BMDSAufbruch, Umbruch, Durchbruch

Mit seinem Zielbild will das BMDS vermitteln, wofür Deutschland als Demokratie in Zukunft stehen soll und wie sich der Staat weiterentwickeln muss.
(Bildquelle: BMDS)
Das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) hat unter dem Titel „Durchbruch für Deutschland“ ein Zielbild mit zehn Eckpunkten für seine künftige Arbeit vorgelegt. In bewusst einfach klingenden Sätzen skizziert das Ministerium ein Bild des Ist-Zustandes in Deutschland, umreißt seine Ansprüche und die angestrebte Arbeitsweise und nennt auch schon konkrete Vorhaben. Dem BMDS geht es in seinem Zielbild nicht bloß um Digitalisierung, sondern um nichts weniger als zu zeigen, „wofür Deutschland als Demokratie in Zukunft stehen soll, wie sich das Land, der Staat weiterentwickeln muss“. Der ungewöhnliche Sprachstil, in dem das Zielbild verfasst wurde, ist programmatisch: Nur mit einer klaren Sprache und glaubwürdigen Tonalität könne die dringend benötigte Veränderung sichtbar gemacht werden, mit der „betonierte Strukturen aufgebrochen“ werden sollen.
Gute Stimmung, ehrgeizige Ziele
Deutschland hat sich verknotet, so der erste Punkt des BMDS. Die Menschen, konstatiert das Ministerium, hätten angesichts überbordender Bürokratie und zahlreicher wichtiger stagnierender Großprojekte ein Gefühl des Stillstands – und wünschten sich dringlichst, dass der Knoten endlich zum Platzen gebracht würde. Auch im internationalen Wettbewerb erscheine Deutschland abgeschlagen, bei Industrie wie auch Zukunftstechnologien. Hinzu kämen eine zunehmende gesellschaftliche Polarisierung und eine gefährdete Demokratie. Das BMDS will nun das Tempo in Deutschland massiv erhöhen und so mehr Lust auf Wettbewerb und Begeisterungsfähigkeit wecken. Doch es geht nicht nur um die Stimmung: Um aufzuholen, brauche Deutschland den neuen Führungsanspruch, in kritischen Zukunftstechnologien – namentlich KI – weltweit spitze zu sein. Dann könne es auch einen entscheidenden Beitrag zu einem technologiestarken Europa leisten. Und durch eine entschieden vorangebrachte (Staats-)modernisierung ließe sich auch die Demokratie stabilisieren – das Ministerium spricht von einer Hochleistungsdemokratie, die Deutschland als Modernisierungsweltmeister erreichen könne. Digitalisierung und insbesondere KI werden nicht als für sich stehende Aufgabe begriffen, sondern als eine maßgebliche Hilfe bei der „Lösung vieler unserer Themen und Probleme in Deutschland“.
Ein neuer Politikstil
Die gegenwärtigen Verstrickungen lösen will das Ministerium mit einer neuen politischen Arbeitsweise und mit überzeugenden Inhalten, die zudem in einer Art vermittelt werden sollen, „die Zukunft verspricht“. Um den dringend gebrauchten Durchbruch zu erreichen, reklamiert das BMDS – in Anlehnung an historische, erfolgreiche Sonderwirtschaftszonen wie in Hongkong, Dubai oder auch Hamburg – für sich eine „Sonderpolitikzone“ mit einem Politikstil, der sich vom Bisherigen klar absetzt. Als ein querliegendes Ministerium, das mit der Digitalisierung ein grundlegend anderes Thema behandle und mehr als alle anderen Ministerien dem Diktat der Geschwindigkeit unterliege, müsse das BMDS schneller entscheiden, sein Umfeld beschleunigen und auch mehr experimentieren.
Wichtige Kennzeichen des angestrebten Politikstils, der mehr Agilität und bessere Steuerung ermöglichen soll, sind der Einbezug aller Ebenen und vor allem eine projektbezogene, teambasierte, interdisziplinäre Arbeitsweise. Um die Bundesrepublik in den kommenden Jahren zu dem zu machen, was Deutschland – auch innerhalb Europas – sein könne, sei die Beteiligung aller erforderlich. Das BMDS spricht hier von einer großen gemeinsamen Anstrengung aller Ministerien, aller Länder und Kommunen, aller Bürgerinnen und Bürger und der gesamten Wirtschaft. Die projektbasierte Politik des BMDS orientiert sich an bewährten Arbeitsweisen der Digitalwirtschaft: Aufteilung in zeitlich begrenzte Unterprojekte, Arbeit in interdisziplinären Teams mit hoher Umsetzungsorientierung, iteratives Vorgehen und permanente Wirkungsmessung.
Acht Projekte sollen den Durchbruch schaffen
Das Digitalisierungsministerium hat klare Ziele für den angestrebten „Durchbruch für Deutschland“ definiert. Erreicht werden sollen diese durch acht Projekte, die in dem Zielbild bereits konkret benannt werden. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie schnelle Erfolge versprechen oder dass sie „dicke Bretter bohren“, in jedem Fall soll anhand klarer Zielwerte der Erfolg messbar sein. Entlang dieser entscheidenden Projekte will das Ministerium sein gesamtes Vorgehen und seine Kommunikation ordnen. Die Durchbruchsprojekte sollen von interdisziplinären Teams mit klaren Verantwortlichkeiten vorangetrieben werden, dabei wirken Ministerien, Länder, Kommunen und stellenweise auch externe Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft mit. Im Einzelnen:
- Entlastung von Unternehmen durch Abbau von Berichtspflichten und Verwaltungsvorschriften sowie durch Automatisierung. So soll es möglich werden, dass beispielsweise ein mittelständischer Maschinenbauer seine Quartalsdaten automatisch aus dem ERP-System übermittelt und damit 25 Prozent weniger Berichtspflichten hat.
- Durch den Abbau von Doppelstrukturen soll der Staat schneller, schlanker, bürgernäher und auch verständlicher werden. Ein Beispiel: Unternehmer müssen für die Eröffnung eines neuen Standorts nicht mehr mit verschiedenen Behörden einzeln kommunizieren. Für Antragsteller ist sofort klar, wer zuständig ist, und der erteilte Bescheid kommt digital.
- Ein digitales Simulationssystem zur Gesetzesfolgenabschätzung soll Unternehmen zugutekommen. Diese sollen so vorab erkennen, welche Kosten eine neue Regelung verursacht – und so Investitionen langfristig besser planen können.
- Weiterhin auf der Agenda stehen der Glasfaserausbau und der 5G-Ausbau, mit dem gleichwertige Verhältnisse in Stadt und Land erreicht werden sollen. Die Vision des BMDS: Eine Angestellte oder ein Angestellter kann ohne Verbindungsabbrüche im Homeoffice im Dorf arbeiten, während die Kinder online lernen.
- Zur Bündelung von Daten, Registern, Identitäten und Plattformen soll eine neue nationale digitale Basisinfrastruktur entstehen, die Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft mit sicheren und offenen Datenräumen versorgt. Offene, sichere Datenökosysteme sollen der Standard werden – auch hier wieder zum Nutzen der Wirtschaft, in ganz Europa.
- Durch gezielte Förderung, Regulatorik und eine AI-First-basierte Optimierung aller Verwaltungsprozesse sollen KI-Prozesse und Automatisierung möglich werden, ohne dass Ethik und Datenschutz unter den Tisch fallen. KI „Made in Germany“ soll als Qualitätssiegel nach europäischen Standards entwickelt und eingesetzt werden. Hier sieht das BMDS eine Chance für nachvollziehbare, transparente und diskriminierungsfreie Verwaltungsprozesse, die einerseits Akzeptanz und Vertrauen in Künstliche Intelligenz stärken und andererseits die Veraltung entlasten.
- Weiterhin gilt das Diktum, dass digitale Verwaltung einfacher werden soll. Dazu will das BMDS die Themen Once Only, EUDI-Wallet und Digitale Identität aufgreifen und weiter vorantreiben. Das Ziel ist, dass alle Behördengänge unkompliziert online möglich sind: mit einer einzigen digitalen Identität, der digitalen Verknüpfung notwendiger Nachweisdokumente und einer digitalen Bescheidzustellung.
- Start-ups und Scale-ups sollen durch Vereinfachungen bei der Gründung und gezielte Wachstumsfinanzierung gefördert werden. Für einen zügigen Technologietransfer von der Forschung in den Markt sollen Standards, Best Practices und ein modernes Technologietransferrecht entwickelt werden. Wachstumsfonds sollen Kapital schnell und unabhängig zugänglich machen.
Der Fortschritt und die Kernresultate dieser Durchbruchsprojekte, die das BMDS in seinem Eckpunktepapier skizziert hat, sollen anhand klarer, messbarer KPIs – auch vor dem Hintergrund der Budgetnutzung – regelmäßig überprüft werden. Fortschritte wie auch Rückschläge sollen nicht zuletzt den Bürgerinnen und Bürgern transparent, verständlich und regelmäßig kommuniziert werden.
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