BMJVGesetzgebung für mehr E-Justiz

[24.06.2025] Das Bundesjustizministerium hat zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, die der weiteren Digitalisierung der Justiz Vorschub leisten sollen. Geplant sind Erleichterungen für die elektronische Beurkundung und ein zivilgerichtliches Onlineverfahren, das zunächst an Amtsgerichten erprobt werden soll.

Zwei neue Gesetzentwürfe sollen der E-Justiz den weiteren Weg ebnen.

(Bildquelle: andreypopov/123rf.com)

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat zwei Gesetzgebungsvorhaben vorgestellt, welche die Digitalisierung des Rechtsverkehrs in Deutschland weiter voranbringen sollen. Ein Gesetzentwurf sieht vor, das Beurkundungsverfahren künftig auch in elektronischer Form zu ermöglichen. Ein zweiter Entwurf zielt auf die Einführung eines nutzerfreundlichen Onlineverfahrens für zivilgerichtliche Geldforderungen beim Amtsgericht. Beide Entwürfe greifen Vorhaben auf, die bereits in der vergangenen Legislaturperiode begonnen, jedoch nicht abgeschlossen worden waren. Beide Gesetzentwürfe wurden inzwischen den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme übermittelt. Rückmeldungen sollen auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht werden.

Medienbrüche und Doppelarbeit entfallen

Mit dem Gesetzentwurf zur Einführung elektronischer Beurkundungen soll das bislang papiergebundene Verfahren modernisiert und an die digitale Praxis angepasst werden. Öffentliche Beurkundungen, etwa bei Grundstückskaufverträgen oder der Gründung einer GmbH, erfordern nach geltendem Recht eine schriftliche Niederschrift auf Papier. Gleichzeitig erfolgt die Verwahrung der Urkunden bereits weitgehend digital. Dies führt zu Medienbrüchen und doppelten Arbeitsgängen, da die Dokumente häufig ausgedruckt, unterschrieben und anschließend wieder eingescannt werden müssen.

Elektronische Beurkundung wird einfacher

Zukünftig sollen Notarinnen und Notare sowie Urkundspersonen in Nachlassgerichten die Möglichkeit erhalten, Beurkundungen direkt als elektronische Dokumente zu erstellen. Die Beteiligten können die Niederschrift dann entweder mit ihrer qualifizierten elektronischen Signatur versehen oder auf einem elektronischen Gerät unterschreiben. Die Urkundsperson ergänzt abschließend ihre qualifizierte elektronische Signatur. Ein von der Bundesnotarkammer bereitgestelltes Signatursystem soll die technische Grundlage schaffen, um die neue Form der Beurkundung flächendeckend umsetzen zu können. Darüber hinaus sieht der Entwurf auch Vereinfachungen bei elektronischen Beglaubigungen vor. So sollen künftig eigenhändige elektronische Unterschriften, die auf einem elektronischen Eingabegerät geleistet werden, beglaubigt werden können. Zudem soll es für bestimmte Erklärungen ausreichen, wenn deren Zugang durch eine elektronisch beglaubigte Abschrift nachgewiesen wird.

Onlineverfahren für zivilrechtliche Klagen

Ein weiteres Gesetzesvorhaben des BMJV betrifft die Einführung eines vollständig digitalen Verfahrens zur Klageerhebung bei zivilrechtlichen Geldforderungen vor Amtsgerichten. Damit soll vor allem für kleinere Streitwerte ein niedrigschwelliger, nutzerorientierter Zugang zur Justiz geschaffen werden. Die Klageerhebung soll über ein digitales Eingabesystem erfolgen, das durch Abfragedialoge und Informationsangebote unterstützt wird. Für Bürgerinnen und Bürger steht dabei das Justizpostfach zur Verfügung, für die Anwaltschaft das elektronische Anwaltspostfach (beA). Die Landesregierungen erhalten die Ermächtigung, per Rechtsverordnung festzulegen, welche Amtsgerichte das neue Verfahren im Echtbetrieb erproben können. Zudem wurden für das Onlineverfahren teilweise abweichende verfahrensrechtliche Regelungen festgelegt, darunter ein verstärkter Einsatz von Videoverhandlungen sowie Vereinfachungen im Beweisverfahren. Auch soll es möglich sein, im Onlineverfahren die Urteilsverkündung durch dessen digitale Zustellung zu ersetzen.

Vereinfachte Kommunikation und reduzierte Gebühren

Ein zentrales Element des Onlineverfahrens ist die Entwicklung einer bundeseinheitlichen Kommunikationsplattform für die digitale Interaktion zwischen Gerichten und Verfahrensbeteiligten. Die Plattform soll nicht nur die Übermittlung von Dokumenten ermöglichen, sondern auch deren gemeinsame Bearbeitung sowie die Zustellung gerichtlicher Entscheidungen. In einem ersten Schritt ist die Nutzung auf die Kommunikation zwischen Gericht und Anwaltschaft begrenzt. Ein weiteres Instrument zur Förderung der Nutzung ist die geplante Absenkung der Gerichtsgebühren im Vergleich zum herkömmlichen Zivilverfahren. So soll ein wirtschaftlich attraktiver Zugang zur Justiz für geringfügige Forderungen geschaffen werden. Das Gesetzgebungsvorhaben ist Teil eines Digitalisierungsprojekts des BMJV, das in Zusammenarbeit mit interessierten Ländern und Gerichten umgesetzt wird. Derzeit sind neun Bundesländer und dreizehn Pilotgerichte an der Produktentwicklung beteiligt. Ein erster Baustein auf Basis geltenden Rechts wurde mit dem Onlinedienst für Fluggastrechte bereits umgesetzt (wir berichteten).



Stichwörter: E-Justiz, Gesetzgebung


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: E-Justiz
Porträtfoto von Hessens Justizminister Christian Heinz.

Hessen: Hochkarätiger Beirat für das Forum KI

[18.06.2025] Ein neuer Beirat mit Fachleuten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik unterstützt künftig das Forum KI des hessischen Justizministeriums. Die Mitglieder bringen vielfältige Perspektiven ein und sollen Impulse für den verantwortungsvollen KI-Einsatz in der Justiz liefern. mehr...

Marion Gentges und Georg Eisenreich sitzen an einem Konferenztisch, im Hintergrund verschiedene Landesflaggen.

Justiz: KI-Strategie mit Umsetzungsfahrplan

[16.06.2025] Im Fokus des sechsten Bund-Länder-Digitalgipfels der Justizministerinnen und -minister stand die Fortführung gemeinsamer Aktivitäten für die Digitalisierung der Justiz im Rahmen eines neuen Pakts für den Rechtsstaat. Zudem wurde eine gemeinsame Erklärung zum KI-Einsatz in der Justiz verabschiedet. mehr...

E-Akten sind jederzeit und überall einsehbar.

Niedersachsen: Personalrat vs. E-Akte

[13.06.2025] Das Verwaltungsgericht Hannover hat Anträge des Hauptpersonalrats abgelehnt, der wegen Softwaremängeln und organisatorischer Schwierigkeiten gegen den weiteren Roll-out der E-Akte in Niedersachsens Justiz vorgehen wollte. Die Einführung kann wie geplant fortgesetzt werden. mehr...

Blau hinterlegte, stilisierte Darstellung einer Waage, verschwommen dahinter die Umrisse einer Hand, die mit dem Zeigefinger in Richtung des Waagesymbols tippt.

Brandenburg: KI-Projekt MAKI in der Justiz

[12.06.2025] Brandenburg beteiligt sich an der länderübergreifenden Entwicklung der KI-Anwendung MAKI. Die Software soll Richterinnen und Richter bei Massenverfahren entlasten, etwa durch Textbausteine, Metadatenanalyse und generative KI. mehr...

Bayern/Baden-Württemberg: Erbschein digital abrufen

[05.06.2025] Die Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg fordern, das Once-Only-Prinzip auch im Nachlass- und Grundbuchverfahren einzuführen. Ein automatisierter Datenabruf, etwa um einen Erbschein zu beantragen, und ein effizienter Datenaustausch würde Bürgerinnen und Bürger sowie Behörden entlasten.
 mehr...

Drei Personen in dunkler, förmlicher Kleidung stehen nebeneinander, der Mann in der Mitte präsentiert eine Urkunde.

Niedersachsen: Neue Spitze für die Justiz-IT

[04.06.2025] Der Zentrale IT-Betrieb Niedersächsische Justiz betreut die gesamte Justiz-IT des Landes – von der Infrastruktur bis zur E-Akte. Nun übernimmt Daniel Stolz dessen Leitung. Er folgt auf Michael Henjes, der zum Justizministerium wechselt. mehr...

Vier sichtlich gut gelaunte Frauen haben sich in einem nüchternen, grauen Raum mit PC-Cubicles für ein Foto aufgestellt.

Bremen: Digitales Prüfzentrum für Jura-Referendare

[22.05.2025] In Bremen wurde ein neues Prüfzentrum eröffnet, in dem angehende Juristinnen und Juristen ihre Examensklausuren elektronisch schreiben können. Darüber hinaus sind dort ein digitales Korrekturverfahren und die Archivierung der Klausuren möglich. mehr...

Brandenburg: E-Akte am Arbeitsgericht pilotiert

[14.05.2025] Das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel startet als erstes Gericht der Arbeitsgerichtsbarkeit des Landes mit der Pilotphase der E-Akte. Damit hat die digitale Aktenführung alle Gerichtsbarkeiten in Brandenburg erreicht. mehr...

Heller gut besuchter Hörsaal, Blick von hinten aufs Podium.

Fachtagung: Digitale Justiz im Fokus

[06.05.2025] Wie lassen sich Datenschutz, Datensicherheit und moderne Technik in Justiz und Verwaltung vereinbaren? Rund 140 Fachleute befassten sich beim diesjährigen Speyerer Forum mit rechtlichen, technischen und ethischen Fragen der digitalen Transformation. mehr...

Nordrhein-Westfalen: KI unterstützt Amtsgerichte

[28.04.2025] Bei der Bearbeitung von Massenverfahren – etwa Entscheidungen zu Fluggastrechten – werden die Amtsgerichte in Nordrhein-Westfalen künftig durch Künstliche Intelligenz unterstützt. mehr...

Sachsen-Anhalt: Verwaltungsgericht Magdeburg pilotiert E-Akte

[10.04.2025] Spätestens ab dem 1. Januar 2026 sollen in Deutschland sämtliche Verfahrensakten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften elektronisch geführt werden. Als erstes Gericht in Sachsen-Anhalt hat nun das Verwaltungsgericht Magdeburg probeweise den Echtbetrieb der E-Akte gestartet. mehr...

BMJ: Fluggastrechte einfacher einklagen

[31.03.2025] Im Rahmen des Projekts Zivilgerichtliches Online-Verfahren entwickeln und erproben das Bundesministerium der Justiz und der DigitalService einen Onlinedienst zur Durchsetzung von Fluggastrechten. Sieben Pilotgerichte unterstützen jetzt das Vorhaben mit fachlicher Expertise. mehr...

Sachsen: Erstes juristisches Staatsexamen wird elektronisch

[20.03.2025] Sämtliche juristische Staatsprüfungen können in Sachsen nun elektronisch am Laptop abgelegt werden. Dies soll nicht nur die Prüflinge entlasten, sondern auch dem Land einen Standortvorteil für die Nachwuchsgewinnung bringen. mehr...

Ein Mann und zwei Frauen in förmlicher, dunkler Kleidung stehen nebeneinander.

Digitale Rechtsantragstelle: Amtsgericht Hanau ist Pilotgericht für Hessen

[19.03.2025] Das Amtsgericht Hanau ist hessisches Pilotgericht für die Digitale Rechtsantragstelle – einem Vorhaben des Bundesministeriums der Justiz, das gemeinsam mit den Justizministerien der Partnerländer umgesetzt wird. mehr...