BitkomWie digital sind Deutschlands Hochschulen?

[27.03.2024] Die Digitalisierung von Forschung, Lehre und Verwaltung an den Hochschulen ist in vollem Gange. Doch wie schätzen die Studierenden selbst den Digitalisierungsgrad ihrer Unis ein, und wie den Umgang mit KI? Eine Bitkom-Studie gibt umfassende Einblicke.
Schreibtisch in einem Hörsaal, darauf Kladden und ein Tablet, im Hintergrund ein analoges Whiteboard.

Der Bitkom befragte Studierende zur KI-Nutzung und dem Stand der Digitalisierung an ihren Unis.

(Bildquelle: Pexels/Pixabay)

Videokonferenz statt Hörsaal, Portal statt Briefkasten, Online-Sprechstunde statt Büro –Corona hat den Hochschulen einen Digitalisierungsschub verliehen. Mit Künstlicher Intelligenz (KI) kommt die nächste Herausforderung. Wie gehen die Studierenden und das Lehrpersonal damit um? Der Branchenverband Bitkom legt jetzt die Ergebnisse einer neuen Studie zur Digitalisierung an Hochschulen vor, für die rund 500 Studierende online befragt wurden.

Demnach haben insgesamt 95 Prozent schon von ChatGPT gehört, 65 Prozent der Studierenden haben ChatGPT genutzt. Lediglich 9 Prozent kennen ChatGPT zwar, können sich eine Nutzung aber nicht vorstellen. Nur 4 Prozent haben noch nie davon gehört oder gelesen. Bislang wird ChatGPT von den Studierenden vor allem als Recherche-Tool genutzt, aber auch im Prüfungskontext spielt ChatGPT eine Rolle: Ein Drittel (33 Prozent) hat es schon für die Prüfungsvorbereitung genutzt, 26 Prozent für das Schreiben von Hausarbeiten, 9 Prozent für das Schreiben von Abschlussarbeiten und 4 Prozent sogar während einer laufenden Prüfung.

KI gehört an Hochschulen

Insgesamt sind die Studierenden beim KI-Einsatz für Prüfungen aber gespalten: 44 Prozent finden, die Nutzung von ChatGPT für Hausarbeiten und Abschlussarbeiten sollte verboten werden. 54 Prozent sagen, durch ChatGPT können sich Studierende einen ungerechten Vorteil verschaffen. Gleichzeitig meinen aber drei Viertel (74 Prozent) der Studierenden, man sollte in der Hochschule lernen, wie man ChatGPT richtig nutzt. 44 Prozent finden, der Einsatz von ChatGPT sollte an allen Hochschulen Standard sein. Andererseits sind aber auch 60 Prozent der Ansicht, der Einsatz von ChatGPT führe dazu, dass Studierende weniger selbstständig denken und lernen. Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst vertritt eine klare Position zur KI-Nutzung an Unis: „Hochschulen sind besondere Orte, weil hier gleichzeitig an KI geforscht und auch schon mit ihr gearbeitet wird. Ausgerechnet den Studierenden die Nutzung von KI grundsätzlich zu verbieten, wäre also nicht nur nicht durchsetzbar, sondern auch ein falsches Signal für den KI-Standort Deutschland.“

Klare Regeln zum KI-Einsatz fehlen

Obwohl ein Großteil der Studierenden KI schon nutzt, wird nur einer Minderheit dabei Regeln an die Hand gegeben: Insgesamt 37 Prozent der Studierenden wissen, dass es an ihrer Hochschule Regeln zum Einsatz generativer KI gibt: 17 Prozent wissen von zentralen Regeln für die Hochschule insgesamt, bei einem Fünftel (20 Prozent) werden Regeln vereinzelt vom Lehrpersonal festgelegt. Ein Drittel (33 Prozent) gibt an, keine Regeln zu haben und weitere 30 Prozent wissen nicht, ob es an ihrer Hochschule Regeln gibt oder haben dazu keine Angabe gemacht.

„Eine Regel, die niemand kennt, ist bedeutungslos“, sagt Wintergerst. Um es für alle auch im Prüfungskontext fair und verbindlich zu halten, gelte es, transparente und klare Regeln zu schaffen und umzusetzen. Studierende und Lehrende benötigten Sicherheit darüber, was beim Einsatz von KI in Wissenschaft und Lehre verboten, was erlaubt und was sogar erwünscht sei. Nur dann, so der Bitkom-Präsident, könnten die Potenziale der Technologie genutzt werden

Digitale Hochschulen als Standortfaktor

Was die Digitalisierung generell angeht, haben die deutschen Hochschulen in den vergangenen Jahren aus Sicht von knapp drei Viertel der Studierenden (73 Prozent) einen Sprung gemacht. Ebenfalls 73 Prozent meinen aber auch, dass die deutschen Hochschulen im internationalen Vergleich stark hinterherhinken – demgegenüber sehen 18 Prozent der Studierenden die deutschen Hochschulen als Vorreiter der Digitalisierung.

Insgesamt geben die Studierenden der Digitalisierung der eigenen Hochschule im Durchschnitt die Schulnote 2,7. Mehr Digitalisierung wird jedoch gewünscht: 7 von 10 Studierenden (68 Prozent) wünschen sich mehr Digitalisierung und Nutzung digitaler Technologien an ihrer Hochschule und 87 Prozent fordern, die Hochschulen sollten mehr in Digitalisierung investieren.

Digitale Hochschulen seien ein Standortfaktor erster Güte, sagt Wintergerst. Studierende würden erwarten, dass Hochschulen digitale Technologien so selbstverständlich einsetzen wie sie selbst. Dazu bräuchten die Hochschulen aber finanzielle Sicherheit: „Deshalb muss das im Koalitionsvertrag angekündigte Bundesprogramm Digitale Hochschule kommen. Wer ausgerechnet an der Digitalisierung der Bildung spart, spart an der falschen Stelle.“

Flexibilität wird geschätzt

Abgefragt hat der Bitkom auch, wie Online-Angebote im Hochschulkontext eingesetzt und genutzt werden. Die Mehrheit der Studierenden hat derzeit die Möglichkeit, bei Bedarf online an Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Besonders hybride Veranstaltungen, bei denen Präsenz- und Online-Teilnahmen möglich sind, kommen bei den Studierenden gut an. Prüfungen laufen an den Hochschulen zum größten Teil weiter analog ab: Schriftliche Prüfungen können nur 22 Prozent online ablegen, mündliche Prüfungen 14 Prozent. Viele andere Services lassen sich an Hochschulen jedoch digital in Anspruch nehmen. Neben der Online-Aufbereitung von Lehrveranstaltungen betrifft das auch Verwaltungsvorgänge wie etwa Immatrikulation oder Prüfungsanmeldung – hier führten digitale Lösungen zu einer Entlastung der Verwaltung.

Zudem könnten die deutschen Hochschulen hinsichtlich der digitalen Transformation Vorbilder für Schulen und Behörden sein, meint Ralf Wintergerst, der zudem einen stärkeren Austausch der Hochschulen untereinander anregt: „Die Hochschulen müssen das digitale Rad nicht jeweils neu erfinden. Es gibt bereits an vielen Hochschulen digitale Best Practices.“

Digitales Lernen darf nicht vom Geldbeutel abhängen

In den Lehrveranstaltungen gehören digitale Geräte größtenteils zum Standard: Zum Einsatz kommen Beamer (genannt von 83 Prozent der Studierenden), Laptops (bei 76 Prozent), digitale Whiteboards (47 Prozent), bei einem Drittel (33 Prozent) werden Tablets in Lehrveranstaltungen eingesetzt, bei 21 Prozent Smartphones. Das Lehrpersonal zeigt sich nach Angaben der Studierenden digitalen Technologien gegenüber weitgehend aufgeschlossen: 65 Prozent der Studierenden sagen, ihr Lehrpersonal stehe der Digitalisierung an ihrer Hochschule eher positiv gegenüber. Gleichzeitig sagt aber auch etwas mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Studierenden, die Digitalisierung ihrer Hochschule scheitere an mangelnden Kompetenzen des Lehrpersonals. Wintergerst sagt, es müsse mehr Unterstützung durch Schulungen und IT-Support für das Lehrpersonal geben, um dem Wunsch der Studierenden nach verstärkter Digitalisierung nachzukommen.

Darüber hinaus wünscht sich der Bitkom, dass Digitalität als Querschnittskompetenz in die Curricula aller Studiengänge integriert werden soll. Zudem sollten die Hochschulen sicherstellen, dass durch ausreichend Lizenzen und technische Ausstattung Studierende unabhängig vom Geldbeutel mit digitalen Geräten und Anwendungen lernen können.



Stichwörter: Hochschul-IT, Bitkom, Studie


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