosten in Verwaltungen verringern. Once-Only ist Teil der europäischen Binnenmarktstrategie und zielt darauf ab, das Verwaltungshandeln grenzüberschreitend zu vereinheitlichen und zu erleichtern. Technisch setzen die EU-Länder auf unterschiedliche Lösungen.
Steuer-ID als universelle Personenkennziffer
In Deutschland wird die Steuer-Identifikationsnummer zum Zugriff auf die unterschiedlichen Datenregister auf Bundes-, Landes- und lokaler Ebene favorisiert – vom Anwaltsverzeichnis über Daten der Bundesarbeitsagentur bis hin zu den kommunalen Melderegistern. Die Steuer-ID soll als universelle Personenkennziffer ermöglichen, dass beispielsweise im Antragsverfahren für das Eltern- oder Kindergeld automatisiert personenbezogene Informationen aus verschiedenen Registern eingeholt und zusammengeführt werden können. Dies sieht das Registermodernisierungsgesetz (RegMoG) vor, dessen Referentenentwurf „zur Einführung einer Identifikationsnummer in die öffentliche Verwaltung und zur Änderung weiterer Gesetze“ vom Bundesinnenministerium erarbeitet wurde. Der Entwurf sieht zwar kein Zentralregister vor, spricht sich aber für die Schaffung einer beim Bundesverwaltungsamt angesiedelten neuen „Registermodernisierungsbehörde“ aus, die einen zentralen Datenbestand (Basisdaten) vorhält. Hiergegen regt sich nun von verschiedenen Seiten Protest.
Bitkom fordert „neutrale“ Technologie
Der IT-Verband Bitkom unterstützt die Modernisierung der Registerlandschaft, regt aber an, das Gesetz technologieneutral auszugestalten. Wirtschaft und Verwaltung sollten bei der Registermodernisierung zusammengedacht und die europäische Dimension beachtet werden. Interoperabilität sei deshalb besonders wichtig. Auch die im Gesetzentwurf beschriebene „hoheitliche Vermittlungsstelle“ sei kritisch zu betrachten und könne die Verfassungsmäßigkeit beeinträchtigen. Insbesondere kritisiert der Verband aber, dass in der Wirtschaft übliche Technologien in Gesetzentwurf nicht vorgesehen seien. „Der vorliegende Entwurf nimmt der öffentlichen Verwaltung die Chance auf eine Partizipation an aktuellen Technologien (produktivere Entwicklung, Kostenreduktion, kontinuierliche Sicherheitsupdates) und schränkt damit auch die Angebote für die Umsetzung des Vorhabens ein.“
Verfassungsrechtliche Bedenken
Die Gesellschaft für Informatik (GI), die älteste und größte Fachvertretung in der Informatik, äußert große Bedenken aus verfassungs- und datenschutzrechtlicher Sicht. Jede Person werde nun eindeutig zu einer Nummer, und Berechtigte wie Unberechtigte können alle vorliegenden Daten zu einer Person via Steuer-Identifikationsnummer über alle Behörden hinweg auf Knopfdruck auswerten. Der Ansatz widerspreche allen Errungenschaften des Datenschutzes und der Diskussionen über eine Personenkennziffer aus den Jahren 1968 bis 1983.
„Das Bundesverfassungsgericht hat der Einführung derartiger Personenkennzeichen seit jeher enge Schranken auferlegt, die im Referentenentwurf missachtet werden“, heißt es in einer GI-Stellungnahme. Infolgedessen regt die GI die Erarbeitung einer übergreifenden Identitätsmanagement-Architektur für die öffentliche Verwaltung unter Einbeziehung des BSI und der Fachöffentlichkeit an. Hierbei könnten Techniken wie die der österreichischen bereichsspezifischen Personenkennzeichen oder die Restricted Identification des deutschen Personalausweises als Grundlage dienen.
Österreichisches Modell als Alternative
Für Netzpolitik.org ist ebenfalls die Verfassungskonformität fraglich, da das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung vom Gesetzentwurf nicht beachtet würden. Zwar ist im Entwurf ein so genanntes Daten-Cockpit vorgesehen, in welchem sich der Status quo der Bearbeitung verfolgen lässt, die Verwendung der Daten soll sich aber nicht selbst steuern lassen können. Netzpolitik.org schreibt: „Der vorliegende Gesetzentwurf sieht ein deutlich invasiveres Modell vor, als es für die Registermodernisierung und die Digitalisierung der Verwaltung nötig gewesen wäre.“
Alternativ hätte sich das österreichische Modell angeboten. In diesem Modell läge die eigentliche, aber geheime Personenkennziffer nur einer unabhängigen Datenschutzbehörde vor. Die anderen Behörden nutzen spezielle Personenkennziffern für ihren Fachbereich, was die Verbreitung der eigentlichen Kennziffer eindämmt und verhindert, dass Daten einfach zusammengeführt werden können, so Netzpolitik.org.
Der zivilgesellschaftliche Verein macht auch auf die im Gesetzentwurf nicht explizit formulierte, aber wohl vorgesehene Möglichkeit aufmerksam, dass mit einer eindeutigen Identifikationsnummer die registergestützten Daten für den Zensus leicht ermittelt werden können. Hierauf geht auch die Begründung für den Big-Brother-Award ein, den der Verein Digitalcourage am Freitag vergangener Woche der Innenministerkonferenz verlieh, „für die Absicht, auf der Basis der Steuer-Identifikationsnummer eine lebenslange Personenkennziffer einzuführen.“
Stellungnahme Bitkom
Stellungnahme Gesellschaft für Informatik (GI)
Stellungnahme Netzpolitik.org
Bund: Fahrplan für den modernen Staat
[02.10.2025] Die Bundesregierung hat ihre Modernisierungsagenda als einen bindenden Fahrplan mit klaren Fristen und Monitoring beschlossen. Über 80 Maßnahmen in fünf Handlungsfeldern sollen Bürokratie abbauen und Bürger, Unternehmen wie auch die Verwaltung selbst entlasten. mehr...
Bitkom: Neuer Monitor Digitalpolitik
[30.09.2025] Mit seinem neuen Monitor Digitalpolitik stellt der Bitkom einen Statusbericht zur Digitalpolitik bereit. Das erste Fazit: Das Digitalministerium zeigt Wirkung – aber mehr als die Hälfte der digitalpolitischen Vorhaben dieser Legislatur wartet noch auf den Startschuss. mehr...
Bitkom: Digitalisierung vor Ort voranbringen
[30.09.2025] Mit Blick auf die heute beginnende Kabinettsklausur legt der Bitkom eine Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung vor. Sie fordert eine Föderalismusreform und verbindliche IT-Standards, um Bund und Kommunen zu engerer Zusammenarbeit bei der Verwaltungsdigitalisierung zu verpflichten. mehr...
Bundesrat: Eigener Ausschuss für Digitales
[29.09.2025] Der Bundesrat hat die Einrichtung eines ständigen Ausschusses für Digitales und Staatsmodernisierung beschlossen. Damit sollen Digitalthemen künftig gebündelt und so die zentrale Bedeutung der Digitalisierung und Modernisierung des Staates strukturell gestärkt werden. mehr...
Thüringen: Alle Ressorts für eine effiziente Verwaltung
[26.09.2025] Die Thüringer Landesregierung hat eine interministerielle Arbeitsgruppe eingerichtet, um Verwaltungsreformen voranzubringen. Unter Leitung mehrerer Ressorts werden Strategien gegen den Arbeitskräftemangel erarbeitet, Bürokratieabbau und Automatisierung geprüft. mehr...
Bund/Bayern: Startschuss für Digitalkooperation
[26.09.2025] Wie in Hessen startet auch in sechs bayerischen Pilotkommunen eine neue Digitalkooperation zwischen Bund und Land. Ziel ist es, eine bayern- und bundesweit nutzbare Blaupause zu entwickeln, um OZG-Leistungen schneller in die Fläche zu bringen. mehr...
Rheinland-Pfalz: Fortschreibung der Digitalstrategie
[23.09.2025] Ende dieses Jahres will Rheinland-Pfalz die Weiterentwicklung seiner Digitalstrategie verabschieden. Eine tragende Rolle bei deren Erarbeitung spielt der Digitalrat, der im Frühjahr ins Leben gerufen wurde und sich nun mit zentralen Themenfeldern der Strategie befasste. mehr...
Bund/Hessen: Digitalisierungsoffensive in Kommunen
[19.09.2025] Im Rahmen der OZG-Umsetzung wurden zahlreiche föderale Verwaltungsleistungen digitalisiert – die Einführung in den Kommunen stockt aber. Der Bund und das Land Hessen wollen nun ein praxistaugliches Modell entwickeln, das den flächendeckenden Roll-out beschleunigt. mehr...
Hamburg: Zukunftsprojekte schneller umsetzen
[10.09.2025] Planungs- und Genehmigungsverfahren für Modernisierungsvorhaben müssen in Deutschland beschleunigt und vereinfacht werden. Wie das gelingen kann, darüber hat sich die Freie und Hansestadt Hamburg nun mit dem Bund beraten. mehr...
Berlin: Neues Finanzmodell für das ITDZ
[08.09.2025] Der Berliner Senat will mit einer Gesetzesänderung dem ITDZ Berlin mehr Planungssicherheit geben. Künftig soll der zentrale IT-Dienstleister Rücklagen für Investitionen bilden können; zugleich erhält der Verwaltungsrat mehr Kontrolle über die Preisgestaltung. mehr...
Digitale Souveränität: Gipfel als Signal für Zusammenarbeit in Europa
[03.09.2025] Das deutsche und das französische Digitalministerium laden im November zu einem europäischen Treffen in Berlin ein. Im Mittelpunkt steht die digitale Souveränität. Das Zusammentreffen soll den Austausch fördern, wie Innovationen und digitale Kompetenzen Europas Zukunft sichern können. mehr...
Bayern: Pilotkooperation mit dem Bund
[01.09.2025] Bayern und der Bund wollen im Herbst eine Pilotkooperation mit mehreren gemeinsamen Projekten starten. Die Schwerpunkte werden dabei die Digitalisierung der Verwaltung und der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) sein. mehr...
Niedersachsen: Innenministerium bündelt Digitalpolitik
[29.08.2025] Ab September 2025 erhält Niedersachsen erstmals eine Digitalisierungsstaatssekretärin: Anke Pörksen soll im Innenministerium Kompetenzen bündeln, den OZG-Ausbau vorantreiben und die neue Digitalstrategie mit dem Prinzip Digital First in allen Ressorts verankern. mehr...
BMWE: Erste Schritte zu einer Start-up-Strategie
[20.08.2025] Mit einer neuen Strategie sollen die Rahmenbedingungen für Start-ups und Scale-ups in Deutschland verbessert werden. Das BMWE hat dazu nun einen Online-Beteiligungsprozess gestartet, der sich vor allem an die Start-Up-Community richtet. mehr...
OSBA: Bund tut zu wenig für Open Source
[19.08.2025] Eine erkennbare strategische Ausrichtung der Bundesregierung auf Open Source Software ist in den ersten 100 Tagen im Amt ausgeblieben, bemängelt die Open Source Business Alliance (OSBA). Zudem blieben zentrale Projekte wie ZenDiS oder openDesk nur gering finanziert. mehr...