GesetzgebungWeitere Digitalisierung der Justiz

[01.11.2023] Abschied von Schriftform und Medienbrüchen – das will das BMJ mit dem jetzt als Entwurf vorliegenden Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz erreichen. So soll es möglich werden, Strafanträge per Online-Wache zu stellen. Den Ländern soll zudem der Umstieg auf die E-Akte erleichtert werden.
Mit Brief und Siegel? Das BMJ will sich im Justizwesen in vielen Fällen von der Schriftformerfordernis verabschieden.

Mit Brief und Siegel? Das BMJ will sich im Justizwesen in vielen Fällen von der Schriftformerfordernis verabschieden.

(Bildquelle: simpson33/123rf.com)

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat den Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Justiz vorgelegt. Dessen Ziel ist es, die digitale Kommunikation mit der Justiz – auch durch Verzicht auf die Schriftform – deutlich zu erleichtern. „Immer noch notwendige Unterschriften mit Stift und Papier wirken wie Sand im Getriebe. Das ist nicht nur lästig, sondern sorgt auch für unnötigen Mehraufwand in der Verwaltung. Das ändern wir jetzt“, sagte der Bundesminister der Justiz Marco Buschmann. Der Entwurf sieht vor, digitale Strafanträge zu vereinfachen. Der Hintergrund: Manche Straftaten wie Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch werden nur verfolgt, wenn die geschädigte Person einen Strafantrag stellt. Das kann bislang nur schriftlich oder über einen „sicheren elektronischen Übermittlungsweg“ erfolgen. Künftig soll auch ein Strafantrag per E-Mail oder per Online-Formular möglich sein, etwa bei der Online-Wache, die viele Bundesländer bereit stellen (wir berichteten). Einzige Bedingung: die Identität der antragstellenden Person und ihre Bitte um Verfolgung der Straftat müssen eindeutig erkennbar werden. Auch bei anderen Erklärungen im Strafverfahren soll künftig eine Unterschrift entbehrlich sein. Damit werden auch Medienbrüche durch ein Ausdrucken und Wiedereinscannen vermieden. Verzicht auf Papier Anträge oder Erklärungen von Mandantinnen und Mandanten können von der Anwaltschaft künftig als Scan an die Gerichte übermittelt werden. Zum elektronischen Einreichen von Schriftsätzen an das Gericht sind Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bereits seit 2022 verpflichtet. Soweit für eine Erklärung ihrer Mandanten allerdings verfahrensrechtlich die Schriftform angeordnet ist, müssen sie diese bislang in aller Regel in Papierform einreichen. Künftig soll es ausreichen, dass ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin beispielsweise den unterschriebenen Insolvenzantrag ihres Mandanten als eingescanntes Dokument an das Gericht übermittelt. Das erleichtert die Kommunikation sowohl für die Anwaltschaft als auch für Mandantinnen und Mandanten. Zudem soll die Kündigung durch einen elektronischen Schriftsatz ermöglicht werden. Bislang erfüllen empfangsbedürftige Willenserklärungen, die elektronisch an das Gericht übermittelten Schriftsätzen enthalten sind, häufig nicht die Anforderungen an materielle Schriftformerfordernisse. Nun soll die Schriftform als gewahrt gelten, wenn sie in einem Schriftsatz als elektronisches Dokument bei Gericht eingereicht und dem Empfänger übermittelt wird. Um die Kommunikation von Unternehmen mit der Justiz zu erleichtern, soll das Organisations-Konto des Unternehmens an das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach angebunden werden können. Hierfür soll auch das Identifizierungsverfahren ELSTER zugelassen werden. Weitere Vereinfachungen betreffen die digitale Rechnungsstellung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und die elektronische Forderungsanmeldung im Insolvenzrecht. Leichterer Umstieg auf die elektronische Akte Ab Januar 2026 müssen alle neu angelegten Akten in der Justiz elektronisch geführt werden. Derzeit pilotieren die Länder und der Bund die E-Akte. Akten, die aus elektronischen Teilen und Papierteilen bestehen – so genannte Hybridakten – sind bisher nicht erlaubt. Deshalb fallen bei der Umstellung oftmals sehr ressourcenintensive Scan-Arbeiten zur Digitalisierung der Altaktenbestände an. Künftig sollen verschiedene Formen der Hybridaktenführung ermöglicht werden. So sollen vor allem bereits angelegte Papierakten elektronisch weitergeführt werden dürfen, um den Umstieg auf die elektronische Akte zu vereinfachen. Auch für eine Teilnahme an einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung im Revisionsverfahren per Videokonferenz will das Gesetz den Weg bahnen. Indem zeit- und ressourcenintensive Anreisen vermieden werden, kann die Hauptverhandlung flexibler terminiert und durchgeführt werden. Der Gesetzentwurf wurde bereits an die Länder und Verbände versendet, eingehende Stellungnahmen sollen auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht werden.



Stichwörter: E-Justiz, BMJ, Schriftform


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