OZGNeuer Ansatz notwendig

Mit Ende der OZG-Umsetzungsfrist gilt es, die nächsten Schritte einzuleiten.
(Bildquelle: irissca/stock.adobe.com)
Zahlreiche Umbrüche stellen die öffentliche Verwaltung vor gewaltige Herausforderungen: Klimawandel und Energiewende, Corona-Pandemie sowie der umfassende Fachkräftemangel erzeugen einen enormen Druck und erfordern Agilität. Darüber hinaus bedeutet der Krieg Russlands gegen die Ukraine für die EU und Deutschland neben der Verknappung und Teuerung existenzieller Güter einen beispiellosen Bruch mit der etablierten politischen und wirtschaftlichen Ordnung. Hunderttausende ukrainische Flüchtlinge werden von den Verwaltungen in Deutschland registriert und versorgt. Die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas macht zudem deutlich, dass der Staat resilient und möglichst unabhängig von großen Akteuren agieren muss.
Das gilt auch für die digitale Welt. Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) wurde im Jahr 2017 vom Deutschen Bundestag erstmals eine umfassende Zielvorgabe verabschiedet, die es den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen bis Ende 2022 ermöglichen soll, auch einen digitalen Zugang zu allen Verwaltungsleistungen deutscher Behörden zu erhalten. Das Gesetz sollte die deutsche Verwaltung modernisieren und digitalisieren. Auch wenn dieses Ziel verfehlt wurde, war die grundsätzliche Zielsetzung richtig: Staat und Verwaltung müssen souverän und resilient aufgebaut werden, auch im Digitalen.
OZG durch zeitgemäßes neues Gesetz ablösen
Im Rahmen des OZG wurden viele wichtige Weichen gestellt, die es jetzt nachzunutzen und weiterzuentwickeln gilt.
Vitako ist als Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister nicht nur eine Austauschplattform für Themen rund um die öffentliche IT, sondern auch Impulsgeber der Verwaltungsdigitalisierung. Die 54 Mitglieder beschäftigen über 20.000 Expertinnen und Experten für Verwaltungsdigitalisierung, IT-Sicherheit und die moderne Verwaltung. Auf Grundlage dieser Expertise berät Vitako Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung zur OZG-Nachfolgegesetzgebung.
In diesem Zusammenhang sieht Vitako es als unzureichend an, das OZG lediglich weiterzuentwickeln und anzupassen. Denn dieses konzentriert sich nur auf den Online-Zugang zu Verwaltungsleistungen und nicht auf deren eigentliche Bearbeitung. So wird häufig unter einer OZG-Leistung ein Online-Formular verstanden, das im Anschluss im E-Mail-Postfach des Sachbearbeiters als PDF-Datei endet. Das führt zwar zu einer für die Nutzer scheinbar digitalen Verwaltung, die in der Sachbearbeitung aber weiterhin mit Papierausdrucken arbeitet. Darüber hinaus ist die Vorgabe, ausnahmslos alle Verwaltungsleistungen auf einmal zu digitalisieren, mehr als fragwürdig. So ist die Frage berechtigt, warum in Zeiten des Fachkräftemangels Ressourcen für die Digitalisierung des Antrags zur Ausfuhr von Kulturgütern bereitgestellt werden müssen, während man in vielen Behörden noch nicht einmal seinen Strafzettel online bezahlen kann. Hier ist ein neuer Ansatz nötig.
Vitako schlägt daher vor, das Onlinezugangsgesetz und Vorschriften der analogen Verwaltung wie das Verwaltungsverfahrensgesetz durch ein neues, dem digitalen Zeitalter angemessenes Verwaltungsdigitalisierungsgesetz abzulösen. Dabei wird nicht nur auf den reinen analogen oder digitalen Online-Zugang zu Verwaltungsleistungen abgestellt, sondern es werden auch die Fachverfahren zur Bearbeitung der Anträge betrachtet. Es braucht medien- und systembruchfreie digitale Ende-zu-Ende Prozesse. Die Schriftform wird per Generalklausel abgeschafft. Durch die Umkehrung der Beweislast wird sichergestellt, dass Schriftform, händische Unterschriften und persönliches Erscheinen beim Amt künftig nur noch in begründeten Einzelfällen verpflichtend sind. Somit werden unabhängig von konkreten Digitalisierungsprojekten aufseiten der Bürger, der Unternehmen und der Verwaltung viele Stunden Zeit gespart.
Fokus auf nutzbringende Services legen
Der Fokus muss auf diejenigen Verwaltungsleistungen gelegt werden, die einen tatsächlichen Nutzen für Bürger, Unternehmen und Verwaltung bringen. Der Lösungsvorschlag von Vitako lautet, gemeinsam mit allen Akteuren immer die Top 10 der noch nicht Ende-zu-Ende-digitalisierten Verwaltungsleistungen zu digitalisieren. Hier ist ein besonderer Fokus auf die Kommunen zu legen, da sie mit Leistungen wie der An-, Um- und Abmeldung von Gewerben oder dem Melde- und Personenstandswesen mit über 80 Prozent den Löwenanteil aller Verwaltungsverfahren in Deutschland erbringen.
Für eine zügige Umsetzung bedarf es jedoch stabiler Rahmenbedingungen. Mit der Nachnutzung der bestehenden Basis- und Infrastrukturkomponenten werden diese sichergestellt. Zugleich wirken sie als Katalysator für eine beschleunigte Verwaltungsdigitalisierung. Die bundesweit verbreiteten und im Betrieb erprobten Basiskomponenten sind eng mit den Online- und Fachverfahren verflochten. Um einen sparsamen Umgang mit Steuergeldern zu erreichen und bei der Digitalisierung dennoch nicht an Geschwindigkeit zu verlieren, müssen bestehende, zentrale Basiskomponenten, etwa für E-Payment, verpflichtend durch alle Verwaltungen aller föderalen Ebenen nachgenutzt werden.
Diese Planung ist in einem neuem Masterplan „Digitale Verwaltung Deutschland“ niederzuschreiben, der auch über Legislaturperioden von Bundes- und Landespolitik hinweg Bestand haben muss. Um die Ziele eines solchen Programms effektiv kontrollieren zu können, bedarf es eines systematischen und transparenten Kennzahlensystems.
Erfolgsoriente Finanzierung der Kommunen
Vitako ist dabei bewusst, dass Digitalisierung Geld kostet, vielen Kommunen aber nur unzureichende oder gar keine Mittel zur Verfügung stehen, um sie voranzutreiben. Die Bundes-Arbeitsgemeinschaft hat daher ein erfolgsorientiertes Finanzierungsmodell vorgeschlagen, das sich am tatsächlichen Digitalisierungsgrad einer Kommune orientiert. Bund und Länder leisten dazu einen Zuschuss. Neben dem Digitalisierungsgrad bildet die Einwohnerzahl einen wesentlichen Baustein. Die Finanzierung setzt sich aus einem Grundbetrag von fünf Euro je Einwohner im Jahr und einem variablen Anteil in Höhe von maximal weiteren zehn Euro je Einwohner und Jahr entsprechend der Anzahl digital umgesetzter Verwaltungsvorgänge zusammen. Dass diese Investitionen auch wirken, hat die Vitako-Impact-Studie 2022 gezeigt. Jeder in Verwaltungsdigitalisierung investierte Euro bringt demnach 3,29 Euro an Einsparungen bei Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Verwaltung.
Mit dem Onlinezugangsgesetz wurden viele Weichen gestellt, der Bedarf an einer zunehmenden Verwaltungsdigitalisierung wurde erkannt und Strukturen für eine föderale Zusammenarbeit wurden geschaffen. Nun gilt es, auf diesen Ergebnissen aufzubauen und den nächsten Schritt zu gehen, anstatt die bestehende Gesetzgebung lediglich zu korrigieren. Denn auch wenn die OZG-Umsetzungsfrist am 31.12.2022 um 23:59 Uhr endete, ist das nur das Ende vom Anfang der digitalen Verwaltung in Deutschland.
Dieser Beitrag ist in der Ausgabe Januar 2023 von Kommune21 erschienen. Hier können Sie ein Exemplar bestellen oder die Zeitschrift abonnieren.
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