OZG-UmsetzungEin persönlicher Blick von Außen – Teil II
In die weitere Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) sollen Mittel aus dem Corona-Konjunkturpaket fließen. Ein größerer Teil davon ist für die Entwicklung so genannter Einer-für-Alle-Leistungen vorgesehen – und damit wohl auch für zusätzliche Beratertage und Digitalisierungslabore. Wie viel zielführender wäre es, in Dokumenten-Management- und E-Akte-Projekte in Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltung zu investieren – auch wenn das zur Folge hätte, dass weniger als 575 Leistungen online gestellt werden? Ohne Dokumenten-Management und E-Akte als wesentliche Grundfunktionalitäten der digitalen Verwaltung wird ein echter Digitalisierungsschub jedenfalls ausbleiben. Erst die Betrachtung und digitale Neugestaltung der gesamten Arbeitsprozesse – von der Antragstellung bis zur Erteilung der Bescheide – ermöglicht eine wirkliche Transformation. Und zwar im Interesse der Bürgerinnen und Bürger mit schlankeren Verwaltungsabläufen. Das Credo sollte deshalb lauten: Vom Backoffice zum Frontoffice gehen und nicht umgekehrt. Vor allem auf der kommunalen Ebene wird das samt Anbindung der Fachverfahren häufig mitgedacht. Doch muss dies auch in der Breite geschehen – und das kostet sehr viel Geld. Zudem ist die Neugestaltung von Arbeitsprozessen für alle Beteiligten anstrengend. Gewohntes und Vertrautes muss überdacht und vielleicht über Bord geworfen werden und hier und dort könnte ein Umlernen nötig sein. Aber erst wenn die Prozesse neu gebaut werden, kann das OZG Anstoß und Beschleuniger einer nachhaltigen Digitalisierung sein. Wo bleiben Mittelstand und Start-ups? „Keiner kann es mehr alleine.“ Das sagte schon Matthias Kammer 2003/2004 bei der Gründung des IT-Dienstleisters Dataport. Heute gilt das umso mehr und Kooperationen finden allerorten statt – das ist mindestens teilweise ein Erfolg des OZG. Kommunale IT-Dienstleister bilden neue Strukturen aus, neue Zusammenschlüsse sind entstanden, die Zusammenarbeit zwischen Ländern und Kommunen, teils in neuen Organisationen, hat erheblich an Fahrt aufgenommen. In der Not kann die öffentliche Verwaltung wohl gemeinsam und sogar schnell agieren. Der Dienst IfSG-Online etwa, mit dem Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz auf den Weg gebracht werden können, wurde sehr schnell entwickelt. Und immerhin nutzen ihn elf Bundesländer. Nach wie vor ist die öffentliche Hand jedoch ein ganz eigentümliches Ökosystem, das Neues zu oft skeptisch beäugt oder gar abstößt. Davon betroffen sind die mittelständischen Unternehmen, die seit Jahrzehnten Fachverfahren und mehr für die Verwaltung entwickeln, oder pfiffige Start-ups, die ihre Leidenschaft für die öffentliche Verwaltung gerade entdecken. Die Closed-Shop-Mentalität zeigt sich momentan besonders eindrucksvoll am FIT-Store des IT-Planungsrats. Einmal entwickelte Lösungen sollen in einem vereinfachten Verfahren inhouse, also ohne Ausschreibung, von einer Verwaltung an interessierte andere Verwaltungen weitergegeben werden können – aber nur innerhalb des Ökosystems „öffentliche Verwaltung“. Der Wettbewerb wird damit deutlich eingeschränkt. Unternehmen und ihre Verbände laufen Sturm, weil sie im Rennen um Marktanteile quasi disqualifiziert werden, durch ihre Zugehörigkeit zu einem „fremden System“. „Es steht zu befürchten, dass der FIT-Store in seiner jetzigen Ausgestaltung Gefahr läuft, genau jene geschlossenen Strukturen zu fördern, die es eigentlich zu vermeiden gilt“, bringt es der NKR auf den Punkt. Heute schon gefaxt? Zu Beginn der Corona-Pandemie sorgte der teilweise noch per Fax abgewickelte Informationsaustausch zwischen den Gesundheitsämtern und dem Robert-Koch-Institut (RKI) für Diskussionen. Auch ein Jahr später zeigen die noch immer unzuverlässigen Wochenendstatistiken des RKI, dass ein wichtiger Aspekt der Verwaltungsdigitalisierung scheinbar völlig ins Hintertreffen geraten ist: die elektronische Kommunikation der Behörden untereinander. In einem hochkomplexen Verwaltungssystem gibt es viele Liefer- und Austauschbeziehungen zwischen den Behörden auf den unterschiedlichen Ebenen sowie den privaten Lieferanten, etwa den Laboren. Digitale Werkzeuge, die miteinander kommunizieren können, würden die Effizienz und Effektivität immens verbessern. Warum wird das nicht pragmatisch und agil vorangetrieben? Viele Kommunen und Bundesländer, die etwas auf sich halten, bieten – häufig in Anlehnung an das Dashboard des RKI – eine Übersicht über das aktuelle Corona-Infektionsgeschehen an. Das ist lobenswert. Doch wie steht es um eine auf aktuellen Daten fußende Steuerung des politischen Geschehens? Welche Führungskraft in Verwaltung und Politik hat ein Cockpit zur Orientierung, zur Unterstützung des täglichen eigenen Tuns? Eindrucksvoll hat Susanne Diem, Mitglied der Geschäftsleitung bei SAP Deutschland, beim Digitalgipfel 2020 ihr individuelles Cockpit präsentiert und den Nutzen für ihre erfolgreiche Arbeit herausgearbeitet. Verwaltung und Politik stehen hier noch am Anfang. Einzelne Projekte könnten jedoch Lernfeld für andere sein. Auf hoch aggregierter Ebene hat das Statistische Bundesamt im Dezember 2020 das Dashboard Deutschland gestartet. Dort können sich Entscheider in Ländern und Kommunen bedienen. Allerdings ersetzt das nicht die Klärung der individuellen Fragen zu einer datenbasierten Steuerung im eigenen Verantwortungsbereich. Auch für das OZG gibt es ein Dashboard. Es ermöglicht jedoch keine Steuerung, sondern ist ein Schaufenster derer, die beweisen wollen, dass bei der OZG-Umsetzung Hochbetrieb herrscht. Users first, mentaler Wandel und Beratersprech Aus welchen Gründen E-Government-Fachleute die Nutzerfreundlichkeit in Deutschland erst 2017 als einen wesentlichen Erfolgsfaktor entdeckt haben und entsprechend kommunizieren, bleibt ein Geheimnis. Die Stadt Wien hat schon im letzten Jahrtausend neue digitale Angebote vor dem Go live von den Bürgern checken lassen. Es ist demnach keine ganz neue Erkenntnis, dass weniger die Anzahl von Online-Diensten als vielmehr ihre tatsächliche Nutzung zeigt, ob ein Angebot angenommen wird. Digitale Transformation, Change-Management, Agilität, Innovation, Design Thinking, User centricity oder gar Human Centric Experience Design – alle Buzzwords gehen flüssig von der Zunge. Ist dies Ausdruck eines mentalen Wandels oder nur Anpassung an gut gemeinten Beratersprech? Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Es gibt sie, die Innovatoren, die mental Gewandelten. Aber es gibt auch die anderen, die lediglich mit Worten das Beharrungsvermögen der öffentlichen Verwaltung zudecken und nicht mit der erforderlichen Entschiedenheit dafür kämpfen, dass Transformation und Innovation tatsächlich in die DNA der Verwaltung übergehen. Doch erst wenn dieser Übergang stattfindet, kann E-Government und die Digitalisierung überhaupt einen Veränderungsschub erzeugen, der Zukunftsfähigkeit und nachhaltige Entwicklung befördert. Hier ist noch sehr viel Luft nach oben.
BMDS: Viel Fortschritt in 100 Tagen
[15.08.2025] Das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung soll Digital- und Modernisierungsprojekte bündeln und schneller vorantreiben. In einer ersten Bilanz meldet das Ministerium Fortschritte beim Aufbau der eigenen Organisation und bei zentralen Vorhaben. mehr...
Thüringen: Digitalkabinett startet Digitaloffensive
[14.08.2025] Das neue Digitalkabinett Thüringens hat bei seinem ersten Treffen einen Praxis- und Digitalcheck auf Open-Source-Low-Code-Basis, klare Regeln für generative KI und eine Thüringen-App angekündigt. Zudem soll der Zuständigkeitsfinder alle Verwaltungsleistungen bündeln. mehr...
Schleswig-Holstein: Impulspapier zum Deutschland-Stack
[14.08.2025] Schleswig-Holstein legt ein Impulspapier zum Deutschland-Stack vor und will gemeinsam mit dem Bund offene Standards, zentrale Basisdienste und dezentrale Fachlösungen für Verwaltung, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger entwickeln. mehr...
Bitkom: Digitale Verwaltung im EU-Vergleich weit hinten
[13.08.2025] Der Bitkom hat seinen aktuellen DESI-Index vorgelegt, der EU-weit Daten zur Digitalisierung auswertet. Deutschland klettert demnach um zwei Plätze auf Rang 14, bleibt aber leicht unter dem Durchschnitt. In der digitalen Verwaltung liegt die Bundesrepublik mit Platz 21 weit hinten. mehr...
Sachsen-Anhalt: Digitalstrategie 2030 zeigt Wirkung
[08.08.2025] Sachsen-Anhalt meldet im vierten CIO-Bericht deutliche Fortschritten bei der Digitalisierung: Über 200 Onlinedienste sind inzwischen verfügbar, zahlreiche Ziele der Digitalstrategie werden umgesetzt, Breitband- und 5G-Netze wachsen weiter, sichere und effiziente Behördenarbeitsplätze entstehen. mehr...
NKR/Bund: Staatssekretärsausschuss mit erweiterten Aufgaben
[05.08.2025] Mit erweitertem Mandat soll der Staatssekretärsausschuss für Bürokratieabbau künftig auch zentrale Aufgaben der Staatsmodernisierung übernehmen. NKR-Chef Lutz Goebel begrüßt den Schritt, mahnt aber rasche Umsetzung konkreter Strukturreformen und Fortschritte beim BMDS an. mehr...
Open-Source-Transformation: Von Dänemark lernen
[04.08.2025] Die öffentliche Verwaltung Dänemarks will auf Open Source Software umsteigen, um die digitale Souveränität zu schützen. Treiber ist die Sorge vor geopolitischen Abhängigkeiten. Erste konkrete Schritte kommen aus Kopenhagen, Aarhus und dem Digitalministerium. Die OSBA berichtet. mehr...
IT-Planungsrat: Neuer Vorsitz
[25.07.2025] In Mecklenburg-Vorpommern verändern sich die Zuständigkeiten bei der Verwaltungsdigitalisierung. Diese liegen ab sofort beim Finanzministerium. Damit einher geht auch ein Wechsel beim Vorsitz des IT-Planungsrates: Auf Staatsekretärin Ina-Maria Ulbrich folgt Heiko Geue, Finanzminister des Landes. mehr...
Abschlussbericht: Wie kann die Staatsreform gelingen?
[16.07.2025] Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat hat ihren Abschlussbericht an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergeben. Viele ihrer Vorschläge finden sich im Koalitionsvertrag wieder. Die Initiatoren fordern nun eine zügige Umsetzung – auch durch neue Wege wie Modellkommunen. mehr...
Registermodernisierung: Operative Phase startet
[15.07.2025] Die Umsetzungsorganisation und die Steuerungsgruppe NOOTS (Nationales Once-Only Technical System) haben jetzt ihre Arbeit aufgenommen. Die Umsetzung der Registermodernisierung geht damit in die nächste Phase. mehr...
Rheinland-Pfalz: Digitalministerin Schall ein Jahr im Amt
[15.07.2025] Die rheinland-pfälzische Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Dörte Schall, hat ein Jahr nach Amtsantritt eine positive Zwischenbilanz gezogen. mehr...
IT-Planungsrat: Neue Aufgabenorganisation von Bund, Ländern und Kommunen
[14.07.2025] Die Föderale Digitalstrategie will die Verwaltungsdigitalisierung voranbringen – unter anderem durch eine Neuordnung der Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Bei einem ebenenübergreifenden Treffen standen Kfz-Anmeldung und Einkommensprüfung im Fokus. mehr...
eGovernment Monitor 2025: Bereit für eine rein digitale Verwaltung
[07.07.2025] Die ersten Ergebnisse aus dem eGovernment Monitor 2025 liegen vor. Demnach befürworten zwei Drittel der Deutschen die Vorstellung, dass alle Verwaltungsleistungen bis 2030 ausschließlich digital verfügbar seien. Digitalminister Wildberger versteht die Ergebnisse als klares Signal. mehr...
Rheinland-Pfalz: Ausweitung der EfA-Fertigungsstrecke
[03.07.2025] Das Land Rheinland-Pfalz hat die Ausweitung der EfA-Fertigungsstrecke zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes auf Kommunen beschlossen. Diese sollen so noch leichter digitale Services für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen bereitstellen können. mehr...
eGovernment Benchmark 2025: Behördendienste werden digitaler
[02.07.2025] Zur Halbzeit der Digitalen Dekade 2030 der Europäischen Union zeigt der diesjährige eGovernment Benchmark von Capgemini zwar eine hohe Dynamik bei der Digitalisierung von Behördendiensten auf. Insbesondere bei der Barrierefreiheit der Services und bei Diensten für grenzüberschreitender Nutzer sieht die Studie jedoch weiteren Verbesserungsbedarf. mehr...