E-Government in EuropaSchweiz startet Aufholjagd

[26.08.2019] Die Schweiz platziert sich in internationalen Vergleichsstudien zu E-Government regelmäßig im Mittelfeld. Dass die Schweizer mit dem Online-Angebot der öffentlichen Verwaltung trotzdem zufrieden sind, zeigt die Nationale E-Government Studie 2019.
Top 4 der nachgefragten Dienste bei Kantonen und Gemeinden.

Top 4 der nachgefragten Dienste bei Kantonen und Gemeinden.

(Bildquelle: Nationale E-Government-Studie 2019)

Ebenso wie Deutschland ist die Schweiz ein föderalistischer Staat: Drei Ebenen – Bund, Kantone und Gemeinden – teilen sich Macht, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten. Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen und -leistungen ist eine Querschnittsaufgabe, die fachbereichs- und staatsebenenübergreifend anzugehen ist. Die Zuständigkeit dafür ist in den jeweiligen Fachgesetzen verankert. So leisten Steuerpflichtige die Steuerabgaben bei ihrem Kanton, wo die ursprüngliche Befugnis zur Steuererhebung liegt. Entsprechend kümmern sich die Kantone auch um die Digitalisierung ihrer Steueranwendungen. Die Vereinheitlichung der amtlichen Personenregister wiederum, deren Führung vielfach den Kantonen oder Gemeinden obliegt, fällt seit dem Jahr 2006 in die Verantwortlichkeit des Bundes.
Beide Bereiche sind gelungene Beispiele für die Einführung elektronischer Verwaltungstätigkeit: Heute bieten alle Kantone die Möglichkeit zur elektronischen Steuererklärung für natürliche Personen, rund 70 Prozent der Steuerpflichtigen machen davon Gebrauch. Die Registerharmonisierung, die seit 2006 stattfand, erlaubt heute den effizienten elektronischen Datenaustausch zwischen den Staatsebenen. Bei der Steuer- und Registerdatenerhebung liegen eine klar geregelte föderale Zuständigkeit und eine hohe Nachfrage beziehungsweise ein hohes Geschäftsvolumen vor. In anderen Fällen behindern die bestehenden rechtlichen Grundlagen eine vollständige Digitalisierung, da sie beispielsweise eine eigenhändige Unterschrift zum Abschluss eines Behördengangs verlangen. Ein Schweizer Bundesgesetz zur Digitalisierung, das solche Hindernisse über Verwaltungsbereiche und Staatsebenen hinweg ausräumen könnte, existiert bislang nicht.

Gemeinsame Vorhaben vorantreiben

Auch die Zusammenarbeit im E-Government und die gemeinsame Umsetzung von Digitalisierungsprojekten basieren auf Freiwilligkeit. Auf dieser Grundlage haben Bund, Kantone und Gemeinden im Jahr 2008 die Organisation E-Government Schweiz gegründet, die gemeinsame Vorhaben vorantreibt, die verschiedenen Akteure koordiniert und den Austausch mit dem Ausland sicherstellt. Dazu gehört auch die Teilnahme an internationalen Studien. Im Vergleich mit Deutschland und Österreich positioniert sich die Schweiz in vielen Fragen in der Mitte – vor Deutschland und hinter Österreich. Im globalen Vergleich vermochte das Land in den vergangenen Jahren aufzuschließen und sich unter den besten 15 Nationen zu platzieren. Im europäischen Vergleich liegt die Schweiz hingegen im hinteren Feld – insbesondere, was die Verfügbarkeit von Basisdiensten wie einer staatlich anerkannten elektronischen Identität (eID) betrifft.

Bevölkerung mit Online-Angebot zufrieden

Dennoch zeigen sich fast drei Viertel der Schweizer Bevölkerung zufrieden mit dem E-Government-Angebot ihrer Verwaltung. Das haben repräsentative Erhebungen des DACH-Vergleichs und der Nationalen E-Government-Studie ergeben, welche E-Government Schweiz seit dem Jahr 2017 zusammen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft herausgibt. Zu erklären ist dies einerseits durch den stark ausgeprägten Föderalismus der Schweiz. So liegt zwar keine nationale, staatlich anerkannte eID vor, viele Kantone und Gemeinden bieten ihren Einwohnern aber die Mittel, um sich auf ihren Online-Anwendungen sicher zu authentifizieren. Dies können internationale Studien, die Vergleiche auf Staatsebene vornehmen, nicht abbilden. Andererseits geben 66 Prozent der Schweizer Bevölkerung gemäß der Nationalen E-Government-Studie 2019 an, den Online-Diensten der öffentlichen Verwaltung bezüglich Persönlichkeits- und Datenschutz sehr großes oder eher großes Vertrauen entgegenzubringen; eine gute Basis für eine wohlwollende Beurteilung des E-Government-Angebots. Die Verwaltung sollte aber nicht auf die unverrückbare Zufriedenheit ihrer Bevölkerung mit den elektronischen Dienstleistungen zählen. Denn diese ist im Mehrjahresvergleich rückläufig: 2014 lag sie noch 14 Prozentpunkte höher als heute. Zudem wird die derzeitige Nachfrage der Bevölkerung und insbesondere der Unternehmen nach behördlichen Online-Diensten durch das bestehende Angebot nur teilweise gedeckt.

Handlungsfelder für die weitere digitale Transformation

E-Government Schweiz will daher mit der E-Government-Strategie 2020–2023, deren Entwurf Bund, Kantonen und Gemeinden momentan zur Konsultation vorliegt, vier zentrale Handlungsfelder für die weitere digitale Transformation der Verwaltung angehen: Das verfügbare Online-Angebot soll ausgebaut werden. Basisdienste wie eine elektronische Identität müssen auf nationaler Ebene etabliert werden. Das entsprechende Gesetz für eine staatlich anerkannte eID wird momentan im Schweizer Parlament beraten. Die Zusammenarbeit im E-Government muss für eine beschleunigte Umsetzung in allen Teilen des Landes verbindlich geregelt werden. Und das Vertrauen in die Tätigkeit der Verwaltung ist zu festigen. Denn auch dieses ist, wie die aktuell sehr kritische Debatte zu E-Voting zeigt, keinesfalls unerschütterlich.

Anna Faoro ist stellvertretende Leiterin und Kommunikationsverantwortliche der Geschäftsstelle E-Government Schweiz.


Stichwörter: Politik, International, Schweiz


Weitere Meldungen und Beiträge aus dem Bereich: Politik
Blick von oben auf Asphalt, darauf mit Kreide das Wort "Start, An der unteren Bildkante sieht man die Spitzen von zwei Sneakern.

BMWE: Erste Schritte zu einer Start-up-Strategie

[20.08.2025] Mit einer neuen Strategie sollen die Rahmenbedingungen für Start-ups und Scale-ups in Deutschland verbessert werden. Das BMWE hat dazu nun einen Online-Beteiligungsprozess gestartet, der sich vor allem an die Start-Up-Community richtet. mehr...

Peter H. Ganten – CEO Univention und Vorstandsvorsitzender der Open Source Business Alliance

OSBA: Bund tut zu wenig für Open Source

[19.08.2025] Eine erkennbare strategische Ausrichtung der Bundesregierung auf Open Source Software ist in den ersten 100 Tagen im Amt ausgeblieben, bemängelt die Open Source Business Alliance (OSBA). Zudem blieben zentrale Projekte wie ZenDiS oder openDesk nur gering finanziert. mehr...

BMDS: Das neue Ministerium organisiert sich

[18.08.2025] Das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung hat ein neues Organigramm veröffentlicht, in dem Leitungen und Zuständigkeiten festgelegt sind. Querschnittsaufgaben werden in einer Serviceabteilung gebündelt. Auch ein endgültiger Standort wurde gefunden. mehr...

Bundesdigitalminister Karsten Wildberger, im Schatten unter Bäumen, im Hintergrund ein Kanal.

BMDS: Viel Fortschritt in 100 Tagen

[15.08.2025] Das neue Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung soll Digital- und Modernisierungsprojekte bündeln und schneller vorantreiben. In einer ersten Bilanz meldet das Ministerium Fortschritte beim Aufbau der eigenen Organisation und bei zentralen Vorhaben. mehr...

Große, nüchterner Raum mit U-förmiger Tischanordnung, an der Menschen in Anzügen sitzen.

Thüringen: Digitalkabinett startet Digitaloffensive

[14.08.2025] Das neue Digitalkabinett Thüringens hat bei seinem ersten Treffen einen Praxis- und Digitalcheck auf Open-Source-Low-Code-Basis, klare Regeln für generative KI und eine Thüringen-App angekündigt. Zudem soll der Zuständigkeitsfinder alle Verwaltungsleistungen bündeln. mehr...

Digitalisierungsminister Dirk Schrödter hat die neue Digitalstrategie für Schleswig-Holstein in Kiel vorgestellt.

Schleswig-Holstein: Impulspapier zum Deutschland-Stack

[14.08.2025] Schleswig-Holstein legt ein Impulspapier zum Deutschland-Stack vor und will gemeinsam mit dem Bund offene Standards, zentrale Basisdienste und dezentrale Fachlösungen für Verwaltung, Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger entwickeln. mehr...

Eine Reihe von Flaggenmasten mit EU-Flaggen vor einer modernen Fassade.

Bitkom: Digitale Verwaltung im EU-Vergleich weit hinten

[13.08.2025] Der Bitkom hat seinen aktuellen DESI-Index vorgelegt, der EU-weit Daten zur Digitalisierung auswertet. Deutschland klettert demnach um zwei Plätze auf Rang 14, bleibt aber leicht unter dem Durchschnitt. In der digitalen Verwaltung liegt die Bundesrepublik mit Platz 21 weit hinten. mehr...

Porträt von Lydia Hüskens, mit verschränkten Armen im dunklen Blazer vor einer braunen Wand stehend

Sachsen-Anhalt: Digitalstrategie 2030 zeigt Wirkung

[08.08.2025] Sachsen-Anhalt meldet im vierten CIO-Bericht deutliche Fortschritten bei der Digitalisierung: Über 200 Onlinedienste sind inzwischen verfügbar, zahlreiche Ziele der Digitalstrategie werden umgesetzt, Breitband- und 5G-Netze wachsen weiter, sichere und effiziente Behördenarbeitsplätze entstehen. mehr...

Porträt des NKR-Vorsitzenden Lutz Goebel vor dunklem Hintergrund.

NKR/Bund: Staatssekretärsausschuss mit erweiterten Aufgaben

[05.08.2025] Mit erweitertem Mandat soll der Staatssekretärsausschuss für Bürokratieabbau künftig auch zentrale Aufgaben der Staatsmodernisierung übernehmen. NKR-Chef Lutz Goebel begrüßt den Schritt, mahnt aber rasche Umsetzung konkreter Strukturreformen und Fortschritte beim BMDS an. mehr...

Eine rote Flagge mit weißem Kreuz (Dänemark-Flagge) weht vor blauem Himmel von rechts nach links.

Open-Source-Transformation: Von Dänemark lernen

[04.08.2025] Die öffentliche Verwaltung Dänemarks will auf Open Source Software umsteigen, um die digitale Souveränität zu schützen. Treiber ist die Sorge vor geopolitischen Abhängigkeiten. Erste konkrete Schritte kommen aus Kopenhagen, Aarhus und dem Digitalministerium. Die OSBA berichtet. mehr...

Porträt von Finanzminister Heiko Geue

IT-Planungsrat: Neuer Vorsitz

[25.07.2025] In Mecklenburg-Vorpommern verändern sich die Zuständigkeiten bei der Verwaltungsdigitalisierung. Diese liegen ab sofort beim Finanzministerium. Damit einher geht auch ein Wechsel beim Vorsitz des IT-Planungsrates: Auf Staatsekretärin Ina-Maria Ulbrich folgt Heiko Geue, Finanzminister des Landes. mehr...

Personen auf einer Bühne, im Vordergrund sieht man Sitzreihen mit Publikum.

Abschlussbericht: Wie kann die Staatsreform gelingen?

[16.07.2025] Die Initiative für einen handlungsfähigen Staat hat ihren Abschlussbericht an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergeben. Viele ihrer Vorschläge finden sich im Koalitionsvertrag wieder. Die Initiatoren fordern nun eine zügige Umsetzung – auch durch neue Wege wie Modellkommunen. mehr...

Mitglieder der neuen Steuerungsgruppe NOOTS

Registermodernisierung: Operative Phase startet

[15.07.2025] Die Umsetzungsorganisation und die Steuerungsgruppe NOOTS (Nationales Once-Only Technical System) haben jetzt ihre Arbeit aufgenommen. Die Umsetzung der Registermodernisierung geht damit in die nächste Phase. mehr...

Porträtfoto Dörte Schall

Rheinland-Pfalz: Digitalministerin Schall ein Jahr im Amt

[15.07.2025] Die rheinland-pfälzische Ministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Dörte Schall, hat ein Jahr nach Amtsantritt eine positive Zwischenbilanz gezogen. mehr...

Gruppenfoto lächelnder, sommerlich gekleideter menschen Mvor einem BMDS-Aufsteller.

IT-Planungsrat: Neue Aufgabenorganisation von Bund, Ländern und Kommunen

[14.07.2025] Die Föderale Digitalstrategie will die Verwaltungsdigitalisierung voranbringen – unter anderem durch eine Neuordnung der Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen. Bei einem ebenenübergreifenden Treffen standen Kfz-Anmeldung und Einkommensprüfung im Fokus. mehr...