ThüringenOpen Source für mehr digitale Souveränität

[11.07.2022] In Thüringen hat das sechste Digitalisierungskabinett zentrale Festlegungen im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung getroffen. So soll in der Landesverwaltung künftig mehr Open Source Software eingesetzt werden. Auch wurde die Förderung für kommunale IT-Vorhaben verlängert.

Zum sechsten Mal hat jetzt das Thüringer Digitalisierungskabinett getagt. Thüringens CIO Hartmut Schubert hat in diesem Rahmen über wachsende Abhängigkeiten der aktuell im Einsatz befindlichen Software an den Arbeitsplatz-PCs der Landesverwaltung berichtet. In der Regel seien die Arbeitsplätze mit proprietärer Software einzelner Anbieter ausgestattet. Durch den weit verbreiteten und derzeit alternativlosen Einsatz bestehe eine einseitige Abhängigkeit von den Geschäftsmodellen und Lizenzbedingungen des Herstellers. Weitere Abhängigkeiten bei Hardware und Infrastruktur würden durch die zunehmende Verlagerung des Software-Betriebs in herstellereigene Cloud-Umgebungen erzeugt, fasst eine Presseerklärung des Thüringer Finanzministeriums die Lage zusammen. Allerdings werde die Office Software in den Dienststellen der Landesverwaltung noch lokal und auf eigener Infrastruktur betrieben.
Um die digitale Souveränität der öffentlichen Verwaltung zu stärken und die eigene Infrastruktur zukünftig zu sichern, hat die Landesregierung beschlossen, diese Abhängigkeiten durch einen zielgerichteten Einsatz von Open Source Software an geeigneten Arbeitsplätzen schrittweise zu reduzieren. Eine Arbeitsgruppe soll zeitnah konkret die Einführung der Software Libreoffice für die Bürokommunikation im Rahmen einer Machbarkeitsstudie untersuchen. Gleichzeitig soll die Ablösung der bestehenden E-Mail-Kommunikationslösung durch ein Open-Source-Produkt geprüft werden. Darüber hinaus besteht der Hauptauftrag der Arbeitsgruppe darin, sich eine Übersicht über die enge Verzahnung einzelner Fachverfahren mit der derzeit eingesetzten Office Software zu verschaffen.

Kommunale IT-Vorhaben weiter gefördert

Das Kabinett hat auch einen zentralen Beschluss zur Änderung des Thüringer E-Government-Gesetzes gefasst. Weil Verwaltungsleistungen nach dem Landesrecht in Thüringen zunehmend elektronisch angeboten werden, sieht die Gesetzesänderung weitere Formen der elektronischen Schriftformersetzung vor. Eine Hürde bei elektronischen Verwaltungsverfahren sei die Bekanntgabe von Verwaltungsakten. Eine so genannte Bekanntgabefiktion soll deshalb für Rechtssicherheit sorgen. Danach soll die förmliche Zustellung eines Bescheids am dritten Tag nach Bereitstellung im elektronischen Postfach als erfolgt gelten, sofern der elektronischen Bekanntgabe zuvor zugestimmt wurde.
Dem Landes-CIO liegt laut eigenen Angaben außerdem die Förderung kommunaler Vorhaben aus Landesmitteln für einheitliche E-Government- oder IT-Infrastruktur-Initiativen sowie für Zwecke der IT-Koordinierung und IT-Standardisierung besonders am Herzen. Mit der Gesetzesänderung wird die Fortsetzung der Förderung über das Jahr 2022 hinaus bestätigt. Sie soll auch im Landeshaushalt entsprechend abgebildet werden. Schubert ist laut eigener Aussage fest davon überzeugt, dass die mit der Landesstrategie abgestimmten Projektförderungen den Gemeinden und Gemeindeverbänden bestmöglich bei den Herausforderungen der Verwaltungsdigitalisierung helfen werden. Bei den stetig wachsenden IT-Anforderungen sei die interkommunale Zusammenarbeit besonders wichtig. Gerade kleinere Verwaltungen werden von der Dynamik regelrecht erschlagen – sie sollen von der Zusammenarbeit profitieren, so Schubert.

Gremienarbeit per Videokonferenz

Weiteres Thema im Kabinett war die Durchführung von Gremienberatungen über Videokonferenzsysteme. Während der Pandemie habe sich gezeigt, dass Videoconferencing-Standardprodukte die hohen Sicherheits- und Leistungsanforderungen der Thüringer Landes- und Kommunalgremien nicht erfüllen können. Nun wurde das zentrale Projekt „Ausbau und Weiterentwicklung der Videokonferenzlösung für die Thüringer Landesverwaltung und die Kommunen zu einem System für die digitale Gremienarbeit“ nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren erfolgreich initiiert. Das neue System soll als Open Source Software entwickelt werden und einen verschlüsselten Betrieb erlauben. Zusätzliche Funktionen wie die revisionssichere namentliche oder geheime Abstimmung sollen gezielt den Anforderungen der kommunalen Gremienarbeit entsprechen. Das Land stellt eine Million Euro für Entwicklung und Betrieb der Lösung bereit.

Bericht zur Informationssicherheit

Besprochen wurde auch der Informationssicherheitsbericht für 2021, das wie das vorhergehende Jahr spürbar von der Corona-Pandemie gekennzeichnet war. Im Berichtszeitraum wurde die IT-Sicherheitslage als sehr angespannt und kritisch eingeschätzt. Im Jahr 2021 zählten wiederholt E-Mails mit Schadprogrammen zu den am häufigsten erkannten Angriffen auf Systeme der Landesverwaltung. So enthielten von 42 Millionen im Landesdatennetz eingegangenen E-Mails rund 40.000 Schad-Software und wurden abgewiesen. Das ThüringenCERT erreichten im Jahr 2021 insgesamt 90 Cybersicherheitswarnungen, etwa 2.700 Schwachstellenmeldungen und Aktualisierungen wurden automatisiert an Empfänger in der Landesverwaltung versendet.
Um die Informationssicherheit zu erhöhen, wurde das beim Landesdienstleister angesiedelte ThüringenCERT weiter ausgebaut. Im Landeshaushalt sind für die Informationssicherheit im Jahr 2022 rund zehn Millionen Euro eingeplant. Erstmals wurde auch ein externer IT-Sicherheitsdienstleister mit der Erbringung von forensischen Unterstützungsleistungen bei IT-Sicherheitsvorfällen beauftragt. Ende des Jahres 2021 wurde das Sicherheitszertifikat ISO 27001 für das Landesdatennetz auf Basis des modernisierten IT-Grundschutzes durch das BSI bestätigt.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Die rheinland-pfälzische Digitalministerin Dörte Schall beim Strategietag 2025.

Rheinland-Pfalz: Zwischenbilanz zur Digitalisierung

[03.06.2025] Auf dem Strategietag in Worms zog Rheinland-Pfalz eine positive Zwischenbilanz zur Umsetzung der Digitalstrategie: 73 Prozent der Maßnahmen laufen, 20 Prozent sind abgeschlossen. Der Austausch diente auch der Weiterentwicklung der Strategie für 2026 und 2027. mehr...

Montage: ein aufgeklappter Laptop, er Monitor enthält Karteischubladen, eine davon ist ausgezogen und ragt aus dem Bildschirm heraus.

Bund: Grundlage für Once-Only beschlossen

[03.06.2025] Das Bundeskabinett hat dem NOOTS-Staatsvertrag zugestimmt. Das Gesetzgebungsverfahren startet nun auf Bundesebene. NOOTS soll eine technische Infrastruktur schaffen, über die Behörden Verwaltungsdaten sicher austauschen können. mehr...

Hessen: Grüner Gesetzentwurf für KI in der Verwaltung

[28.05.2025] Die Grünen im Hessischen Landtag haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Rechtssicherheit für die KI-Nutzung in der Verwaltung schaffen will. Automatisierte Entscheidungen sollen dauerhaft ermöglicht, Beschäftigte entlastet und Transparenz für Bürgerinnen und Bürger sichergestellt werden. mehr...

Bundesdigitalminister Karsten Wildberger und die französische Digitalministerin Clara Chappaz schütteln sich demonstrativ die Hand.

Deutschland/Frankreich: Starke digitale Partnerschaft

[27.05.2025] Bundesdigitalminister Karsten Wildberger hat sich in Berlin mit Frankreichs Digitalministerin Clara Chappaz getroffen. Beide kündigten an, gemeinsam den Aufbau einer europäischen Digital Public Infrastructure und eine innovationsfreundliche KI-Politik voranzubringen. mehr...

Bundesdigitalminister Karsten Wildberger mit dunklem Anzug im grauen Interieur des Bundestages, mit dynamischer Gestik.

Bundestag: Grundsatzrede zur Digitalpolitik

[20.05.2025] Digitalminister Karsten Wildberger sieht in der Verwaltungsmodernisierung einen Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands – und stellt im Bundestag konkrete Pläne für Infrastruktur, Datenpolitik und digitale Identitäten vor. mehr...

Eine Frau und ein Mann stehen in Business-Kleidung vor einer drapierten Thüringen-Flagge und lächeln in die Kamera.

Thüringen: Eine neue CIO für das Land

[16.05.2025] Die Unternehmerin Milen Starke – zuvor geschäftsführende Gesellschafterin beim IT-Dienstleister Q-Soft – wird neue Staatssekretärin für Digitales und CIO des Landes Thüringen. Damit wird die Vakanz nach dem Ausscheiden des bisherigen CIO Hartmut Schubert neu besetzt. mehr...

Teilnehmende der 3. Digitalministerkonferenz

Digitalministerkonferenz 2025: Impulse für die digitale Zukunft

[15.05.2025] Auf der 3. Digitalministerkonferenz wurden unter anderem Beschlüsse gefasst, um die digitale Souveränität in Europa zu stärken. Im Fokus standen außerdem die Weiterentwicklung der politischen Rahmenbedingungen für Künstliche Intelligenz (KI) sowie die Auswirkungen von KI auf Demokratie und Meinungsbildung. mehr...

Gruppenfoto der Mitglieder des IT-Planungsrats auf einer kleinen Brücke stehend.

IT-Planungsrat: Erfolgreiche Klausurtagung

[14.05.2025] Bei seiner Klausurtagung in Mecklenburg-Vorpommern diskutierte der IT-Planungsrat wichtige Weichenstellungen in der Verwaltungsdigitalisierung und Staatsmodernisierung. Im Fokus standen die Registermodernisierung und die Weiterentwicklung der Deutschland-Architektur. mehr...

Ein heller Sitzungssaal, der Blick geht über Stuhlreihen und die Schultern des Publikums nach vorne. Vorn auf der Bühne befindet sich eine Projektion mit einem Diagramm sowie ein Redner am Rednerpult.

Schleswig-Holstein/Dänemark: Digitale Souveränität in Europa stärken

[13.05.2025] Schleswig-Holstein verfolgt als erstes Bundesland eine Open-Source-Strategie, um digitale Abhängigkeiten in der Landesverwaltung konsequent zu reduzieren. Digitalminister Dirk Schrödter war nun nach Dänemark eingeladen, um vor dem Parlament über den Weg seines Landes in die digitale Souveränität zu sprechen. mehr...

Gruppenfoto von rund einem Dutzend Personen auf der Außentreppe eines modernen Gebäudes.

Thüringen: Erste Sitzung des Digitalbeirats

[12.05.2025] Thüringen hat seinen neuen Digitalbeirat offiziell eingesetzt. Er soll die Landesregierung als fachkundiges und unabhängiges Gremium beraten. Zum Auftakt ging es vor allem um digitale Souveränität. mehr...

Dr. Karsten Wildberger erhält seine Ernennungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, am rechten Bildrand steht Bundeskanzler Friedrich Merz.

BMDV/BMDS: Digitalministerium nimmt Arbeit auf

[09.05.2025] Mit Karsten Wildberger als Digitalminister nimmt das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung die Arbeit auf. Es bündelt die Zuständigkeiten aus bisher sechs Ressorts. Wildberger setzt auf Pragmatismus und zügige Umsetzung. mehr...

Berliner Rathaus, daneben der Fernsehturm

Berlin: Ernüchternde Bilanz zum Open-Source-Kompetenzzentrum

[02.05.2025] Bei einer Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus zur Entwicklung des Open-Source-Kompetenzzentrums kritisierte die OSBA die bislang schleppende Umsetzung. Ein klares politisches Bekenntnis für Open Source fehle bis heute – ebenso wie die entsprechende Strategie. mehr...

Business-Porträt des desginierten Digitalministers Karsten Wildberger.

Politik: Karsten Wildberger wird Digitalminister

[29.04.2025] Die Union setzt mit Karsten Wildberger als Digitalminister auf einen erfahrenen Manager. Verbände fordern nun rasch Klarheit über Kompetenzen und Ressourcen des neuen Ressorts. mehr...

Wehende Flagge mit dem Landeswappen von Sachsen.

Sachsen: Ziele des Koalitionsvertrags begrüßt

[16.04.2025] Sachsen unterstützt die im neuen Koalitionsvertrag umrissenen digitalpolitischen Vorhaben – darunter antragslose Verwaltungsleistungen, die DeutschlandID und zentrale IT-Kompetenzen des Bundes. Auch eine Grundgesetzänderung hält das Land für notwendig. mehr...

Screenshot des Titelblatts des Jahresberichts der FITKO und des IT-Planungsrats für 2024.

IT-Planungsrat / FITKO: Gemeinsamer Jahresbericht für 2024

[14.04.2025] Im gemeinsamen Jahresbericht für 2024 berichten der IT-Planungsrat und die Föderale IT-Kooperation (FITKO) über ihre Tätigkeiten und Erfolge. Erstmals kommen auch die Gremien, Arbeits- und Projektgruppen zu Wort. mehr...