RegistermodernisierungWas bedeutet der Verzicht auf etablierte Standards?

[19.06.2024] Der Bund hat entschieden, bei der Registermodernisierungskomponente NOOTS nicht auf den etablierten Protokollstandard OSCI zu setzen – stattdessen soll etwas völlig neues entwickelt werden. Der Databund sieht darin eine Fehlentscheidung, die hohe Millionenbeträge verschlingt und die Verwaltungsmodernisierung um Jahre zurückwirft.
Weiße Puzzleteile auf weißem Hintergrund.

Der Protokollstandard OSCI stellt sicher, dass Behörden miteinander, mit Unternehmen und mit Bürgerinnen und Bürgern automatisiert Daten tauschen können.

(Bildquelle: Mel Poole/Unsplash)

Unter dem Kürzel OSCI (Online Services Computer Interface) sind verschiedene, verbindliche Übermittlungsstandards für den sicheren elektronischen Nachrichtenaustausch im Bereich E-Government zusammengefasst. Die OSCI-Protokollstandards sollen Integrität, Authentizität, Vertraulichkeit und Nachweisbarkeit von Daten garantieren und so eine medienbruchfreie, effiziente Verarbeitung ermöglichen. Der IT-Planungsrat hat beim Bundesverwaltungsamt eine Studie zur Nutzbarkeit von OSCI für die Registermodernisierung beauftragt, deren Ergebnisse wurden im vergangenen Jahr veröffentlicht.

Diese Studie bestätigt die Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit von OSCI/XTA als Protokollstandard einer flächendeckenden Kommunikationsinfrastruktur der Verwaltung. Dennoch hat der Bund entschieden, bei der Registermodernisierungskomponente NOOTS nicht auf OSCI zu setzen, wie die anderen Komponenten des Projektes, sondern etwas völlig neues zu entwickeln. Aus diesem Grund hat der Databund, der die Interessen der mittelständischen IT-Dienstleister und Software-Hersteller für den öffentlichen Sektor vertritt, eine Stellungnahme abgegeben.

Verzicht auf gut eingeführte Standards

Für den Verband ist es nicht nachvollziehbar, dass der Bund für die Infrastruktur der Registermodernisierung (NOOTS) auf OSCI verzichten und stattdessen ein völlig neues System etablieren will. Seit Jahrzehnten stehe in Deutschland mit OSCI – und seit vielen Jahren ergänzt um die Standards XTA/XTA2 – eine funktionierende Infrastruktur für den sicheren Datentransport zur Verfügung, die auch eine Ende-zu- Ende-Verschlüsselung erlaube, betont der Databund.

Zudem sei in den meisten relevanten Fachverfahren bereits OSCI/XTA implementiert. Beide Standards würden nicht nur vom IT-Planungsrat empfohlen, sondern auch von der Konferenz der Datenschutzbeauftragten. Allein in der Innenverwaltung finden pro Jahr mehrere hundert Millionen Datenübermittlungen auf der Grundlage dieser Sicherheitsstandards statt, so der Databund.

Belastung für Kommunen

Der Databund hält die Entscheidung, trotz dieser vorhandenen funktionierenden Infrastruktur und des akuten Zeitdrucks etwas Neues zu entwickeln für fatal. Kommunale IT-Verfahren müssten dann zwei völlig unterschiedliche Schnittstellen für den gleichen Sachverhalt umsetzen, nämlich für die sichere und nachvollziehbare Datenübermittlung zwischen Behörden. Dass bei Entscheidungen zur Verwaltungs-IT die Expertise der Software-Hersteller übergangen werde, führe zu gravierenden Mängeln in der Planung und oft zu einem Scheitern der Projekte – zumindest aber zu einem erheblichen Zeitverzug und einer noch stärkeren finanziellen Belastung der Kommunen. Die Kommunen werden am Ende die Mehraufwände zahlen müssen für Entscheidungen, an denen sie ebenso wenig wie die Software-Hersteller beteiligt waren und die sie genauso wenig vertreten können, so der Databund.

Der Verband weist nachdrücklich darauf hin, dass „die ständige und willkürliche Änderung der Rahmenbedingungen“ in der Regel nicht durch Wartungsverträge der Software-Hersteller mit den Kommunen abgedeckt ist. Solche Verträge bildeten meist nur die Umsetzung von Änderungen an fachlichen Gesetzen und Verordnungen ab. Der Databund fordert „eine Transparenz, sowie frühzeitige Einbindung und Beteiligung hinsichtlich der Planungen in unserem Kompetenzbereich und hinsichtlich der zu erwartenden Kosten gegenüber den Kommunen.“

Weiterer Zeitverzug

Auch der Rückstand Deutschlands in der Verwaltungsdigitalisierung werde sich durch diese Entscheidung nochmals deutlich vergrößern, so der Databund. Es werde auf Jahre hinaus kein funktionierendes flächendeckendes System geben, zumal Bayern hier bereits eigene Wege für den Bereich der Wirtschaftsdaten gehe. Es ist unverständlich, warum ständig neue Infrastrukturen – etwa FIT-Connect, die NOOTS-Infrastruktur und die Datendrehscheibe – entwickelt werden, die jeweils eine Umstellung der gesamten Fachverfahrenslandschaft notwendig machen. Nur und ausschließlich mit OSCI/XTA2 hätte eine Chance bestanden, zumindest mit den wesentlichen Fachverfahren einen Betrieb bis Ende 2025 aufnehmen zu können.





Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik

BMDS: Aufbruch, Umbruch, Durchbruch

[31.10.2025] Das im Mai gegründete und noch im Aufbau befindliche Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung hat in einem Eckpunktepapier sein ehrgeiziges Zielbild für die zukünftige Arbeit entworfen. Dabei will es vieles anders machen als gewohnt. mehr...

Gruppenbild der Teilnehmenden an der Sitzung des Kommunalgremiums.

IT-Planungsrat: Kommunaler Input zu digitalstrategischen Themen

[22.10.2025] Der IT-Planungsrat stellt die strategischen Weichen für die Verwaltungsdigitalisierung – und bindet dabei auch kommunale Perspektiven ein. Beim letzten Treffen des Kommunalgremiums ging es um die zentralen Bereitstellung von EfA-Leistungen und eine Aufgabenneuordnung zur Entlastung von Kommunen. mehr...

Outdoor-Gruppenbild des IT-Planungsrates im Sommer 2025

IT-Planungsrat: Strategische Umsetzungsvorhaben vorgestellt

[21.10.2025] Strategische Digitalisierungsprojekte aus Bund und Ländern werden ab sofort auf der Website des IT-Planungsrats präsentiert. Die 22 Vorhaben sollen zeigen, wie die föderale Digitalstrategie in Bereichen wie KI, Cloud, Schnittstellen und Netzinfrastrukturen in Zukunft konkret umgesetzt wird. mehr...

Diagramme und Datenvisualisierung in leuchtenden Farben.

Bitkom-Dataverse: Datenbank zum digitalen Deutschland

[21.10.2025] Mit dem Bitkom-Dataverse soll das größte kostenlose Onlineportal mit Zahlen und Statistiken zum Digitalen Deutschland entstehen. Es umfasst Daten unter anderem aus den Bereichen Bildung, Künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Verwaltung sowie Mobilität. Auch die Bitkom-Indizes wie der Länderindex oder Smart-City-Index sind enthalten. mehr...

Minister Manfred Pentz.

Hessen: Bürokratieabbau nutzt allen

[15.10.2025] Hessens Entbürokratisierungsminister Manfred Pentz hat im Landtag das Erste Bürokratieabbaugesetz vorgestellt. Das Gesetzespaket mit 120 Maßnahmen wurde vom Kabinett beschlossen, um Verwaltung, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger spürbar zu entlasten. mehr...

Berliner Rathaus, daneben der Fernsehturm

Berlin: Schritte zur Verwaltungsreform

[14.10.2025] Mit einem ressortübergreifenden Vorgehen startet Berlin die Umsetzung seiner umfassenden Verwaltungsreform. Ziel ist eine einheitlich gesteuerte, moderne Verwaltung: mit klaren Zuständigkeiten, digitaler Infrastruktur und mehr Transparenz über Vorschriften und Prozesse. mehr...

Schleswig-Holstein: Tempo für die Digitalisierung – per Gesetz

[13.10.2025] Mit einem Digitalisierungsbeschleunigungsgesetz will Schleswig-Holstein vollständig digitale Verwaltungsprozesse, ein Datendoppelerhebungsverbot und eine Pflicht zur elektronischen Registerführung einführen. Der Entwurf geht jetzt in die Verbändeanhörung. mehr...

Dr. Karsten Wildberger , Bundesminister für Digitales und Staatsmodernisierung hält seine Keynote auf der SCCOn 2025
bericht

BMDS: „Wir haben Wildwuchs entwickelt.“

[07.10.2025] Bundesdigitalminister Karsten Wildberger stellte auf der Smart Country Convention in Berlin die Modernisierungsagenda der Bundesregierung vor. Als deren dickstes Brett bezeichnete er die Verwaltungsdigitalisierung. mehr...

NKR-Jahresbericht 2025: Klarer Kurs Richtung Bürokratieabbau

[07.10.2025] Der Nationale Normenkontrollrat hat Bundesdigitalminister Karsten Wildberger seinen Jahresbericht 2025 übergeben. Das Gremium sieht Fortschritte beim Bürokratieabbau, warnt aber vor neuen Belastungen. Für echten Wandel fordert es verbindliche Standards und klare politische Steuerung. mehr...

Porträt des NKR-Vorsitzenden Lutz Goebel vor dunklem Hintergrund.

NKR: Die Modernisierungsagenda ist erst der Anfang

[06.10.2025] Der Nationale Normenkontrollrat drängt in einem Statement zur jüngst beschlossenen Modernisierungsagenda des Bundes auf eine politisch klar gesteuerte Umsetzung. Nur so ließen sich Bürokratieabbau, Verwaltungsreformen und föderale Abstimmung wirksam erreichen. mehr...

Bund/Länder: Föderale Modernisierungsagenda soll kommen

[06.10.2025] Bund und Länder wollen bis Dezember eine Föderale Modernisierungsagenda erarbeiten, welche die Modernisierungsagenda des Bundes ergänzt. Auf dem Bund-Länder-Panel der SCCON betonten Vertreterinnen und Vertreter beider Ebenen die Bedeutung gemeinsamer Pilotprojekte und engen Austauschs. mehr...

Screenshot aus dem Dashboard Digitale Verwaltung

Bayern: Digitalstrategie wirkt

[06.10.2025] Bayerns Kommunen liegen in puncto Digitalisierung bundesweit vorne. Das zeigt das Dashboard Digitale Verwaltung, wo der Freistaat die ersten 50 Plätze belegt und auch die Top 100 dominiert. Das Digitalministerium führt dies unter anderem auf die zentral bereitgestellten BayernPackages zurück. mehr...

Blick über an einen langen Tisch, an dem Regierungsmitglieder sitzen.

Bund: Fahrplan für den modernen Staat

[02.10.2025] Die Bundesregierung hat ihre Modernisierungsagenda als einen bindenden Fahrplan mit klaren Fristen und Monitoring beschlossen. Über 80 Maßnahmen in fünf Handlungsfeldern sollen Bürokratie abbauen und Bürger, Unternehmen wie auch die Verwaltung selbst entlasten. mehr...

Ein Tortendiagramm zeigt den Umsetzungsstand digitaler Vorhaben in Bundesministerien, führend ist das Digitalministerium.

Bitkom: Neuer Monitor Digitalpolitik

[30.09.2025] Mit seinem neuen Monitor Digitalpolitik stellt der Bitkom einen Statusbericht zur Digitalpolitik bereit. Das erste Fazit: Das Digitalministerium zeigt Wirkung – aber mehr als die Hälfte der digitalpolitischen Vorhaben dieser Legislatur wartet noch auf den Startschuss. mehr...

Notebook auf gelber Tischplatte, darauf liegen Bündel von Euro-Scheinen in variierter Stückelung.

Bitkom: Digitalisierung vor Ort voranbringen

[30.09.2025] Mit Blick auf die heute beginnende Kabinettsklausur legt der Bitkom eine Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung vor. Sie fordert eine Föderalismusreform und verbindliche IT-Standards, um Bund und Kommunen zu engerer Zusammenarbeit bei der Verwaltungsdigitalisierung zu verpflichten. mehr...